Beiträge von blahwas

    Mo 16.09. Madelaine, Iseran, Galibier


    Auf schnellstem Weg zum Col de la Madelaine. Der "richtigen", 2000 Meter hoch (davon 7 Meter aufgeschüttet). Dort wird dann gefrühstückt. Da wir früh dran sind, können wir den Passschildaufbau als Tisch benutzen.



    Der Col du Tra lag am Weg, den nimmt man mit, so als Abwechslung. Da gibt’s Kehren, wo man seinen Mitfahrer elegant im Auge behalten kann. Nicht dass der da hinten heimlich eine dreckige Linie fährt!



    Wir kommen wieder durch Bourg-Saint-Maurice, da waren wir auch schon gestern. Dann geht’s Richtung Col de Iseran. Er liegt auch sehr abgelegen hinter Val-d'Isère. Man kann nicht mal eben irgendwo anders hin abbiegen – man fährt ihn ganz oder gar nicht. Deshalb war ich vermutlich noch nie da. Auf dem Weg dorthin lange nix außer Landschaft. In eine Galerie (seitlich offener Tunnel) wurde extra eine Ampel mit Wartezeitanzeige gebaut, damit man auch in Ruhe ein Foto davon machen kann. Vorbildlich, diese Franzosen!



    Der Iseran ist der landschaftlich beeindruckendste Pass, den ich bisher gefahren bin. Das hat sich gelohnt!






    Außerdem ist er nach mancher Defintion der höchste "überfahrbare" Gebirgspass der Alpen - höher als Col de Bonette (und niedriger als Cime de Bonette, die eigentlich kein Pass ist). Markus und ich verlieren uns einige Minuten aus den Augen, aber Markus wartet dann halt weiter vorne mit der Mittagspause. Dann machen wir noch einen ganz kurzen Abstecher zum Col du Mont Cenis Richtung Italien. Dann geht es tatsächlich mal ohne Höhepunkte 40 km das Tal entlang, bis wird auf die Route des Grade Alpes (RDGA) einbiegen. Statt den Télégraphe nehmen wir heute den Col d'Albanne. Der ist etwas westlicher und den kennt kein Mensch. Das ist eigentlich eine Sackgasse, aber man kann per Schotter nach Süden weiter auf die RDGA. Die Strecke ist total seriös und kein bisschen gefährlich.




    Die RGDA Richtung Süden kommt der Galibier. Das ist einer der Klassiker im Radsport und auch auf der RDGA. Es gibt einen Tunnel auf 2556m, aber ohne Schnee kommt man auch über die Passhöhe von 2642m. So oder so ist man jenseits der Baumgrenze.



    Es gibt noch einen kleinen Snack am Cafe am Col de Lautaret, am südlichen Ende des Galibier. Wir sind die letzten Gäste heute. Zuletzt fahren wir den Col de Granon. Das ist eine Sackgasse mit mäßigem Straßenzustand, aber toller Landschaft und beeindruckenden Farben.



    Weiter geht es nur mit Ausnahmegenehmigung, weil Militärgebiet. Man sieht schon diverse historische Anlagen vom Col aus. Es ist nach 18 Uhr und Zeit, hurtig zum Hotel zu kommen. Wir müssen durch Briancon und dann noch etwas Bundesstraße fahren.
    Wir haben heute zwei Einzelzimmer. Markus hat sogar drei Betten. Zum Abendessen gibt’s Burger direkt im Hotelrestaurant, nach dynamischen Spaziergang.


    Wir hatten 375 km heute und jeder davon war genial!


    So 15.09. Nach Frankreich übersetzen


    Nach einer erholsamen Nacht kriechen wir aus den Betten und auf die Moppeds. Flugs das Frühstück gekauft und dann über den kleinen St. Bernhard nach Frankreich gewechselt. Ein toller Pass, man hat viel zu gucken, auf beiden Seiten.



    Wir frühstücken unterhalb der Passhöhe von 2188m, mit einer Mauer als Tisch.



    Kaum in Frankreich im Tal angekommen geht’s rechts zum Lac de Roselend. Das ist zwar ein künstlicher Stausee, aber guckt einfach selbst…





    Der Tag war an diesem Punkt schon besser als der letzte. Wir waren hier schon mal vor geraumer Zeit, aber so genau wussten wir nicht, wo. Das vor meiner Passknackerzeit und dem damit verbundenen Dokumentationsfimmel. Dank Sonntag und gutem Wetter haben wir auch andere Motorradfahrer vor uns, und manchmal sogar auch hinter uns. Die Franzosen wissen eben, wie es geht! Richtig hoch wird’s dann wieder am Col de July – 1989m.




    Danach folgt eine Schleife über diverse kleine Pässe im äußersten Norden, die man jederzeit abkürzen könnte – und das haben wir auch. Ist ja Urlaub hier! Ich verachte sogar den Col du Merdassier, den mein Navi über irgendeinen doofen schlammigen Feldweg anfahren will. Ich interessiere mich mehr für diese Rundstrecke hier:



    Das ist ein „Pump Track“ für BMX- und MTB-Fahrer, die dort nur durch aufrichten und buckeln Tempo aufbauen können. Leider reichte die Bodenfreiheit der MT09 nicht. Wir wuseln stattdessen weiter quer durch die Passknackerpunkte, grob Richtung Süden. Ja, DA lang!



    Wir hatten heute viel Fahrspaß, auch wenn die Straßen nicht alle super breit ausgebaut waren, manche sahen eher so aus:



    Nach der Pause sehe ich, dass mein Topcase stark nach hinten geneigt ist. Was'n da los? Hat mir einer das Mopped umgefahren und wieder aufgerichtet? Eine eingehende Fehlersuche fördert zu Tage, dass die Gelenke nicht mehr richtig fest sind. Weil der Schwerpunkt des Topcase hinter den Gelenken an der Unterseite der Halteplatte sitzt, kann das Topcase nach hinten wegklappen, wenn es gerade nicht auf der Sitzbank aufliegt, z.B. wenn das Hinterrad gerade ausfedert. Als Gegenmaßnahme zurren wir zwei Gurte fest zwischen den Packösen (die an der Sitzbankunterseite fest sind) und der Halteplatte, so dass die Halteplatte auf der Sitzbank bleibt. Ich zweifle etwas an der Haltbarkeit, aber es das Problem trat danach tatsächlich nicht mehr auf.


