Beiträge von blahwas

    Tag 3, 03.04.2016 - Auf nach Tabernas


    Heute werden mal keine Pässe geknackt - es liegt nix auf der Route. Rainer war aber schon mal hier und hat das Beste zusammengeplant, was man an Straßenbau in Andalusien finden kann. Ziel des Tages ist anrollen in unser kommendes Basislager für Touren in die Sierra Nevada. Aber trotzdem, da waren heute Routen dabei, Freunde, da fällt mir nix mehr ein: Haza del Lino, 1280 m (1293 m?), N 36.816° W 3.318°. Beste Kurvenstrecke überhaupt - Punkt. Sauerland? Eifel?? Alpen??? Ok, Alpen haben vielleicht noch etwas mehr landschaftliche Abwechslung zwecks Baumgrenze, aber auch sonst hat man das Gefühl, da sitzt oben einer an den Hebeln und guckt einen zu, ob wirklich alles passt, und nimmt ggfs. schnell Änderungen vor. 1000 Kurven auf 70 km, vielleicht 5 Kehren, Aussicht abwechselnd aufs Meer, oder aufs Tal, oder mal auf einen See, oder auf ein Dorf. Nehmen wir z.B. gerne mal dieses hier:



    Wie hieß das noch gleich?



    Drei Sachen fallen auf:
    1. Das Dorf heißt fast genauso wie ich.
    2. Einheimische fahren merkwürdiges Zeug.
    3. Was bedeuten die Buchstaben auf der Straße??


    Ohanes heißt fast genauso wie ich - ey, das ist doch Betrug. Was mischen die hier ins Trinkwasser? Und warum sind die Reifen an Tag 3 eigentlich noch nicht fertig? Waren jemals Angstnippel an der Tracer? Die Fragen häufen sich.



    Aussicht OK so? Wir gehen so vor, dass Rainer abbiegt und dann entweder selbst Tempo macht und ich gucke mir das an, oder ich überhole halt bzw. er fordert mich dazu auf, wenn er lieber gucken mag - Landschaft oder meine Linie (die ersten 2 Kurven). Bei einem dieser Anlässe überhole ich ihn über eine frische Fahrbahnmarkierung und rutsche direkt über beide Räder, bis es wieder "Gummi auf schwarz" heißt, dann geht's vorwärts weiter. Nur weil ich gerade keinen Bock auf die Realität habe heißt das halt nicht automatisch, dass die Realität auch keinen Bock auf mich hat - I don't like the drugs but the drugs like me, oder so... aber verdammt, es gefällt. Wenn das falsch ist will ich nicht richtig liegen.


    Hin und wieder muss ich länger auf Rainer warten, weil er innerorts ein Tempo anschlägt, als würde er alle Klingelschilder lesen, und/oder spontane Fotosessions startet, um seine Yamaha Werbekatalog-gerecht darzustellen. Die Kulissen und das Licht machen es aber auch leicht.




    Abzüge in der B-Note für engagierte Motorradfahrer sind nur vereinzelt möglich, weil der Belag auf manchen Strecken zwar zunächst gut aussieht, aber glatt abgefahren ist, so dass der Grip nicht zum Rastenschleifen reicht. Das hat man aber schnell raus, wenn man sich am Kurvenausgang mit Schräglage und dem Gas langsam steigert. Kann mal jemand eine Grip-Anzeige rausbringen? Immerhin ist es mit den montieren Pilot Road 4 besser zu ertragen als mit den Pilot Road 1 vorletztes Jahr. Mit Sportreifen wäre vielleicht auch noch mehr möglich, aber die montiert einem kein Vermieter. An die besonders fiesen Stellen hat mich mein übler Rutscher an Tag 1 erinnert.


    Weiteres WTF heute: Da ballert man gemütlich fröhlich eine Kurvenstrecke den Berg runter, ...



