17.4. Andalusien Teil 2, die Mitte
Das wichtigste zuerst: Dem Fuß geht es heute morgen besser als gestern. Keine Schmerzen in Ruhelage, bei Belastung ist er noch etwas verstimmt. Ich achte bei Pausen genau drauf, wohin ich trete, alles andere ist gut. Ich habe den Fuß über Nacht gekühlt, einfach durch aus der Decke rausgucken lassen. Das führt im Schlaf zu einem regelmäßigen unbewussten Alarm, weil der Fuß kalt ist, gefolgt von einem halb bewussten Passtschon, das muss so. Morgens noch mal Voltaren drauf und als es eingezogen ist, Socken an. So warm hat sich der Fuß noch nie angefühlt
Heute ist Samstag. Mit etwas Ehrgeiz könnte ich morgen Abend Portugal erreichen. Portugal lässt Touristen im Moment nicht rein, vielleicht aber wieder ab 19.4. Und Portugal lässt niemanden ohne negativen PCR-Test rein. Es gibt eine unübersichtliche Vielzahl von PCR-Test-Anbietern. Heute noch könnte ich um 11 Uhr einen Termin in Granada bekommen, was 130 Euro kosten würde. Wochenende kostet eben extra, normal wären 70-100 Euro je nach Anbieter. 11 Uhr würde mich außerdem 2 Stunden Zeit kosten. Da noch nicht mal feststeht, dass Portugal Touristen reinlässt, schiebe ich das auf und lasse mich ggfs. Montag früh in Sevilla testen (letzte Großstadt in Spanien vor Portugal).
Heute fahre ich Motorrad! Aber erst pflege ich Motorrad. Der Bremshebel wird endlich tiefer gestellt, und die Kette kriegt eine notdürftige Reinigung/Schmierung aus der kleinen Dose WD40. Das muss reichen.
Der erste Passknackerpunkt heute ist Haza del Lino. Das ist eine Kammstraße mit Sicht aufs Meer. Den Punkte habe ich vor 4 Jahren im Urlaub entdeckt und vorgeschlagen. "Leider" ist er ein großer Umweg - 125 km kürzer wäre die Route ohne den Punkt. Dafür ist es aber ein schöner Umweg. Leider ist heute nichts mit Aussicht aufs Meer, da steht 'ne Wolke. Aussicht gibt's dann weiter unten.
Unten im Tal wird's mollig warm. Wegen Baustelle ist die Autobahn gesperrt, also muss ich über die bestens ausgebaute und sehr kurvige Küstenstraße fahren. Ein Opfer, dass ich nur zu gerne bringe. Bis zum Pico de Lopera ist es dann wieder ganz schön weit. Es geht wieder in die Berge hoch, dann eine Weile durch's Hochland.
Am Porto del Sol (Sonnenpass) raste ich etwas länger. Wie ich so meinen Snack mampfe, mir die Sonne ins Gesicht scheinen lasse, den Wind spüre und mein lauerndes Motorrad betrachte, überkommt mit DAS Gefühl. Ich will gerade genau hier sein und nirgendwo sonst. Als rastlose Seele ist das für mich selten.
Aber irgendwie muss ich dann doch weiter. Kleines Bergdorf zwischendurch
Torcal Alto ist eine Sackgasse in einen Gebirgszug hinein mit ganz besonderen Felsenformen.
Mit der Ermita de las Tres Cruces kommt ein Klassiker als letzter Punkt heute. Das ist eine einsame Kirche auf einem Berg, 10 km außerhalb von Malaga. Letztes Mal war ich hier in der Einflugschneise. Heute sehe ich selten mal ein Flugzeug.
Man kann von zwei Seiten auf Schotter hin, und von Süden auf Asphalt. Ich komme von Norden und muss nach Westen. Hin fahre ich vorsichtshalber Asphalt, zurück aber Schotter. Es sind nur 7 km, es geht bergab, und es ist auf der Karte nahezu geradeaus, kann also nicht steil sein. Real ist es dann auch gut zu machen. Nur die Aussicht lenkt ab.
Unten im Tal bin ich fertig und suche ein Hotel. Mit Restaurant, bitte. Beim letzten Tankstopp roch es schon so unverschämt verführerisch nach Hähnchen. Das Hotel ist schnell gefunden will nur 25 Euro für die Nacht. Großes Zimmer mit zwei Betten, Dusche, Fön. Gutes WLAN Vor dem Restaurant fahre ich noch kurz einkaufen und tanken, das hat sich bewährt. Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, im Restaurant etwas zu bestellen und es dann im Außenbereich zu essen, oder auf dem Zimmer. Aber ich bin es ehrlich nicht mehr gewonht. So viele Menschen um mich rum, davon die Hälfte ohne Maske, auch drinnen. Im Außenbereich raucht jemand Zigarillos, ürgh. Ne, irgendwie hat die Vorstellung hier eine Stunde zu sitzen gerade jeden Reiz verloren. Ich habe Einkäufe auf dem Zimmer. Die waren zwar für morgen gedacht, aber morgen werde ich schon auch noch was neues finden. Manche Tankstellen hier haben Shops wie daheim.
Technisch ist noch zu vermelden, dass der Vorderreifen einen Nachfolger braucht. Angesichts der teilweise bröseligen Pisten wäre ein TKC70 gut. Ich setze auf Sevilla am Montag. Sonst verhält sich die Yamaha vorbildlich japanisch unauffällig und zuverlässig.
Und dann ist da wieder DAS Gefühl. Ich hirne ja im Hinterkopf die ganze Zeit etwas rum, was ich eigentlich mache, wenn Portugal mich nicht rein lässt. Nordwestspanien weiterfahren, oder Pyrenäenausläufer? Und fahre ich am Ende des Urlaubs das Motorrad heim, oder fliege ich heim und fahre später weiter in Spanien, womit ich 4 Tage Autobahn spare? Aber eigentlich treibt mich eine viel größere Frage um: Warum überhaupt zurück? Gerade jetzt, wo Deutschland auf den totalen Shutdown zuschlingert? Vermutlich wieder nur im privaten Bereich, versteht sich. Ich will doch eigentlich schon länger weg aus dem Land der Rechthaber, wo Wirtschaftslobbyismus mit Politik verwechselt wird, jeder Zehnte vordemokratische Bedürfnisse hat, der Winter gefühlt immer ekliger und die kleinen Freiheiten immer weniger werden, und sein es nur Tempolimits auf Kurvenstrecken und der TÜV. Was habe ich von Freunden, die im ganzen Land verstreut wohnen, die ich wegen Coronaregeln praktisch nicht sehen darf? Meinen Job kann ich in Prinzip von überall machen. Meine Ausbildung ist kaum zu überbieten. Meine Branche gibt's auch in Spanien. Meinen ehemaligen Arbeitgeber und seine 3 großen Mitbewerber auch. Der Posten "Miss Blahwas" ist vakant. Die Sprache zu lernen wäre hilfreich, und sich zu vernetzen. Aber das sind lösbare Aufgaben. Worauf warte ich eigentlich? Am Ende der drei Wochen eine Wohnung nehmen, oder Hotelzimmer mit Langzeitrabatt, genug Leerstand ist ja vorhanden, den Dienstlaptop aus Deutschland schicken lassen und einfach anfangen, hier weiter zu machen. Wie beim Reisen wäre der erste Kilometer der wichtigste...
Zielerreichung:
18% von 295 spanischen Passknackern geschafft
4400 km gesamt, 290 km Vorsprung vor Planung
Noch 1 von 4 Plastikflaschen aus Deutschland