    Unsere Gîte (Fewo) liegt in heute Aiguebelle, südlich von Albertville. Sie ist funktional eingerichtet. Für mich gibt es ein Doppelbett, für Markus wieder eine Schlafcouch.


    Wir finden noch ein offenes Restaurant in Spaziergang-Entfernung, wo wir liebevoll bedient werden. Für uns gibt es sehr reichhaltige Salatteller. Markus trinkt im Unterschied zum Vorjahr nicht mehr jeden Abend die Bar leer. So finden wir auch nüchtern in den Schlaf nach einem tollen Start in Frankreich!


    Tagesroute 337 km

    Sa 14.9. Iseosee, Transfer nach Aosta


    Heute ist allgemeiner Abreisetag vom Höhentreffen. Markus und ich reisen weiter nach Frankreich. Unsere Übernachtung ist heute im Aostatal, knapp vor der Grenze, noch in Italien, aber schon im französischsprachigen Teil. Zunächst fahren wir einen Bogen um den Gardasee und schnappen uns noch ein paar Straßen am Idrosee.



    Irgendwann ging es dann im Dorf rechts ab und länger steil abwärts auf einer sehr schmalen Straße.



    Sieht ja noch okay aus. Doch dann kamen Steine, …



    … und dann Waldboden. Ich halte an, um in OSM und im Navi nachzuschauen, was das soll. Geht es hier wirklich weiter? Zurück kommen wir nicht, wenn die Strecke noch schlechter wird.



    Dann erreicht uns ein Italiener auf einer Scrambler aus der Gegenrichtung. Er sagt, da geht es nicht weiter, nicht für uns, und nicht für ihn. Ich glaube ihm das, habe aber auch ernste Bedenken. Und dann kam der Panda. Klar, Italien geht nicht ohne Panda. Und Panda 4x4, natürlich das alte Modell, fährt jede Straße in Italien und jeden Maultierpfad. Und auch an den geparkten Moppeds oben im Bild vorbei ohne anzuhalten oder zu meckern – einfach mehr im Gebüsch. Wenn das die deutschen SUV-Fahrer wüssten!


    Zum Iseosee ging es über den Passo Tri Termini, wo heute eindeutig die Einheimischen Supersportler regieren. Andere halten Radfahrer auf.



    Die goldene Ananas geht heute an den Fahrer einer KTM 1290 Super Duke GT, der vorbildlich Rasten und Knie schleift, dabei eine saubere Linie aufs Parkett zaubert, nicht zu laut ist, und der alle 7 Minuten am Cafe vorbei kommt, in das Markus und ich eingekehrt sind. Wir wollen uns vor der drohenden Autobahnetappe noch erholen und stärken, und außerdem die tolle Aussicht aufsaugen.



    Kehrseite der Lage: Ein Stück Käsekuchen, ein alkoholfreies Bier und eine Cola kosten zusammen schlappe 18 Euro. Dann kommt der öde Teil, 255 km Autobahn in der Poebene. Die Sonne knallt, es ist sehr warm. Rastplatz muss auch mal sein.


    Die echte Autobahn durch das Aostatal kostet ziemlich viel Maut, entsprechend viele Leute sparen sie sich und fahren die Landstraße, die auch durch Ortschaften führt. So auch wir. Immer wieder schön ist die StVO für Motorradfahrer in der autonomen Region Aosta. Das hier ist rechtlich Italien, kulturell Frankreich, und im Straßenverkehr macht eigentlich jeder was er will. Wir stehen irgendwann neben einem Golf R vorne an der Ampel und lassen uns überraschen. Innerorts auf breiten Straßen wird anscheinend Autobahntempo gefahren. Fahrspuren sind gar nicht erst markiert. Es ist eigentlich durchgehend Tempolimit 50 oder 70 und Überholverbot, aber die einheimischen Motorradfahrer kommen außerorts auf ein deutlich dreistelliges Durchschnittstempo. Völlig krank aus deutscher Sicht, funktioniert aber irgendwie. Vielleicht gönne ich mir nächstes Mal die Autobahnmaut, denn es ist doch recht aufregend und damit anstrengend.


    Zur Abwechslung hatten wir einen Umweg über zwei Pässe eingebaut: Raus aus dem Aostatal, rauf zum Colle Tzecore, weiter zum Colle di Joux. Zwischendurch bemerke ich Kräftesalat beim Einfedern, da das Topcase ein Eigenleben entwickelt. Die Trägerplatte ist mit je einer Schraube an den beiden Trägern fest und liegt auf der Sitzbank auf. Leider hat sich eine Schraube gelöst, so dass sich die Grundplatte und damit das Topcase um die andere Schraube verdrehen kann. Das war so nicht vorgesehen, aber die lose Schraube ist noch da, und auch sonst ist kein Teil verloren gegangen. Die Schraube wird festgezogen, der passende Inbus liegt schließlich griffbereit. Das mache ich jetzt wohl besser täglich. Auf der Fahrt muss man auf die Streckenführung achten. Dabei die Aussicht nicht ignorieren und auf die Kühe aufpassen.



    Im Tal dämmert es schon und Nebel steigt auf. Da müssen wir gleich wieder runter.




    Der Tag neigt sich dem Ende zu, lange Schatten drohen, aber es sind noch 1,5 Stunden Route übrig, und der Hunger meldet sich auch schon wieder. Dazu sind wir reichlich platt. Also fahren wir gemächlich den Pass runter, ordnen uns in den fließenden Verkehr ein, und kehren bei der letzten Pizzeria auf der Hauptstrecke ein, 4 km vor dem Ziel. Wir wären wohl beide nicht mehr aufgebrochen, hätte wir erst mal die Klamotten ausgezogen. Die Pizza schmeckt gut, für mich mit Würstel (Frankfurter - wirklich typisch Italienisch, übrigens).