    ... tankt an der Repsol-Tankstelle unten voll, geht schon mal für kleine Rennfahrer, kommt dann wieder raus aus der dunklen Pipibude – und um einen rum stehen diverse Transporter mit vergitterten Fenster, und Uniformierte mit Sturmgewehren gucken einen kritisch an. Habe ich noch die Sturmhaube auf? Die gucken nur. Dafür hatte ich jetzt keinen Plan parat. Wenigstens ordentliche deutsche Sturmgewehre, Typ G36. Die gucken weiterhin nur. Ich gucke dann mal weg und verhalte mich unauffällig. Stellt sich raus dass ein Konvoi der Polizei hier Fahrzeuge nachtankt und Snacks fasst. Und ab einer gewissen Truppenstärke sind hier wohl auch Sturmgewehre Standard. Körperpanzer übrigens keine. Spanien hat eine bewegte Geschichte weit ins 20. Jahrhundert hinein. Bis 1975 Diktatur, letzter Putschversuch 1982, diverse separatistische Terrororganisationen töten seitdem bis 2006 an die 1000 Menschen. Da tut etwas mehr Feuerkraft am Mann wohl Not.



    Schließlich erreichen wir Tabernas. Ein etwas größerer Ort, belebt, und abseits der Hauptstraße echt verwinkelt. Durch die Gassen passt kaum ein Auto, und die Anwohner parken dann auch gerne auf einspurigen Strecken. Das Hotel Casa Rural Jardín del Desierto ist aber schnell gefunden und hat eine ebenerdige Garage. Es ist sehr persönlich eingerichtet und gefällt uns beiden gut. Hier bleiben wir 3 Nächte, so dass wir nicht mehr jeden Tag alles ein-/auspacken und schleppen müssen, was echt erfrischend ist. Abendessen gibt es direkt im Hotel. Heute waren wir 331 km unterwegs und sind doch ein wenig platt. Die Sierra Nevada war oben schon im Hintergrund eines der Werbebilder zu sehen. Darauf kann man sich bestimmt auch freuen - ich habe mich daran gewöhnt, dass jeder noch so gute Tag noch weiter getoppt werden kann. Gute Nacht!

    Tag 2, So 02.04.2017 - Angekommen


    Nach so einem Fahrtag mit Anreise und Aufstehen um 3:30 ist man in der folgenden Nacht natürlich ordentlich bettreif und entsprechend erholt fühlt man sich morgens. Erstmals sehe ich das Hotel und sein Umfeld bei Tageslicht. Es liegt ziemlich idyllisch an ein Bachlauf mitten im Grünen – nur halt recht nach an einer Bundesstraße. Das Frühstück lasse ich mir schmecken und dann wird gepackt. Jetzt ist das Topcase der „Handapparat“ für alles was man tagsüber braucht und der Tankrucksack wird auf dem Sozius verschnürt, für alles was man erst wieder abends braucht. Das klappt dann unterwegs viel besser als gestern umgekehrt.
    Der beginnt mit Nebenstrecke und einer Einkehr in ein Cafe am historischen Dorfplatz. Dann geht es an einem wirklich schönen See vorbei auf einer wirklich guten Knieschleiferstrecke.



    Später wieder engere Radien, dann auch mal Aussicht aufs Meer.



    Im Laufe des Tages wird es ordentlich warm, und die Strecken sind weiterhin traumhaft mit einem guten Mix aus Vorwärtskommen, weite Kurven und engen Kurven. Dazu Kaiserwetter und auf 99% der Strecken wenig bis gar nichts los und immer mehr Berge in Aussicht.




    Rainer führt mich durch wenig besiedeltes Gebiet von Ronda Richtung Osten, immer wieder über Bergkämme oder entlang. Da kann es auch mal steil zugehen.



    Alle 20 Minuten wird mal ein Auto überholt, oder eine Gruppe Reiter auf Pferden. Hier und da etwas wenig Grip, aber hohes Wohlfühltempo möglich. Es wurden gemeinsam fünf Pässe geknackt: Puerto Del León, Puerto Sabar, Puerto Del Sol, El Navazo (Panorámica del paisaje de Alhama) und Pico de Lopera. Das sind zwar weniger als die 12 gestern, aber sie sind hier ja auch nicht so dicht gesät.


    Der Tag endet für uns an der Küste in Almuñécar im Hotel Casablanca. Es liegt direkt am Strand und hinter einem Vogelpark (laut), hat eine Tiefgarage und macht einen eher massentouristischen Eindruck mit desinteressiertem Personal. Nach 300 km in der Sonne haben wir uns natürlich ein Abendessen im Restaurant am Strand verdient – natürlich Meeresfrüchte.

    Andalusien!


