Hallo,
seit 13.3. fahre ich eine Tracer. Gestern habe ich sie von der 1000er Inspektion abgeholt und direkt noch mals durchs Bergische Land gescheucht. Insgesamt stehen also momentan 1300 km auf der Uhr. Ich habe mit der Beschreibung meiner Eindrücke extra bis nach der 1. Inspektion gewartet damt sie sich festigen. Damit wären sie IMHO im Thread "Eindrücke nach der Übergabe" falsch aufgehoben. Ich fang dann mal an:
1. Ich kann die allgemeine Euphorie zu diesem Motor nicht ganz nachvollziehen. Ich hatte wesentlich mehr Drehmoment im unteren Drehzahldrittel erwartet. Mein Exemplar bewegt die Fuhre zwar vorwärts aber auf klassenüblichem Niveau. Mehr Druck kommt natürlich mit steigenden Drehzahlen aber das kann meine VFR fast genauso gut. Und diese hat seit dem Anbau eines Termignoni-Auspuffs auch keine fiese Delle mehr in der Drehzalmitte wie die Tracer. Ich habe auch den Eindruck das Yamaha das Drehmoment ähnlich wie bei der XT1200Z in den unteren Gängen begrenzt. Gibt es dazu Erkenntnisse ?
2. Der Verbrauch ist mir zu hoch. Ich fahre meine Motorräder alle mit ziemlich gleichem Geschwindigkeitsprofil. Verbrauch liegt bei allen zwischen 4,5-4,8 Litern. Ausnahme ist die VFR, die ist aber 18 Jahre alt, 245 Kilo schwer und mit Vergasern bestückt. Von einem aktuellen Bike erwarte ich im Landstrassenbetrieb bis max. 120 km/h einen Verbrauch von unter 5 Litern. Das ist mir bei der Tracer selbst bei absoluter Schleichfahrt bisher nicht gelungen. Es geht mir nicht nur um die Kosten sondern vor allem um die Reichweite. Allgemein tanke ich auf Tour eben ungern (bin Nichtraucher).
3. Der nicht vorhandene Windschutz in Verbindung mit Lärm am Helm. Schon meine Versys war in Sachen Windgeräuschen berühmt-berüchtigt. Die Tracer toppt das Ganze. Selbst ein Abbau der Scheibe und der Handprotektoren bring keine laminare Strömung am Helm bei der mein C3 pro relativ leise ist. Vermutlich bringt erst eine Scheibe, die seitlich die Lampenmaske abdeckt und eine Hinterströmung der Scheibe zuläßt, etwas. So wie die madstad Scheiben.
4. Die Verarbeitung bzw. das Finish im Detail. Bereits bei der Abholung ist mir die schlechte Qualität der Brünierung (das ist der dunkle Korrosionsschutz) der Schrauben am Soziushaltegriff aufgefallen. Die sind ja noch einfach gegen Edelstahl-Schrauben zu tauschen aber die übrigen brünierten Teile sehen auch nicht besser aus. Liegt auf einem Niveau mit meiner in in Thailand gefertigten Versys und hält einem Winter-Betrieb bestimmt nicht stand. Es gibt Japaner die liegen da einem anderen Niveau.
Letzten Sonntag habe ich einen E-Scottoiler angebaut. Dazu musste die Verkleidung und der Tank runter. Für mich wirkt diese Konstruktion nicht wirklich durchdacht, eher so wie von einem Praktikanten unter grossem Zeitdruck mal schnell am CAD erstellt. Wirklich schrauberfreundlich sind die vielen verschiedenen Plastikteile nicht. Da kenne ich durchdachtere Lösungen in meinem Fuhrpark.
Nun noch die positiven Aspekte:
1. Das Fahrwerk taugt mir sehr gut. Liegt sehr stabil ohne überhandlich oder nervös zu wirken. Einzig kurze Stöße wie Brückenabsätze gelangen mir noch zu ungefiltert in den Rücken. Mal sehen ob man durch Fahrwerkseinstellung daran etwas ändert.
2. Die Ausstattung wie Bordcomputer und LED-Licht sind Features die mir bei meinen anderen Moppeds richtig fehlen. Insbesonder das LED-Licht ist das beste das ich bisher an einem Motorrad gesehen habe.
Eine Frage an die ex-XT1200Z Fahrer: warum habt ihr gewechselt ?
Bitte fühlt auch nicht angemacht weil ich hier im MT-09 Forum der heiligen Kuh ans Bein p...e. Ich schildere hier meine persönlichen Eindrücke nach der vielleicht teuersten und längsten Probefahrt meines Lebens.
EDIT: Als Leihmaschine während der Inspektion hatte ich eine XJR1300. Das war gemein. Denn ungefähr so hatte ich mir den CP3 nach den Lobeshymnen aus der Presse vorgestellt. Ich weiss, 50% mehr Hubraum. Aber im Grunde eben auch eine uralte Konstruktion.
Grüße aus Neuss
Jörg