Tag 3: Mein Stolz ist wieder da und spricht zu mir, als ich gerade das fünfte Stückchen himmlischen Apfelstrudels vom reichhaltigen Frühstücksbuffet verdrücke.
Zur Konstanzer Hütte will er.
Und ich soll mir nicht wegen dem steilen Stück nach der Salzhütte in die Hose machen, das schaffen wir schon.
Ich sag ihm, daß er gefälligst sein blödes Maul halten soll, aber er denkt gar nicht daran.
Dumme Sau.
In der Tat bin ich aber schon wieder deutlich fitter als am ersten Tag.
Bin ja beileibe kein Extremsportler, aber schon größere Radtouren gewöhnt wie ca. 600 Km mit meiner Ex-Freundin, wo Tagestouren teils 120 km hatten.
Bin früher auch mit zwei Kumpels echt viel Rad gefahren, auch auf Geschwindigkeit.
Daher hab ich da wohl eine ganz gute Basis, aber hab eben auch immer mal wieder längere Phasen von mehreren Wochen, wo ich null radle.
Nach so einer Null-Phase in den Bergen wieder anzufangen, ist dann auch echt kein Zuckerschlecken.
Der erste Tag ist echt zäh und erst Recht bei solch einem Hardcoreanstieg wie in Sankt Anton.
Echt erschreckend, wie schlecht meine Kondition da anfangs immer ist.
Und immer wieder genauso verblüffend, wie schnell meine Grundfitness dann aber auch wieder zurückkommt.
Erfahrungsgemäß ist der erste Tag absolut schrecklich, der zweite Tag schon deutlich besser und ab dem dritten, spätestens vierten Tag bin ich fast wieder voll da.
Und heute ist der dritte Tag.
Die Konstanzer Hütte ist fällig.
Komme schon viel schneller voran als die anderen beiden Tage und natürlich auch deswegen, weil ich bis zur Salzhütte keine Bilder mehr zu machen brauche, hab ich ja schon.
Lustigerweise treffe ich ungefähr am gleichen Punkt kurz nach der Salzhütte, an dem ich gestern wieder umgedreht bin, zwei Jungs auf ihren Bikes und wir fahren ein Stück zusammen.
Die sind von der ganz krassen Truppe und wollen noch um einiges höher hinaus als ich.
Der eine ist wie ich einer von den ganz wenigen hier, der tatsächlich noch mit einem Biobike fährt (zur Info: als Biobike werden heute alle Bikes bezeichnet, die ohne E-Antrieb sind, also durch reine Muskelkraft betrieben werden).
Der andere ist eigentlich noch krasser, weil er ein (bekanntlich schwereres) E-Bike fährt, den E-Antrieb aber nie wirklich nutzt aus Rücksicht auf seinen Kumpel, der ja keinen E-Antrieb hat.
Erstaunlicherweise kann ich durchaus mithalten mit den beiden. Sie machen ihr eigenes Tempo und ich registriere, sie sind auch nicht schneller als ich, was ich nicht gedacht hätte.
So viel zur wiederkehrenden Fitness - da ist sie!
Unsere Wege trennen sich dann doch zwangsläufig, denn Ausblicke wie dieser hier zwingen mich regelrecht dazu, etwa alle 10 m anzuhalten und Fotos zu schießen.
Wir treffen uns dann aber später an der Konstanzer Hütte wieder zum Essen, angenehme und lustige Unterhaltung mit coolen Menschen.
Dann ziehen die zwei aber weiter, haben noch ziemlich viele Höhemeter vor sich an diesem Tag.
Auf dem Heimweg hat's mich dann dieses Mal doch mal richtig kräftig erwischt.
Es war wieder ab Nachmittag Unwetter gemeldet, sah aber nicht viel anders aus als gestern, wo ja dann nix war und ich dachte, fährst halt noch ein Stück weiter höher hinaus in diese und jene Richtung, fleißig Bilder machen.
Das Wetter wird schon halten, so wie gestern.
Die vielen anderen E-Biker, Wanderer etc. gaben mir mit ihrer blosen Anwesenheit unbewusst Bestätigung bezüglich meiner Vermutung.
Wurde dann aber doch langsam dunkler am Himmel, was ich registriert hatte und hab dann doch den Rückweg angetreten.
Etwa auf halbem Weg zwischen Salzhütte und Konstanzer Hütte hat's dann angefangen, kräftig zu regnen, dann auch mit Hagel.
Hatte trotzdem Glück im Unglück, denn ich hab nur relativ kleinen Hagel abbekommen.
Wäre ich dagegen 10 Minuten eher bei der Salzhütte gewesen, hätte es mich voll erwischt, da war der Boden zeitweise weiß und die Hagelkörner deutlich größer.
Nach kurzem Unterstellen und bei einer dezenten Regenpause dann weiter, Richtung Heimat und nach ein paar Minuten ging's erst richtig los.
Es hat angefangen zu schütten und bekannte Wege haben sich im Handumdrehen in kleine Sturzbäche verwandelt.
Bis auf die Haut durchnässt, Wasser steht bis zu den Knöcheln in den Schuhen - Anhalten und Unterstellen überflüssig.
Bin dann noch eine gute halbe Stunde im strömenden Regen weitergefahren, bis ich wieder daheim war.
Klitschnass bis auf die Haut, so als ob ich in einen Fluß gesprungen wäre, aber sonst nix schlimmeres passiert.
Survival-Urlaub in Österreich, Teil 1.
Route: Etwa 25 bis 30 Km lang und ab Start 540 Höhenmeter.
Erst ein Stück nach der Salzhütte gibt's die eigentlich grandiosen Ausblicke. Teils starke bis sehr starke Anstiege, nicht unterschätzen, besonders das letzte Viertel. Richtig anstrengend wird's in einer Passage irgendwo zwischen Salzhütte und dem traumhaften Tal vor der Kontanzer Hütte (längerer sehr steiler Anstieg auf teils grobem Schotter).
Ohne E-Bike definitiv nur mit einer gewissen Fitness zu bewerkstelligen, gutes Reifenprofil wird empfohlen.
Mit guter Grundfitness aber machbar.
Die Ausblicke weiter oben entschädigen dann für die ganzen Anstrengungen.
TiPP: Zwischen Konstanzer Hütte und Salzhütte gibt's im Ernstfall nicht viel an Unterstellmöglichkeiten, eigentlich gar nix und die Salzhütte ist auch nur eine unbewohnte Mini-Hütte mit Platz für max. 8 Leute.
Wenn's ganz schlimm wird, dann irgendwie bis zur Wagner Hütte retten (1,5 Km bergabwärts von der Salzhütte, gleich unterhalb des Verwallsees, direkt am Weg). Das ist eine große Almhütte, die auch bewirtet wird mit viel Unterstellmöglichkeiten.
Wer es etwas einfacher haben will und sich ein Stück grobschotteriger Serpentinen am Steilhang sparen will kurz vor dem Tal unterhalb der Konstanzer Hütte, der fährt wie wir den schmalen Pfad links den Berg hinauf.
Deutlich weniger krasser Anstieg, etwas kürzerer Weg, schönerer Ausblick - aber Vorsicht!
Wurzelig und felsig, nicht übermütig werden und lieber mal kurz schieben, der Abgrund ist teils sehr nah.