    Hier war ich 2015 schon mal, damals 4 Tage mit einer nackten Yamaha MT09, alleine, in einem Hotel. Dieses mal sind es 7 Tage mit MT07 Tracer, mit Rainer und in mehreren Hotels hintereinander (Roadshow). Rainer besitzt eine Versys 650 und eine MT09-Tracer, und lässt letztere aus Deutschland per Spedition anliefern, ich miete mir eine MT07 Tracer vor Ort und zahle dafür weniger, als er nur für den Transport. Aber er hängt halt dran. Rainer hat in liebevoller Kleinarbeit Touren geplant und die Hotels ausgesucht und gebucht. Dafür geht schon mal ein Wochenende drauf, wenn's reicht. Auf meinen besonderen Wunsch wurde dabei vermehrt auf Passknackerpunkte geachtet. Perfekter Service!


    Tag 1, Sa 01.04.2017 - Anreise, Run auf Ronda


    Anreise ist für mich am Samstag FRÜH. Flug geht 5:50, Fahrdienst kommt 4:15 - das wird sogar recht knapp, denn schon so früh ist so viel los, nur Touris, alle mit richtig viel Gepäck und kaum ein Laden im Flughafen hat schon auf. Ich reise wieder mal mit kleinem Gepäck - zweiteiliger Tankrucksack plus Helm (mit 3 Paar Handschuhen und 2 Sturmhauben darin), habe diese Mal aber sogar den Platz für ein paar Turnschuhe gefunden, und einfach weil ich es kann, gebe ich die untere Hälfte des Tankrucksacks sogar als Gepäck auf, statt mich mit beiden Teilen plus Helm als Handgepäck an Bord zu drängeln. Das hat letztes Mal zwar auch geklappt, aber vor dem Rückflug wurden Teile meines Werkzeugs konfisziert, wegen Sicherheit, wissenschon. Werkzeug nehme ich gerne mit zwecks Zubehörmontage am Mietmopped: Navi, Kamera, Steckdose samt den jeweiligen Haltern sind mit dabei. Der Flug klappt 1a, Taxi ist schnell gefunden und als ich beim Vermieter ankomme ist das Tor noch zu, aber es steht eine MT07 Tracer an der Straße.



    Geschenk am Wegesrand


    Das wird dann ja wohl "meine" sein, und so schraube ich Halter für Navi und Kamera dran und eine Steckdose, die ich extra dafür noch 2 Tage vorher gekauft habe. Ich kaufe Wasser und Sonnencreme – ich habe einen ziemlich nordischen Hauttyp. Den elektrischen Anschluss erledigt mir der Vermieter. Die Maschine ist makellos und sieht aus wie neu. Tatsächlich hat sie erst 1700 km runter und noch nie gelegen. Es ist Pilot Road 4 montiert, ein zeitgemäßer Tourensportreifen. Damit sollte einiges möglich sein.


    Rainer ist bereits am Vorabend angereist, hat sein Motorrad abgeholt und dann in der Nähe von Malaga übernachtet. Der Plan war, mich mit Rainer unterwegs zu treffen, und dann auf dem Weg zum Hotel (Hotel Cortijo San Antonio, direkt an der A-357) möglichst alle der 13 Passknackerpunkte westlich vom Hotel anzufahren. Ich fahre zunächst über die Autobahn westwärts inkl. kurzer Mautabschnitte (Kreditkarte wieder mal sehr praktisch) und dann nördlich Richtung Ronda. Diese Traumstrecke A-397 ist mir noch in guter Erinnerung und der Puerto El Madrono hier soll der erste Passknackerpunkt dieses Urlaubs sein. Auch heute lasse ich es hier fliegen und bin damit nicht alleine. Allerdings fehlen die Luxussportwagen vom letzten Mal im Straßenbild. Dafür ist das Wetter eitel Sonnenschein - beste Sicht hatte ich letztes Mal nicht. Das macht wieder richtig gut Laune, auch andere Motorradfahrer genießen die Kurven. Die Yamaha wirkt etwas klein und holpert über Unebenheiten, aber das ist nichts was einen als Fahrer einer 23 Jahre alten Honda NTV mit 111000 km schrecken könnte. Leistung und Durchzug sind knapp über meiner Versys 650, und der zweite oder dritte Gang geht eigentlich für alles.