    Danach geht's mit dem letzten Rest Tageslicht zur Ferienwohnung ins Dorf. Leider hatte ich den Zielort nicht genau genug in die Route gepackt, oder das Navi war großzügig mit der Interpretation. Jedenfalls suchen wir das richtige Haus eine Weile. Dunkelheit und Hausnummern sind keine Freunde, aber die Gastgeberin steht an der Straße und hilft uns. Die Ferienwohnung war früher eine Scheue und wird anhand der liebevollen und umfassend alltagstaublichen Ausstattung offenbar auch vom Eigentümer reichlich genutzt. Es gibt Wii, Sky, reichlich DVDs und Bücher, ein hochwertiges Bad. Für mich ein Doppelbett, für Markus eine Schlafcouch - das war der Deal, weil ich mich um alles kümmere. Heute war viel Autobahn und Hitze, die nächsten Tage werden besser!


    Heute waren es 550 km, als Transfertag extralang und nicht mit Highlights gespickt. Man hätte hier auch zwei bis drei Tage verbringen können und sich die Schweizer Grenze und die anderen Seen entlang hangeln können, aber das fand ich weniger attraktiv als 1-2 Tage zusätzlich in Frankreich. Es ist auf den Hauptstrecken sehr voll da, und auf den Nebenstrecken kommt man kaum vorwärts.


    Fr 13.9. Dolomitenrunde mit Renate


    Zu jedem Höhentreffen gehört für mich eine Dolomitenrunde. Andere verbringen in den Dolomiten eine ganze Woche, ich mache das an einem Tag. Dazu werfe ich mich morgens auf die Autobahn und klappere eilig und am besten alleine alles ab, was sich irgendwie auf eine Route zwingen lässt. Heute kommt aber Renate mit, der es sonst nicht schnell genug geht.


    Ins Tal runter überholen wir eine S1000RR aus München, die ich glaube ich schon in unserer Hotelgarage gesehen habe. Dann folgt Autobahn, und dann die Mautstation an der Ausfahrt. Leider wird dort keine EC/Maestro/VPay/Wieauchimmerdasjetztschonwiederheißt-Karte akzeptiert, sondern nur VISA und Bargeld. Ich zahle mit VISA, aber Renate probiert es mit der deutschen Bankkarte. Ich kann leider nicht helfen, weil die Polizei direkt dahinter steht, und dahinter stehen LKW in 2er Reihe. Also warte und warte ich. Renate erhält derweil Hilfe vom Personal, u.a. muss ihr 20 Euro-Schein geglättet werden. Danach gibt es 16,80 Euro Wechselgeld in Münzen, und ab geht’s in die Berge!


    Die Hauptwege in den Dolomiten sind leider voller Verkehr und Überholverbote. Ein Bauarbeiter droht mir mit der Schaufel, als er meint, mich beim verbotenen überholen gehört zu haben. Tsts! Auf der Hochebene wird getankt, das reicht dann hoffentlich bis zum Ende.


    Die Strecken selbst sind wunderschön, aber da sind immer diese anderen Leute. Leider gibt es auch bei Motorradfahrern den Typ "Ich bin zwar langsamer als Du, aber VOR dir, und ich lasse dich nicht vorbei!". Gut, dass ich statt 64 PS jetzt 115 dabeihabe und mich von fetten Harleys oder BMW K1300S "Bayerbusa" nicht lange aufhalten lassen muss. Weniger schön dagegen ist der Schwund an Baumbestand.




    Die Passknackerpunkte wandern in den Köcher, und Renate braucht erfreulich wenig Pausen. Eigentlich brauche eher ich die Pausen. Eine Mittagspause machen wir dann erst bei der Ochsenhütte am Nigerpass.



    Da gibt es einen geschotterten Parkplatz, wo Autos stehen, und ich stelle mich halt dazu. Danach fällt mir erst auf, dass es reichlich steil ist, Renate hat ja nicht allerlängsten Beine. Es klappt aber. Später erscheint eine andere Gruppe deutscher Motorradfahrer. Beim Verlassen der Location sehe ich ihre Motorräder nicht - die stehen erst ganz unten, an der Straße. Alle Kennzeichen Essen (wie ich) und Ennepetal (wie der angrenzende Kreis). Grüße in den Ruhrpott!


    Besonders schön wird‘s wieder am Rollepass, da rasten wir wieder, und zufällig treffen wir auf Markus/Duck, der heute alleine auf Fototour ist. Fotografieren geht hier natürlich auch toll.



    Der Passo Ghobbera ist wegen einer Rally leider gesperrt, aber der Brocon ist offen. Eine Gruppe K1600-Fahrer behindert den Verkehr leider schon im Tal, aber da kommt man noch gut vorbei. Fahrt doch lieber Cabrio. Oder Bus. Oder Kreuzfahrtschiff. Oder einfach mal Platz machen, kostet ja nix. Der Brocon ist wieder schön.



    Und mit der richtigen Linie braucht man auch keine Angst vor Gegenverkehr zu haben, den man hier eigentlich immer hat.



    Jenseits des Brocon will ich zum Cima di Campo und Forte Leone, aber meine beiden Navis finden keinen Weg dorthin. OSM zeigt mir den rechten Weg - die Straße gibt es einfach nicht auf meinen beiden Navis. Vielleicht ist sie zu neu. Man hat hier weitgehend seine Ruhe.



    Bei einer Rast passiert uns eine Viergruppe Dänen, alle winken, drei davon auf MT-09, und alle auf dem Hinterrad. Okay? Was ist denn hier los? Ist das der geheime MT-09-Gruß?


    Der Schotterweg zum Forte Leone hoch ist noch harmloser, als ich ihn in Erinnerung hatte - besser als viele Parkplätze. Renate bummelt etwas und flucht über Kuhscheiße auf dem Hinterrad, ist oben aber umso stolzer. Ein toller Punkt hier! Das Fort selbst ist geschlossen, wird aber aktuell bearbeitet, um in Zukunft zugänglich zu sein. Es gehört zur gleichen Verteidigungslinie wie das Fort, das wir am Sonntag besucht haben.




