Tag 5: Ein neuer Tag, super Wetter, die Sonne scheint und wie immer bin ich pünktlich am Frühstücksbuffet, damit ich auch ja nicht verhungere.
Als ich dann wie so oft zum wiederholtem Male ans Buffet wackle, wo ich dann völlig hypnotisiert vom gerade frisch angelieferten ofenfrischen, dampfenden Apfelstrudel bin, bekomme ich fast schon ein schlechtes Gewissen. Die müssen vermutlich alleine nur wegen mir eine extra Küchenkraft einstellen, die stets dafür sorgt, daß bei bei mir die reibungslose Versorgung überlebenswichtiger Grundnahrungsmittel (Apfelstrudel) nicht ins stocken kommt.
Wahrscheinlich stellen sie mir ab morgen einen Schubkarren hin, als angemessene Transportmöglichkeit vom Buffet zu meinem Platz.
Ein Anhänger wär ja auch nicht schlecht.
Zweiachsig.
Ja, sorry ... aber irgendwo muß man ja wohl das Rührei, den gebratenen Speck, die Wurst, den Käse, die Croissants, das Joghurt mit den Früchten und die Brötchen unterbringen, wenn der Schubkarren schon voll mit Apfelstrudel und Mohnschnecken ist ...
Der Apfelstrudel spricht plötzlich zu mir und flüstert mir ins Ohr, daß er jetzt bereit dazu wäre, seiner Bestimmung nachzukommen.
Da möchte ich auf keinen Fall widersprechen, also begebe ich mich zur Futteraufnahme zurück an meinen Platz.
Aber mal ernshaft: Heute brauche ich tatsächlich eine ordentliche Grundlage im Magen, damit ich gut gestärkt bin, denn die heutige Tour wird vermutlich ziemlich krass werden.
Und viel Proviant kann ich heute leider nicht mitnehmen, hab nämlich schon Kamera und Fotoausrüstung mit dabei im Rucksack und Getränke sind in der Hitze wichtiger als Fressalien.
Alles geht halt dann auch nicht, da müssen Opfer gebracht werden.
Wie gesagt, heute wird's knackig.
Mir wurde nämlich gesagt, daß die Tour zur Rendlalm und/oder zur Darmstädter Hütte phänomenal schön sein soll.
Bilderbuchpanoramen au massé und nur so geiler Scheiß halt.
Also muß ich da natürlich hin.
Im gleichen Atemzug wurde mir allerdings auch gesagt, daß ich da gar nicht erst mit einem normalen Biobike anzutreten brauche, die Tour wäre ohne E-Bike kaum zu schaffen.
Also werde ich heute das machen, was ich eigentlich nicht unbedingt tun wollte: Ein E-Bike mieten.
Die sind nämlich unverschämt teuer, kosten teils mehr als ein Auto.
Aaaaber, auch hier hilft mir glücklicherweise wieder die Sankt Anton Sommerkarte weiter. Dank ihr darf ich ein E-Bike anstatt 58.- Euro/Tag für 38.-Euro/Tag mieten.
Vor Ort bezahlt hab ich dann sogar nur 35.- Euro, warum auch immer - gefällt mir!
Hab mir ein Fully geliehen, ein Scott, so in etwa untere Mittelklasse, allerhöchstens.
Der Antrieb ist jedoch gut, ist der bewährte, sehr kräftige Bosch CX Motor.
Ansonsten hat das Bike halt eine Deore Schaltung und ziemlich mäßige Bremsen.
Privat möcht ich eigentlich nix mehr unterhalb von Shimano XT haben und all meine Bikes haben auch diese Schaltung.
Wenn man diesen Standard mal gewohnt ist, möchte man auch nix mehr anderes, da geht halt einfach nix drüber. Aber ich schraube bei einem Mietbike, welches ich nur für einen Tag miete, meine Ansprüche schon etwas herunter, da ein Fully mit XT-Ausstattung fast nicht unter 100.- Euro/Tag zu bekommen ist.
Die Preise sind schon echt frech, aber scheint keine Sau zu jucken. Die Leute bezahlen die Preise, die Bikes werden vermietet, läuft.
Sorry, aber nicht mit mir.
Da tut's so was auch.
Das E-Bike (oder Pedelec, wenn man es genau nimmt) muß und wird für diese Tour reichen, ich darf ja danach wieder zurück zu meinem geliebten (Bio-) Bike.