    Knapp vor Ronda biege ich Kulturbanause links Richtung Gaucin südlich ab, wo ich an einer Kreuzung halte und Rainer mich anruft, der gerade südlich von Ronda tankt und mich bald darauf aufsammelt. Wiedersehen macht Freude und so geht es nach wenigen Kilometern fröhlichen Bundesstraßensurfens links ran ins Cafe, Cola und Salat genießen. Rainer hadert noch etwas mit der spanischen gefühlten Straßenverkehrsordnung und ich muss viel warten. Für mich als Deutscher gilt natürlich nur die Deutsche StVO, und da diese Straßen hier nicht in Deutschland liegen, gelten dort auch keine Regeln – so! Oder zumindest gelten für mich nur die geringeren deutschen Bußgelder. Und selbst die müsste dann ja wohl die deutsche Polizei erheben und eintreiben. Das ist zumindest genauso logisch wie unsere tolle neue PKW-Maut. Aber ich schweife ab.



    Kleine Aussicht zwischendurch


    Bald nehmen wir den Abzweig östlich Richtung Jubrique, dem Ort meines Hotels von vor 2 Jahren – quasi Hausstrecke. Freudig nehme ich den erneuerten Belag zur Kenntnis. Ich kann mich tatsächlich noch an den Streckenverlauf erinnern. Da kommt mir der neue Belag gerade recht. Als ich mit Angasen fertig bin und eher so vor mich hin summend durch die Kurven bummle, mich über den gelungenen Einstand in Urlaub und Saison freue und wie gut das Kurvensurfen klappt, pfeift der Vorderreifen jedoch zum Abschied leise Servus.


    Okay, das macht wach. Was ist hier los? Ich bin in einer Rechtskurve, jenseits des Scheitelpunkts und habe gerade noch etwas nachgedrückt und dezent das Gas im dritten Gang geöffnet. Tempo 40 und diese Schräglage sind im Bereich routinierter Tourenfahrer, aber von sportlichen Ambitionen eigentlich weit weg. Der Lenker bewegt sich lose über den Asphalt, der Kurvenradius wurde gerade zur Geraden und die Schräglage vergrößert sich bedenklich schnell – ohne Grip am Vorderrad liegt am echt schnell auf der Nase. Und Gegenverkehr ist auch da, und zwar in meiner denkbaren Sturzzone - ich bin in einer Rechtskurve. Na herzlichen Dank.



    Bitte rechts abbiegen


    Nach eingehender Überlegung einschließlich Rücksprache mit dem Motorradvermieter und meiner Krankenversicherung beschließe ich, keine Lust auf einen Sturz zu haben, und fasse den Lenker recht locker an, aber irgendwie in die Richtung bestimmend, in die das Motorrad gerade ungefähr fährt, und rutsche dabei auf der Sitzbank zurück, damit der Hinterreifen mehr zu tun bekommt, und der Vorderreifen entsprechend weniger. Der Vorderreifen nimmt darauf hin wohlwollend zur Kenntnis, dass der abgerufene Grip jetzt wieder zur Fahrsituation passt (geradeaus) und dass das Rad auch wieder in die Richtung dreht, in die sich die Straße unter dem Motorrad hindurch bewegt, und prompt rastet der Michelin wieder in der Straße ein. Daran ändert auch ein vorsichtiger Lenkimpuls nichts, ich will ja schließlich eine Kurve fahren. Die gedachten Linienrichter am Straßenrand schütteln zwar den Kopf ob der so zelebrierten Kurvenlinie, doch weil ich bereits am Hinterschneiden war, komme ich weniger als 30 cm von meiner geplanten Fahrlinie ab und damit bequem am Gegenverkehr vorbei.


    Sowas braucht kein Mensch, besonders nicht am ersten Tag. Vor zwei Jahren auf der MT09 mit Pilot Road 1-Holzreifen hatte ich hier und da kleine Rutscher, auch vorne, aber keiner davon über so eine lange Strecke. Ich misstraue im Folgenden dem spanischen Asphalt und brauche mehrere Tage, um da wieder Vertrauen zu fassen, insbesondere auf Nebenstrecken. Merke: In frostfreien Regionen gibt es keine Aufplatzer durch gefrierendes Wasser in Löchern, da leben die Beläge länger und können komplett platt gefahren werden. Das gilt besonders an Stellen, wo viel gefahren wird bzw. viel Grip abgerufen wird: Kreisverkehre, Engstellen, besonders eckige Kurven, z.B. Anfang und Ende von Brücken, wenn die Straße am Hang entlang läuft. Letzteres war auch hier der Fall. Dieses Mal ist es gut gegangen, vielleicht auch wegen meiner Reflexe, und ich werde ab jetzt vorsichtiger sein. Schließlich erreichen wir den Pass Puerto de Peñas Blancas. Nun geht es die Rallye-Strecke von vor 2 Jahren den Berg hinab.