    Zurück geht es jetzt auf schnellstem Weg. An der Schnellstraße gibt es noch Sprit, die Yamaha hat Durst, und dann den Kaiserjäger hoch. Da laufe ich auf ein Auto auf, das seinerseits an einem Lieferwagen nicht vorbei kommt. Als der Lieferwagen in einer Linkskehre zurücksetzen muss, erkenne ich meine Chance, hupe kurz und gehe innen durch. So eine Gelegenheit bietet sich so schnell nicht wieder! Leider fehlt von Renate danach jede Spur, und auch sonst kommt keiner mehr von unten hoch, als ich warte. Oha! Besser umdrehen. Sie kommt mir bald entgegen und dreht an ihrem linken Spiegel rum. Diagnose: Sie ist umgefallen, weil sie im entscheidenden Moment Angst vorm Lieferwagen bekommen und gezögert hat. Dann stand sie, und dann war zu wenig Straße unterm Bein. Innen in der Kehre ist es sehr uneben. Leistungsabruf und/oder Hupe hätte geholfen. Sie hat sich nichts getan, aber ihre Z hat Kampfspuren am Motordeckel (trotz Sturzpads), Lenkerendgewinde, Spiegel, und der Kupplungshebel ist an der Sollbruchstelle verkürzt worden. Da wurde am letzten Fahrtag also schnell noch etwas Schrott produziert, aber keine Verletzungen. War ja auch Freitag der 13.


    Zurück am Hotel wird der letzte Abend des Treffens ausreichend gewürdigt, auch wenn von 16 Teilnehmern nur noch 10 da sind. Durchgehende Anwesenheit ist ja keine Pflicht. Alle sind zufrieden, auch die Erstbesucher. Auch Markus als BMW-Alien fühlt sich wohl. Morgen reise ich mit ihm weiter.


    355 km heute und sehr zur Nachahmung empfohlen!

    Do 12.9. Dosso Alto, Maniva, Croce Domini


    Die Dosso Alto Höhenstraße und die Nordseite des Passo Manivas im weiteren Verlauf sind meine absoluten Lieblingsstrecken dieser Region, und eigentlich auch überhaupt. Deswegen macht es mir auch nichts aus, jedes Jahr die gleiche Route zu fahren. Heute kommen Duck (Markus) und Mirko (Angstnippel) mit, die beide das erste Mal hier in der Region Motorrad fahren. Die können sich auf etwas gefasst machen! Angstnippel hat ein Handycap wegen eines ultraeckigen Vorderreifens, und Duck ist erst 2 Tage in Italien, daher gilt das Prinzip "lose Gruppe": Ich fahre mal vor, und warte dann vor dem Abbiegen.


    Es geht zunächst auf den schnellsten Weg zum Gardasee, wo natürlich reichlich Verkehr und wenig Fahrspaß ist. Dann geht's zum Ledrosee, wo man mit erheblichem Einsatz immerhin Spaß beim Überholen findet. Mir fällt eine MV Agusta Brutale Dragster RR auf, deren Fahrer anscheinend bereits alles überholt hat, jetzt auf seine Gruppe wartet - die ich wiederum gerade überholt habe - und der mich bereitwillig vorbeilässt. Danach mache ich das Foto am Passo Ampola, warte auf die beiden Mitstreiter und rufe die Vormittagspause aus. Dafür steht ein Café direkt hinter der Kreuzung zur Tremalzo bereit.


    Eigentlich könnte man hier zum Passo di Tremalzo hoch fahren, aber da sieht man nicht wirklich was, und man muss umdrehen, weil der eigentliche Höhepunkt nur für Radfahrer erlaubt ist. Aus Zeitgründen sparen wir uns das. Den Passo Ampola westwärts geht es die Schlucht entlang, sehr schick zu fahren, mit etwas Aussicht und launigen Überholmanövern. Wie immer hört der dichte Verkehr am Ledrosee auf. Die Leute scheinen den ganzen Tag zwischen Ledrosee und Gardasee hin und her zu fahren.


    Den Idrosee entlang stelle ich fest, dass die Mitfahrer inzwischen die italienische Seite des Motorradfahrens an sich entdeckt haben. Schließlich biegen wir auf die Dosso Alto Höhenstraße ein. Die ist etwa 3 Meter breit und schraubt sich in diversen Kehren immer höher. An einer Kehre gibt’s Pippi-Pause mit Aussicht auf den See. Dann beginnt der wirklich hohe Teil der Strecke. Hier jagt eine Hammeraussicht die nächste und man weiß gar nicht, wo man überall für Fotos oder einfach zum Gucken anhalten soll.



    Als Passknacker gibt es noch drei Pflichtstopps. Schließlich weicht der Asphalt dem Schotter, der sich aber gut fahren lässt. Dann laufen wir auf eine MV Agusta Brutale Dragster RR auf, die mir verdächtig bekannt vorkommt. Er bemerkt uns und lässt uns passieren, sein vorausfahrender Freund auf 1200 GS ebenso.



    Markus gefällt’s:



    Mirko auch:



    Kurz danach erreichen wir den Passo Maniva und kehren ein. Die andere Gruppe auch – das trifft sich gut. Ich stehe auf die MV Agusta Brutale Dragster RR, die eigentlich meiner MT-09 recht ähnlich ist – aber nur von den Daten her.



    Die Nordseite des Maniva führt komplett jenseits der Baumgrenze an diversen Radiotelekospen vorbei zum Croce Domini. Das ist laut Landkarte eine gewöhnliche Straße. In echt ist sie ca. 10 km lang unbefestigt, aber breit, eben und nicht besonders steil. Nur der letzte Kilometer ist steil und löcherig. Für die Strapazen entschädigen allerdings mit die besten Aussichten, die ich überhaupt je im Sattel hatte.






    An der Passhöhe des Croce Domini erreichen wir wieder Asphalt und schwingen uns gemütlich durch die Natur ins Tal. Dabei wird noch mal eingekehrt, ist ja Urlaub hier, und man will die Umgebung aufsagen.