Viel problematischer als die technische Ausstattung des Scott Bikes ist dessen überraschend kompakte Geometrie.
Hab schon extra die größte Rahmengröße genommen, welche sie hatten (XL), aber das Bike ist irgendwie echt winzig, trotz 29" Räder.
Sitze da drauf wie der Aff am Stengerl mit meinen 1,98 m.
Also DA bin ich jetzt schon echt froh über die E-Unterstützung, denn ohne E-Hilfe möchte ich mich nicht -zig Kilometer so zusammengefaltet auf einem für mich deutlich zu kleinem Bike die Berge hochquälen.
Und ja, der Mensch, der mir diese Route empfohlen hatte, der hatte vollkommen Recht merke ich ziemlich schnell: Ohne E-Bike kannste das hier knicken als Normalsterblicher.
Auch mit meiner mittlerweile wieder ganz guten Fitness wäre ich hier wohl an meine Grenzen gestoßen muß ich gestehen.
Gleich zu Beginn bekommt man einen mehrere Kilometer langen Steilhang serviert, der sich über grobschottrige Wege in Serpentinen immer weiter und steiler werdend den Berg hinauf schraubt. Wer es hier mit dem Biobike hoch schafft und dabei nicht das Handtuch schmeißt, der gehört vermutlich zur Kategorie Iron Man Teilnehmer, was nicht übertrieben ist.
Not my Business.
Freue mich somit grad echt über die E-Hilfe.
Hab mir aber vorgenommen, die E-Unterstützung so wenig wie möglich anzuwenden und schalte sie später immer wieder komplett aus, wann immer es eben möglich ist und fahre mit reiner Muskelkraft weiter.
Hab nämlich null Plan, wie lange mir der Akku hält, der bei diesen endlos scheinenden steilen Anstiegen ziemlich gefordert wird, je nach gewählter Unterstützungsstufe.
Und nach dem mehrere Kilometer langen Steilhang zu Beginn geht's dann zwar immer noch stetig bergauf, aber tatsächlich erst Mal deutlich gemäßigter weiter, so daß ich oft die E-Hilfe komplett ausschalten kann.
Geht halt dann deutlich langsamer, die gut 15 Kg Mehrgewicht im Vergleich zu meinem Biobike merkt man dann auch schon ziemlich.
So leichtfüßig wie mein Radon Hardtail, das keine 10 Kg wiegt, ist so ein Pedelec halt nicht (selbst die Light E-MTB's sind deutlich schwerer).
Die breiteren Reifen des E-Bikes spielen aber sicher auch eine Rolle.
Irgendwann komme ich dann an einen Punkt, wo ich mich entscheiden muß.
Entweder links hoch zur Rendlhütte oder geradeaus weiter, wo es zur Darmstädter Hütte geht.
Außerdem geht es hier wohl auch noch zu einem Bergsee und Bergsee ist bekanntlich immer gut.
Der Weg zur Darmstädter Hütte soll ohnehin der schönere sein, hat angeblich schönere und spektakulärere Ausblicke.
Also auf zur Darmstädter Hütte.
Nach Anblicken wie diesen hier ...
... geht's bei Traumwetter immer weiter über Stock und Stein, an Wege-belagernden Kühen vorbei ...
... und der Weg zieht bald wieder kräftig an.
Nach einem längeren steilen Stück ...
liegt er dann auf einmal direkt vor mir:
Der wunderschöne Bergsee.
Was für ein tolles türkis-blaues, glasklares Wasser.
Herrlich.
Nach einer kurzen Pause geht's weiter und das Pärchen, welches ich am Ufer des Sees getroffen habe, hat mich schon vorgewarnt, daß der restliche Weg ab hier bis zur Darmstädter Hütte auch mit E-Bike teils ziemlich knackig wird.
Knackig, weil nicht nur steil aufwärts, sondern auch zunehmend deutlich unwegsamer.
Immer gröberer Schotter, oft sehr felsig, manchmal kreuzen auch Gebirgsbäche den Weg.
Der Schnee ist mittlerweile auch nicht mehr weit weg, teils fast schon greifbar.
Das ist jetzt richtig rauhe Bergwelt, die aber auch wirklich phantastisch aussieht in ihrer ganzen Wildheit.
Wild, rough nature at it's best - I love it!