    Eine von wenigen Kehren, und von vielen Kurvenstrecken mit super Aussicht


    Jetzt geht es nach Estepona hinein, was unangenehm warm und voll ist. Noch dazu finden wir wegen einer Veranstaltung nicht direkt den Einstieg in die nächste Bergpiste. Aber schließlich gelingt es doch und es wandert mit Puerto de la Cruz (Casares) der südlichste aller Passknackerpunkte in den Köcher. Der nördlichste wäre das Nordkap, aber das ist nicht halb so schön zu fahren – und kalt! Nachdem ich kurz gehalten habe um das Foto zu machen habe ist Rainer verschwunden, ich glaube, er ist vorgefahren. Ich fahre also weiter auf der geplanten Route. An der ersten Abbiegung warte ich drei Minuten, falls er doch hinter mir war? Da kommt aber keiner. Also geht es nördlich Richtung Gaucin über eine Nebenstrecke mit Baustelle, die leider teilweise kilometerweit geschottert ist.



    Ziemlich lange und lästige Baustelle


    Von Rainer ist weiter nichts zu sehen, aber er ruft an und wir vereinbaren ein Treffen in Ubrique. Ich bin vor ihm und baue einen Umweg ein über den deutlich westlich gelegenen Puerto de Galiz. Nach Ubrique kommt man nur über eine sehr lange Kurvenstrecke mit Wald rechts und Links, Straßenzustand 3 und wenig Sicht. Das schlaucht. Zeit für eine Pause am Wegesrand.



    Kamera läuft?


    In Ubrique finde ich Rainer nicht, er ist schon weiter. Wir vereinbaren ein Treffen am Hotel, ihm wird es langsam zu spät. Ich will meine mittlerweile erschöpften Wasservorräte auffüllen, aber alle Supermärkte haben schon zu – ist ja schließlich Samstag.


    Und dann verlässt mich auch noch die Technik: Das Headset mag sich nicht mehr mit dem Handy koppeln, die Digicam ist plötzlich leer, obwohl der Akku vor Reiseantritt noch voll angezeigt hat und eigentlich 10 Tage typische Nutzung hält, und - am schlimmsten – mein Pearl-Navi geht mit leerem Akku aus. Der flache USB-Stpösel hat wohl nicht geladen? Dafür habe ich als Lösung das PKW-Ladekabel meines Zumo 210 dabei, und notfalls auch noch einen zweiten Akku für das Pearl-Navi, eine volle Powerbank und dann noch das Garmin mit vollem Akku, das ich mangels Routine aber nicht so gerne benutzen mag. Statt Musik gibt’s jetzt Gehörschutz, was ich eine echte Wohltat ist, denn die Scheibe an der Tracer produziert nervig viel Krach (tiefe Stellung) oder unerträglich viel Krach (obere Stellung). Außerdem beginnt es langsam zu dämmern und ich habe ein getöntes Visier montiert. Dass ich seit 3:30 auf den Beinen bin merke ich dagegen noch nicht – wie letztes Mal, am Anreisetag dominiert das Endorphin.


    Weitere Passknackerpunkte liegen auf dem Weg bzw. an knappen Abstechern, wobei der Puerto de Montejaque zwei Schilder hat und auch als zwei Punkte gilt, d.h., man hätte zwei Fotos machen müssen, obwohl der Name gleich ist und keine 5 Minuten zwischen den beiden liegen. Das merke ich leider jetzt noch nicht. Danach geht es über völlig freie Bundesstraßen nördlich an Ronda vorbei. Weil es flacher wird, dämmert es noch länger – wenn die Sonne hinter den Bergen steht, aber man aus den Bergen raus fährt, wird’s schneller heller als dunkler.