    Zur Weiterfahrt starte ich mit der F800R von Markus, der sich stattdessen auf meiner MT-09 vergnügt. Natürlich ist die Sitzposition ganz anders, ich habe schließlich die „Street Rallye“-Sitzbank, also eine Supermoto-Sitzposition weit vorne und oben auf dem Motorrad, während man bei der F800R mehr weiter hinten und drin sitzt statt drauf. Der Twin schiebt bei niedrigen Drehzahlen sehr gut, aber danach passiert kaum noch was. Dagegen ist mein Triple eine Abrissbirne, die bei jeder Drehzahl einschlägt und einem den Boden unter den Füßen wegzieht, dass es eine wahre Freude ist. Markus mag die Sitzposition nicht, hätte aber gern den Motor. Nö, den behalte ich!


    Zurück im Tal haben wir dann eigentlich nur noch Hauptstrecken vor uns. Umwege über Höhenlagen machen wenig Sinn, da würde die Route zu lang werden. Den ersten Abstecher zum Passo Daone sparen wir uns aus Zeitgründen. Ein Abstecher geht aber: Goletto di Cadino und Passo Barmone – dien sind aber auch eher für Passknacker-Fans.


    Im späteren Verlauf haben wir noch einen Bundesstraßenstau, wo wir echt lange warten. Ich bin Ingenieur, und als Ingenieur kennt man Murphys Gesetz: Alles was schief gehen kann, geht auch schief. Das klingt negativ, aber man kann es positiv anwenden: Es wäre doch echt ärgerlich, wenn ich jetzt meine Handschuhe ausziehe und anfange am Handy rumzufummeln, und es dann plötzlich doch weiter geht. Dann müsste ich hektisch das Handy verstauen und die Handschuhe anziehen, um nicht den Verkehr aufzuhalten! Das wäre sehr unangenehm! Murphy kriegt das mit, ich ziehe die Handschuhe aus, halte kurz inne – gucke mich misstrauisch um – nichts passiert. Ich hole das Handy raus und entsperre es – sofort setzt sich die Kolonne vor uns in Bewegung. Ha! Wieder ein Sieg über das Schicksal! :) Anlass des Unfalls war ein Kreuzungsunfall zweier Autos, glücklicherweise offensichtlich ohne Schwerverletzte, daher regelt die Polizei den Verkehr wechselseitig.


    Danach ging es wieder mit „Feuer frei!“ den Berg hoch, und zurück zum Hotel, wo wir alle ziemlich begeistert von dieser Tour waren. Der Passo Maniva hat einen festen Platz in meinem Herzen.


    Die Route von heute, 345 km, weitgehend zur Nachahmung empfohlen:


    Mi 11.9. Rund um Reifen


    Bea und ich habe um 15:30 einen Termin beim Reifenhändler. Sie bekommt einen Satz Michelin Road 5, ich einen ContiRoadAttack 3 Hinterreifen. 15:30 ist eine etwas blöde Zeit, weil man danach nicht mehr wirklich etwas machen kann, und davor auch nichts Tolles. Also grasen wir die nächsten Pässe ab:



    Am Monte Baldo gibt es einen Kaffee, und in Brusago gibt es Mittagessen in einem dieser landestypischen Restaurants, wo sonst eher Handwerker und Rentner günstig essen gehen. Über den Passo Redebus geht schick…



    Und dann endlich nach Pergine, wo der Reifenhändler wartet. Bea lässt mir den Vortritt und lädt mich ein, ohne sie weiter zu fahren, weil sie meinen Tatendrang spürt - da sage ich nicht nein.



    Nach dem Reifenwechsel schiebt der Mechaniker mein Motorrad 3 Meter rückwärts aus der Halle, und dann kleben bereits Steinchen an der Oberseite des Reifens. Es ist einfach klasse, wieviel Grip der CRA3 schon hat, bevor man einen Meter damit gefahren ist. 100 km vorsichtig Reifen einfahren ist was für andere Fabrikate. Ich breche nun zum Manghen auf, weil er wegen einer Oldtimer-Rally ab Morgen bis Sonntag gesperrt sein soll. Meine Gashand holt alles nach, was sie die letzten Tage durch "Profil schonen" verpasst hat. Die Yamaha schnupft dabei reichlich Schnell- und Bundesstraßen auf, biegt dann flüssig erst rechts und dann links ab, und dann geht's richtig los: Gegenüber dem Vorjahr ist der Belag besser und die Fahrbahn in weiten Teilen auch breiter geworden. Das nimmt man wohlwollend zur Kenntnis. Dass der letzte Sturm auch reichlich Bäume flachgelegt hat, ist weniger schön, aber zumindest hat man jetzt auch Sicht auf die Landschaft - und die lohnt sich hier richtig.



    Es ist weniger Verkehr, die wenigen Autos vor mir lassen mich gerne passieren - auch wenn sie selbst schon fast auf zwei Rädern um die Ecken fahren. Bergauf kommt gegen ein Motorrad wenig an. Natürlich ist der Manghen keine Rennstrecke, denn das oberste Drittel ist weiterhin unter 4 Meter breit, und es stehen auch reichlich Kühe drauf, die man nicht erschrecken will. Oben angekommen bin ich froh, es geschafft zu haben, und begeistert von den Eindrücken.



    Außerdem war ich deutlich schneller als das Navi dachte. Da könnte man doch noch...? Die weiteren Tage sind eigentlich schon verplant, und da bleiben ein paar Pässe übrig. Coe und sein Nachbar Valico di Valbona, und auch weniger Kilometer jenseits des Kaiserjägers, vom Hotel aus gesehen, Passo di Vezzena. Also flugs das Navi programmiert, und siehe, Ankunft 18:30. Das ist etwas spät, aber mal sehen, wie viel schneller ich heute wohl sein werde.


    Es folgt wieder Schnellstraße, und dann der Kaiserjäger. Da habe ich heute wenig Verkehr in meine Richtung, und in Gegenrichtung wundere ich mich etwas über andere Verkehrsteilnehmer. Wenn ein Motorrad in einem einspurigen Tunnel bergauf fährt, sollte man da eigentlich nicht mit einem Kleinbus reinfahren. Passt aber. Wenn man mit dem Auto um eine Kehre fährt, sollte man dabei eigentlich nicht die gesamte Straßenbreite reservieren. Ich rechne mit sowas, und bin eher amüsiert ob des Nichtkönnens als sauer oder gar erschrocken. Auch die Aussicht ist kult.



