Di 4.8. Vogesen-Jura-Macon
Die Nacht war erholsam, wenn auch kurz, weil Lichtschutz fehlt. Der Vermieter freundet sich noch mit uns an, während wir einchecken, er fährt auch Motorrad. Stellt sich raus, er möchte eine Nachzahlung von 18 Euro, weil wir zwei getrennte Zimmer hatten. Das habe ich vorher so nicht verstanden und finde ich auch nicht wirklich in Ordnung, aber der Wirt hat auch insofern Recht, dass man in Booking nicht explizit seine Zimmer und Betten konfigurieren kann. Und auf Diskussionen habe ich keine Lust. Damit kostet die Bude statt günstigen 63 Euro nun 81 Euro, und da muss man auch nicht wiederkommen. Auf der erfreulichen Seite steht die heutige Route: morgens zügig südlich, drei Passknacker an der Schweizer Grenze mampfen, dann den Heiligenschein aufsetzen und anständig durch den Schweizer Jura fahren, unter Würdigung der idyllischen Landschaft und der örtlichen Fahrkultur. Schließlich wieder auf ziemlich gerader Linie durch Frankreich zur Unterkunft. In Summe eine 500 km lange Überführungsetappe mit Highlights in der Mitte. Dachten wir zumindest.
Morgens ist es noch recht frisch und wir frieren auf den ersten Kilometern. Am Wegesrand gibt es zum Frühstück wieder Schokobrötchen für mich und Kaffee für Manuel. Bald geht es in die Berge rein und wir schälen uns wegen eines Regenschauers in die Regensachen. Das hilft auch gegen die Kälte. Hätten wir auch frühen machen können. Die Schweiz wird nach einige waldigen Abschnitten bald sehr idyllisch und der Regen hört nach 20 Minuten auch wieder auf. Wir fahren über diverse Kuhwiesen, wobei die Strecken immer asphaltiert und bestens in Schuss sind. Außer wenn die Kühe gerade drauf ihr Geschäft verrichtet haben, natürlich.
So oder so, echt schön hier. Und warm wird es auch bald. Zeit für eine Pause.
Manuel räumt seinen Kofferraum auf
Vergleiche zum Schwarzwald drängen sich auf, nur, dass hier niemand unterwegs ist, außer gelegentlichen Radfahrern. Alle Schilder sind auf Französisch, und die Fahrweise der Autofahrer ist auch eher wie in Frankreich. Der Heiligenschein entspannt sich etwas. So verbringen wir angenehme Mittagsstunden.
Der letzte Pass aus der Schweiz raus geht kurvig und steil den Berg hoch. Es ist relativ viel Verkehr. Es sind auch einige Motorradfahrer dabei, die irgendwie einen übermotivierten Eindruck machen. Sind wir hier schon im Einzugsgebiet von Genf? Da gibt's jetzt zwei Möglichkeiten: Brav bleiben, oder eben nicht, und den Einheimischen mal zeigen, wo die Varahannes-Sicherheitslinie verläuft, und wie sicher, entspannt und gleichzeitig schnell man damit sein kann. Naja. Knapp hinter der Grenze zu Frankreich ist dann jedenfalls erst mal eine längere Pause nötig. Jetzt wird's endlich warm und die Straßen sind leer und vor allem überraschend schön zu fahren, wenn auch etwas weniger penibel gepflegt. Der Jura ist hier felsig und steil, die Nebenstrecken sind frei und teilweise ist die Zeit im Hinterland ein wenig stehen geblieben. Frankreich halt
In Summe das heimliche Highlight des Tages, und dabei nicht mal geplant. Für die letzten Kilometer nach Macon entscheiden wir uns wegen guter Laune gegen die Mautobahn. Es gibt eine Parallele Bundesstraße und ich bemerke zwei Motorräder hinter uns - die lasse ich vorbei und wir hängen uns dran. Einheimische machen uns die Fahrlehrer und führen uns in die lokalen Bräuche ein. Das macht Spaß, man kommt vorwärts und lernt Land und Leute kennen.