    Pässe knacken bei Sonnenuntergang


    Puerto de Las Abejas ist der dreizehnte und letzte Passknackerpunkt des Tages, und damit ist mein geplantes Ziel erreicht, auch wenn ich dabei Rainer verloren und einen bösen Rutscher hatte. Die Ankunft am Hotel ist für mich erst um 21 Uhr, gerade noch hell genug für das leicht getönte Visier, und ich bin jetzt definitiv gut fertig. Das Hotel liegt unterhalb einer Bundesstraße, man fährt eine Sandpiste hinab, wo man nichts sieht – keine Ahnung, ob man da bei Regen wieder hoch kommen würde. Aber an Regen ist überhaupt nicht zu denken. Das Hotel ist offenbar eine alte Pferdewechselstation und durchaus etwas besonders, und zwar im positiven Sinn.


    Unser gemeinsames Fazit beim Abendessen: Supergeil, wie geträumt. Als würde einer zugucken und fragen: Hast du auch genug Spaß? Wie wäre es mit etwas Abwechslung? Hier, neu Farben für die Felsen. See gefällig? Gerne, nimm ruhig türkisblau. Ist die Streckenführung so gut, oder doch lieber mehr Supermoto? Oder vielleicht zur Abwechslung mal wieder weite Radien? Hier, nimm noch ein paar 60° am Hang entlang mit. Und wenn du rechts runter guckst, hier sind die nächsten 8 Schleifen, die vor dir liegen. Aussicht immer rechts langweilig? Dann führen wir die Straße jetzt mal etwas auf dem Kamm entlang und danach hast du Aussicht links. Gut so? Vielleicht ein Cafe zum Einkehren mit Kaffee, Cola und Eis für 3 Euro? Eine prima Art, in die Saison zu starten. Sowas gibt einem kein Fahrsicherheitstraining.

    ch habe zu Weihnachten RIDE 3 geschenkt bekommen. Man kann sich das Spiel etwa wie "Gran Turismo auf zwei Rädern" vorstellen. Es gibt einerseits den Schnell-Modus, wo man einfach so auf allen verfügbaren Strecken mit zahlreichen verschiedenen Motorrädern rennen fahren kann. Andererseits gibt es den Karriere-Modus, wo man Motorräder kaufen/gewinnen kann, und dann tunen/einstellen. Die Grafik ist super, mit der Steuerung kam ich relativ schnell klar (man muss deutlich früher einlenken als bei Autorennspielen) und es macht mir echt Spaß :clap:


    An Motorrädern ist ungefähr alles drin was man sich wünschen kann, und bei den Strecken auch - guter Mix aus GP-Strecken, Supermoto, und auch vielen Straßenkursen. Nordschleife ist dabei, NW200, von der TT aber leider ein kleiner Kurs. Für mich besonders cool sind Straßenkurse aus meinen Lieblingsregionen Teneriffa und Gardasee, aber auch "The Snake" aus USA ist dabei - wobei hier die Straßenbreite und die Kurvenradien grotesk vergrößert wurden. Auf der Gardasee-Strecke passen in echt keine zwei Lieferwagen aneinander vorbei, aber hey, soll ja Spaß machen.


    Der Schwierigkeitsgrad ist einstellbar - sowohl was die Gegner angeht, also auch was das Fahrverhalten der Motorräder angeht. Alle Motorräder haben eine einstellbare Traktionskontrolle (TCS), was einem das Leben besonders bei digitalen Eingabegeräten erleichtert (ich spiele mit Tastatur). Nur an den Rundenzeiten beim Zeitfahren knabbert man etwas härter, und beim ersten "Drag Race" habe ich noch keine Ahnung, was ich falsch mache, dass ich beim Start nicht vom Fleck komme und dann natürlich keine Chance mehr habe. Tuning am Motorrad ist nett, aber die Gegner werden immer passend zum eigenen Motorrad ausgewählt, so dass man damit eigentlich keinen Vorteil hat - es werden dann halt alle schneller. Ausnahme: Wenn es um Rundenzeiten geht, ist das volle Tuning-Programm angesagt. Dabei ist das Geld relativ großzügig vorhanden, so dass man eigentlich aus den anderen Rennen immer genug übrig hat für das volle Programm.


    Ich habe die PC-Version "Retail". Die kommt auf 3 DVDs und installiert sich eine ganze Weile, und lädt danach nochmal 12 GB runter. Man sollte als Bandbreite haben oder entsprechend den PC über Nacht oder über WE werkeln lassen. Zum Spielen selbst braucht man keine besondere Bandbreite.