    Auf der Hochebene geht's links zum Passo di Vezzena, und auch hier kriege ich wieder bestätigt, dass eine durchgezogene Linie in einer nicht einsehbaren Kurve kein Hindernis sein muss, auch wenn die eigene Fahrspur reichlich breit ist. Ich weiche dem Übeltäter also aus und gucke etwas fragend. Schnell das Passknackerfoto am Passo di Vezzena geschossen, umgedreht, den Übeltäter von vorhin überholt und zurück nach Lavarone. Wer sieht etwas in diesem Bild?



    Aber noch nicht zum Hotel! Heute geht's recht weit durch die Ortschaften und endlich links zum Coe. Plötzlich kein Verkehr mehr und Idylle. Es fährt sich fast wie ein typischer Dolomiten-Pass.



    Weiter geht zum Valico di Valbona, an einer Schafsherde vorbei, die sich aber mehr fürs Gras neben der Strecke interessiert als für die Straße selbst. Am Valico di Valbona ist es heute ausnahmsweise nicht windig und feucht. Normalerweise kann man hier reichlich Wetter erleben.


    Das war mein letzter Passknacker für heute, und ich steige erleichtert wieder aufs Motorrad. Ich fahre an, klappe den Helm zu, und würge ab! Scheiße, Fuß raauuuuuuu... nope, da ist kein Boden, ich stehe ganz am linken Rand einer deutlich überhöhten Rechtskurve. Und so begibt sie die Yamaha erneut auf den Weg in die Waagrechte, obwohl ich das verhindern möchte. Alleine, es gelingt mir nicht so gut. Zwar bleibt der Lenker in der Luft, aber hoch bekomme ich sie auch nicht mehr. So hänge ich halb über und halb unterm Mopped und gucke recht sparsam aus der Wäsche. Immerhin, der Motor ist schon aus, also klappe ich den Seitenständer aus und warte einfach mal auf Hilfe, denn mit zwei weiteren Händen geht das sicherlich sehr leicht. Die Hilfe erscheint in Form eines italienischen SUV mit 3 Damen und einem Herrn mittleren Alters, die meiner misslichen Lage mitfühlend gegenüberstehen. Der Herr versteht schnell was ich will und hilft mir hoch. Die Donnas sind eher besorgt um meinen Gesundheitszustand. Es könnte sein, dass ich sie vorhin überholt habe, und dass sie von einem Sturz während der Kurvenfahrt ausgehen - wer steht denn schon sonst mitten in der Kurve, außen, entgegen der Fahrtrichtung. Ich spreche praktisch Null Italienisch und erkläre halb lautmalerisch "Pausa, Foto, Foto, a la Moto, *rechte Hand Gasgriff drehen* bröÖÖöppp *kopf nach vorne* uiuiiuuuiii *umfallen andeuten*. Tutto bene!" Dann will sie mir noch den Weg irgendwohin erklären, was ich gekonnt mit "capiche niente" kontere. Ich bedenke mich erneut, und so ziehen wir unserer Wege. Ich rolle vorsichtigst zum Hotel zurück und hechte unter die Dusche, um 19:00 pünktlich zum Abendessen zu sein. Bea ist schon längst da und begeistert bis verwirrt von ihren neuen Reifen. Beim Abendessen fällt dann allgemein auf, dass es irgendwie anders ist, jetzt ohne Claudia, die problemlos den ganzen Tisch unterhalten kann.


    Die Route nach dem Reifenwechsel:

    Di 10.09. Gardasee Herrenrunde


    Mein Hinterreifen ist weiterhin Baustelle und droht mit den TWIs. Morgens meldet sich der Wirt bei mir, mit genauen Daten zu meinem geplanten Reifenwechsel: Es gibt einen CRA3 für mich, für 180 Euro, und für Bea einen Satz Michelin Road 5 für 290 Euro. Das sind vernünftige Preise für Italien. Leider ist der Termin erst um 15:30, so dass wir noch zwei Tage mit den Resten unserer Hinterreifen leben müssen. Um Profil zu sparen, fahre ich heute also nur kurz, und langsam, und schließe mich einer Herrenrunde an, die "Gardasee" als Ziel nennt.


    Morgens geht es den Kaiserjägersteig hinunter nach Levico, durch den Ort und dann über weitläufige Serpentinen nach Compet hoch. Das kommt mir gelegen, denn das Ortsschild ist auch ein Passknackerpunkt, den ich sonst in keiner Route hätte. Das Foto gönne ich mir, jax als Tourguide hat dafür Verständnis. Dann geht es westwärts den Berg wieder runter, was wesentlich verschachtelter und unübersichtlicher ist.



    Dann näher wir uns dem Gardasee vom Nordwesten und haben den obligatorischen Kilometer Stau vor dem Kreisverkehr. Wir fahren die östliche Uferstraße entlang und suchen uns ein Café.



    Fündig werden an einem Yachthafen mit Surfschule. Als wir den Kaffee schlürfen, mit Aussicht auf den See und übende Surfer, nach einer philosophischen Diskussion, fällt uns etwas auf: Hier könnte man doch eigentlich auch prima Mittag machen. Gesagt, getan: 3x Pasta, 1x Lasagne. Eigentlich zu viel, aber hey, ist ja Schontag heute.



    Weiter geht es zum Monte Baldo. Da war ich zwar gestern schon, aber heute geht es über die Hauptstrecke statt über die Weinberge. Deshalb, und wegen der anderen Fahrweise, dauert es gefühlt doppelt so lange, und ich werde etwas unruhig. Das gibt sich aber schnell wieder, als wir Café mit Aussicht ankommen, wo Schoko und Chips schnabuliert werden.