In Macon haben wir eine Fewo für 4 Nächte, damit wir 3 Tagestouren ohne Gepäck fahren können. Die Fewo bald gefunden und es folgt eine ausführliche Erklärung der Fewo durch die Wirtin - auf Französisch. Die Wohnung ist hochwertig und modern eingerichtet, mit knapp 393 Euro für 4 Nächte aber auch kein Schnäppchen. Dafür mit zwei Schlafzimmer und großer Wohnküche. Parken im Innenhof, für den wir morgen einen Schlüssel bekommen, vorher reicht läuten. Das Haus ist mindestens 100 Jahre alt, wir wohnen im Erdgeschoss und entsprechend ist es in der Bude angenehm kühl.
Wir waren heute lang im Sattel und gehen daher zu Fuß zum Abendessen. Es gibt leckere Burger für uns in einem gut von Einheimischen besuchten trendy Pizza-Pasta-Burger-Restaurant mit Außenbereich und nettem Personal.
Mi 5.8. Rundtour 1 West (kürzer)
Nach zwei recht langen Tagen und angesichts der drohenden Hitze wollen wir es heute ruhiger angehen lassen. Ist ja Urlaub hier. Also machen wir vormittags Einkäufe und dann fahren wir die mit 261 km kürzeste von den drei geplanten Rundtouren.
Im Supermarkt decken wir uns mit Getränken und Snacks ein. Außerdem braucht Manuel einen Trinkschlauch und ein kontaktloses Ladepad, weil sein Navi-Handy nicht mehr per Kabel laden mag. Für mich gibt es eine Sonnenbrille, denn der Planet brennt ganz schön arg hier im Süden, und meine liegt sicher daheim. Das zieht sich alles ganz schön hin und so ist es tatsächlich 11 Uhr, als wir zur Tour aufbrechen.
Aus der Stadt raus haben wir Landstraßen dritter Ordnung mit bunt zusammengewürfelter Oberfläche. Mal ist die Oberfläche uneben, mal der Belag in allen Schattierungen von Schwarz gefleckt, mal sind Gravillons angekündigt, und manchmal liegt tatsächlich Kies drauf. 50 Shades of Grey, quasi. Mein Vorderreifen weiß damit nicht so wirklich was anzufangen, und ein einheimischer Motorradfahrer möchte gern schneller fahren. Darf er natürlich auch. Die Landschaft hier bietet Hügel und Täler, Kulturland, Wald, einzelne Bauernhöfe und kleine Dörfer. Außerdem kurvige Straßen, denn dafür sind wir hier Manuel darf auch mal vorfahren. Aber seht selbst.
An Regen ist heute nicht zu denken. Es hat morgens 20 Grad und ab mittags 30 Grad aufwärts. Während meine Ausrüstung schon immer auf maximalen Komfort und Praxistauglichkeit ausgelegt war, hat Manuel sich erst heute Morgen sich was gekauft, damit er unterwegs trinken kann, ohne den Integralhelm abnehmen zu müssen.
Auch sonst lädt die Gegend zu trinken ein.
So neigt sich ein entspannter Fahrtag dem Ende zu, bald folgen wir unseren Schatten zurück zur Fewo.
Abendessen fehlt noch. Auf laufen haben wir aber nicht so recht Lust, also muss ein Motorrad ran. Einer von uns wird also chauffiert, der andere will Bier trinken. Es geht ins gleiche Lokal wie gestern, heute neu ist aber dieser Aufsteller:
Wer kein französisch kann: "Masken müssen getragen werden. Wenn Sie keine haben, müssen wir Fieber messen. Wir haben nur Rektalthermometer." Nach dem leckeren Abendessen und dem Heimweg öffnen wir noch die Flasche Sauvignon Blanc, die es zu unserer Unterkunft dazu gab. Lecker Gegend hier!