    Für ein modernes Spiel ist es relativ fehlerfrei: In manchen Rennen habe ich keinen Schatten unterm Mopped, einmal viel der Sound aus, und einmal fuhr der Autopilot nach dem fliegenden Start einfach weiter. An der einen oder anderen Stelle finde ich die Abfrage zu hart oder zu weich, ob man von der Strecke abgekommen (was die Rundenzeit ungültig macht). Ziemlich schlecht ist dagegen die deutsche Übersetzung, so heißt die Währungseinheit "Mitwirkende" (englisch: Credits). Inhaltlich sind ein paar kleine Fehler drin, z.B. kann man auch Vergasermoppeds mit CDI-Tuning schneller machen und auch bei Zweitaktern gibt es Zylinderkopftuning.


    Da es ein modernes Spiel ist, war der Kaufpreis von ca. 50 Euro natürlich nicht das letzte - es gibt auch leider kostenpflichtige DLCs, z.B. die BMW R1200GS kostet extra. In den kostenlosen DLCs ist je ein Motorrad drin und ein "Event", wo man damit dann gegen andere auf dem gleichen Ding fährt - das haut mich nicht vom Hocker. Ingame kann man auch Geld ausgeben für andere Outfits des Fahrers.

    Ich habe dunkelgraue CNC Alu Soziushaltegriffe für meine MT-09 bei Aliexpress bestellt, damit ich Gepäck besser verzurren kann. Leider passen diese Griffe nicht an meine 2018er, weil die Schrauben nicht parallel sind, d.h. dass die Halter nicht in einer Ebene liegen.


    Wer mag, kann sich die Dinger für'n Zwanni bei mir in Essen abholen. Sehen richtig gut aus!



    Beim Einbau habe ich einen der Halter minimal (<1 mm) am Rand angefeilt, und danach mit der Dose lackiert. Das sieht man montiert nicht mehr, weil es unter der Sitzbank landet. Für Bastler: Die Löcher sind zwischen 24,5 und 27 cm von einander entfernt.

    Ich hatte eine überragende Saison 2018. 23000 km gefahren, 751 Passknackerpunkte gesammelt, keinen Ärger mit Behörden bekommen und nur 1x ohne Folgen umgefallen. An der Versys wurde der Kühler undicht und die Benzinpumpe hat mir den letzten Urlaub 3 Tage vorzeitig beendet, dafür ging's bequem per Flugzeug heim statt mit einem 1000 km Autobahn-Tag (auf Kosten des Schutzbriefs). Ich habe viele tolle Urlaube gemacht, Harz, Pyrenäen/Auvergne, Belgien/Luxemburg, Toskana, Vogesen, Tschienumrundung, Südtirol/Trentino/Gardasee/Apennin/Cote d'Azure, und nebenbei unterwegs noch Hunsrück, Rhön und Taunus abgegrast. Für jemanden, der am WE kein Motorrad fährt, ziemlich gut. 2x hatte ich im Sattel richtig haarige Situationen, weil ich überholen wollte, wo es nicht ging :oops:


    Beruflich, privat, gesundheitlich alles im Lot, kann so weitergehen, aber sich natürlich auch noch weiter verbessern. Ganz zum Ende der Saison habe ich mir endlich eine MT09 gekauft, die eigentlich schon länger haben wollte.

    Natürlich verstehe ich die Skepsis vor Unfallfahrzeugen. Selbstverständlich wird der Käufer das "bemerken", weil ich sowas nicht verheimliche. Für mich war's ein guter Deal, denn ich habe jetzt zum guten Kurs ein richtig gut fahrendes Mopped. Alle gebrauchten MT-09, die ich besichtigt habe, hatten Spuren von "Umfallern". Beim ersten war das Motorrad beim "Umfallen" halt offensichtlich noch in Bewegung ;) Und früher oder später wird auch meine Maschine mir umfallen.


    Ich habe sie nicht gekauft, um beim Verkauf Gewinn zu machen, sondern um eine tolle Saison 2019 damit zu haben - und vielleicht sogar darüber hinaus. Vielleicht wird sie aber auch gegen etwas anderes getauscht, und da hilft das neue Baujahr und die Garantie natürlich beim Preis.


    Das ist tatsächlich super. Es gibt auch Apps mit Regenradar für den ganzen Tag, den nächsten Tag, und den übernächsten Tag. Das ist enorm hilfreich beim Planen.