    Jax führt uns danach auf schnellstem Weg zum Hotel zurück - und da sind wir auch erst kurz nach 17 Uhr. Passt also! Ich darf noch sein Motorrad testen: Er hat die neue Kawasaki Versys 1000 SE in Kawa-Grün, ein beeindruckend großes Motorrad mit allem Schnick und Schnack. Ich scheuche sie die Bergstrecken bis zum nächsten richtigen Pass rauf und wieder zurück. Es fällt sofort auf, dass sie sich viel leichter fahren lässt, als sie aussieht. Sie wiegt sagenhafte 65 kg mehr als meine MT-09, ist aber keineswegs träge. Dafür fühlt sich alles etwas indirekt an. Das könnte aber auch an den Reifen liegen. Zumindest vorne würde ein Sportreifen sicher guttun. Ich fahre mal im Sport-Modus, mal im Tour-Modus, merke da aber auf die Schnelle keinen Unterschied. Der Schaltassistent ist rauf und runter super, nur in Schräglage beim Beschleunigen sollte man nicht raufschalten.


    Da Claudia schon morgen abreist, machen wir schon an diesem Abend das Gruppenfoto. Mein MO24-Kumpel Duck stellt sich als Fotograf zur Verfügung, er macht das schließlich öfters, und dann muss er nicht sein Gesicht ins Foto halten - er ist halt schüchtern. Die Idee zum Foto ist "Gediegener Debattierclub", da es draußen schon dunkel ist und weil es in der Garage nicht richtig hell wird. Das Ergebnis bringt den Charme des 1901 eröffneten und seitdem nur sorgsam modernisierten Hotels gut rüber.


    Mo, 9.9., Monte Baldo, Hochebene, Süden


    Heute fahre ich alleine die Monte Baldo-Runde, weil ich mich lang nicht so wirklich entscheiden kann, was ich machen will. Klar ist, dass das Motorrad dreckig ist, dass es gewaschen werden muss, und dass es auf Schotter wieder dreckig wird. Also wird es diese Route, denn sie hat den höchsten Schotter-Anteil. Aber zunächst geht es runter zum Etschtal, immer am Fels entlang und manchmal auch mitten durch. Das ist fahrerisch interessant und auch anspruchsvoll, und wenn man rumbummelt, hat man auch was von der Aussicht.



    Dann geht es schnell wieder hoch zum Passo Bordala und Passo di Santa Barbara. Das sind eindeutig Motorradstrecken, und ich habe diverse deutsche Motorradfahrer vor mir, die alle wesentlich langsamer sind, und die teilweise haarsträubende Linien fahren, als wäre es eine Einbahnstraße. Zum Glück muss ich mir das nie lange anschauen, denn der 3-Zylinder verwandelt im Handumdrehen die Gegenwart in Vergangenheit, wenn man rechts dreht und halbwegs dran vorbei zielt. Mein China-Navi findet einen drolligen Weg hoch zum Monte Baldo, nämlich über Sano durch die Weinberge.



    Dann führt die SP3 bekannt und genial in die Höhe.



    Erster Stopp ist Bocca del Creer / Monte Baldo, wo man klettern könnte. Ich fahre weiter zur Bocca di Navene, und das hat einen guten Grund:



    Ich genieße hier einfach zu gerne eine heiße Schokolade mit dieser unverschämt guten Aussicht auf den halben Gardasee. Als ich mich zur Weiterfahrt vorbereite, kommt eine 5er Motorradgruppe an, die ich heute schon gesehen, aber nicht überholt habe - sie sind glücklicherweise nach 2 km abgebogen, die ich um Motoröl anschnorre. Ich habe nix dabei, denn ich fahre schließlich Japaner, aber Samstag hat sich wohl der eine oder andere Tropfen verabschiedet, denn nun bin ich am Minimum, und da fühle ich mich nicht wohl angesichts 14 weiterer Fahrtage. Einer hat Öl dabei und gibt es mir, ein anderer braucht Kettenspray, das gebe ich ihm - leider ist meine Mini-Spühdose damit leer, und so habe ich einen Eintrag auf dem Einkaufszettel.


    Die Monte Baldo Höhenstraße fahre ich nicht bis zum südlichen Ende, sondern biege zuvor links ab und fahre via Avio zum Passo Fittanze della Sega. Erinnerungen kommen hoch an die Schlachten, die bei vergangen Höhenstraße hier geschlagen wurden: Als Guide dozierte ich oben am Pass, dass mein schöner Sportreifen in der letzten Kehre doch ein wenig gerutscht sei, worauf den restlichen Sportfahrern auf Tourenpneus alles aus dem Gesicht gefallen ist, weil sie seit der zweiten Kehre eigentlich quasi durchgehend am Rutschen waren.


    Diese Passhöhe ist eigentlich weniger ein Höhenübergang als ein –eingang, nämlich zu einer Hochebene. Es folgen nun reichlich Kilometer auf einem prima ausgebauten Netz als breiten Schotterstraßen. Sehr früh überhole ich dabei 2 Enduros, Transalp und F650GS. Mit einer MT-09 (nix Tracer), vorne Sportreifen, hinten abgefahrener Sporttourenreifen. Da grüßt man doch besonders freundlich. Die MT-09 liegt hier unerwartet ruhig. Ob's am breiteren Hinterreifen liegt, am niedrigeren Schwerpunkt oder dem geringeren Gewicht gegenüber der Versys 650 weiß ich nicht, aber ich bin echt angetan und traue mich bis zu Tempo 60. Und dabei habe ich noch Zeit für die tollen Aussichten.




    Auch den abwegigen Abzweig zum Monte Tomba nehme ich unter die Räder, obwohl bei Passknacker extra vor einer Befahrung mit Straßenmotorrädern gewarnt wird - es war schon steiler und unebener, aber nicht wild. Die Wirtschaft oben wird wieder betrieben, also müssen hier auch Autos hoch und runter - zum Glück kommt mir keines entgegen, denn die Fahrlinie würde ich mir schon gerne selbst aussuchen. Die Aussicht von hier ganz oben ist Klasse!




    Im weiteren Verlauf folge ich einem 4x4-Pickup, wie sie nun mal typisch für diese Strecken sind. Es tauchen auch sehr große Pfützen auf, die ich artig umfahre. Dann folgt wieder Asphalt, ebenfalls mit tollen Aussichten, und mit einer anderen Art von Fahrspaß.



    Weiter südöstlich besuche ich die beiden neuen Passknacker San Bortolo delle Montagne und Passo Santa Caterina, bevor ich mich wieder nördlich in Richtung Basislager orientiere. Die Uhr tickt, und das Navi schätzt 17:00 Uhr als Ankunftszeit. Das klingt gut, aber mit Pausen wäre es etwas knapp, da es ab 19:00 Uhr Abendessen gibt, und man will sich ja noch frisch machen. Den Punkt Roccolo Rossata fahre ich an, und nehme mir vor, ihn künftig auszulassen. Auch der Passo Zovo liegt eher in der Zivilisation als außerhalb und bringt wenig Flair mit. Das bringen danach Passo Xon mit seiner irren Kurvenführung und Passo di Campogrosso, wobei ich heute aus routentechnischen Gründen nur einen davon auf beiden Seiten fahren kann. Da die Nordseite des Passo di Campogrosso dauerhaft gesperrt ist (außer man hat eine Genehmigung), fällt die Wahl nicht schwer. Die Nordseite des Passo di Campogrosso führt übrigens fast durchgehend bergab und ließe sich daher auch ohne Motor hinabrollen - das wäre zwar rücksichtsvoll, aber genauso verboten.


    So oder so, man kommt zum Passo delle Fugazze, und dann zum Passo Xomo, trotz verwirrender "gesperrt bei Kilometer XY"-Beschilderung. Von hier nördlich zum Passo della Borcola hat man eine ganze Reihe von Kehren zu bewältigen, die mir heute richtig Spaß machen. Ende der Welt-Feeling und drohende Wolken sind eine nette Kombination für Abenteuer-Flair. Dazu wird es auch wieder ordentlich kalt. Andere Leute fahren dafür den Pordoi – ich habe hier noch mehr Kehren, aber die Straße für mich alleine.



    Über Serrada geht es endgültig zurück in Hotel-nahe Gefilde. Ich fahre sogar noch am Hotel vorbei, um die Yamaha zu waschen, und um sie dann wieder trocken zu fahren, sammle ich noch zwei Passknacker in der Nähe ein, nämlich den Passo del Cost und Spiazo Alto (viel besser bekannt als Kaiserjägerstraße).


    So geht ein schöner Solo-Fahrtag zu Ende. Das einzige, was etwas Sorgen macht, ist das verdampfende Profil am Hinterreifen. Der muss dringend neu. Freundlicherweise ist unser Hotelwirt bereits im Kontakt mit einem Reifenhändler, der sogar einen CRA3 für mich hat. Nur für die Mitfahrerin Bea sind wird noch am Feilschen: Er hat keinen BT-023, schlägt stattdessen einen Pirelli Diablo Rosso 3 vor - oha, das ist aber was ganz Anderes, und für die Dame sicherlich übertrieben. Ich lasse nach Pilot Road fragen.

    So 8.9. Lavarone


    Heute ist den ganzen Tag starker Regen bei eiskalten Temperaturen angesagt, und zwar von 8 bis 20 Uhr. Deshalb wird ein allgemeiner Ruhetag ausgerufen.



    Normalerweise ist mir Regen egal, aber nach dem TAg gestern spare ich mir das heute gerne. Ich bin ja noch lange genug unterwegs. Vormittags fahren drei Autos voller Motorradtouristen zum nahe gelegenen Forte Belvedere, einer Verteidigungsanlage aus dem ersten Weltkrieg. Wir sind gewarnt, dass es dort kalt ist, denn es war schon Ausflugsziel in einem der vorigen Jahre, und manch ein Teilnehmer hat sich dort einen Schnupfen eingefangen. Die Fahrt ist kurz, und dann muss man etwa 15 Minuten bei leichter Steigung zu Fuß den Berg hoch. Wir zahlen als Gruppe jeder 4 statt 5 Euro Eintritt. Dann ist man auch schon in der Anlage drin, die größtenteils oberirdisch angelegt ist. Sie ist ein Wiederaufbau, wird als Museum betrieben und ist daher sicher zu betreten.



    Es ist wie bei so vielen Weltkriegsbauten absolut bedrückend zu sehen, was damals los war. Man hat als Besucher schon nach einer Stunde ein beklemmendes Gefühl und will dringend wieder raus. So einfach war es für die damals dort stationierten Soldaten nicht. Die durften nicht raus, und sie waren auch nicht ganz freiwillig drin. Außerdem waren wir im Spätsommer dort, nicht das ganze Jahr über, es sind nur etwa 100 Leute drin statt über 2000, und vor allem schießt niemand mit 34 cm-Granaten auf uns. Glücklicherweise leben wir einer Periode, die von einer historisch beispiellos langen Zeit ohne Krieg gekennzeichnet ist. Möge sie noch lange dauern!


    Treffpunkt nach dem Rundgang ist die Bar, wo ich mich bei einem Tee aufwärme. Ich hätte ruhig noch mehr warme Sachen anziehen sollen, und die wasserdichten Motorradstiefel statt der luftigen Turnschuhe. Hunger macht sich bei Teilen der Gruppe breit, also laden wir zunächst am Hotel die übrigen Leute aus und machen uns dann, 14:40, auf die Suche nach einer Möglichkeit zum Essen fassen. Das klappt nicht so gut, alle Restaurants und Pizzerien schließen um 14:00 oder 14:30. Schließlich bekommen wir in einem Hotel immerhin belegte Brötchen. Dort an der Bar erleben wir den Anfang des Formel 1-Rennens in Monza. Es gibt ein großes Hallo, wenn ein Ferrari in irgendeiner Aktion beteiligt ist. Das Rennen ist ungewohnt ereignisreich, aber wir fahren trotzdem wieder ins Hotel. Ich will mich heiß duschen.


    Zurück am Hotel laufen sich zwei Trial Motorräder auf dem Parkplatz warm, die Robert freundlicherweise zusätzlich zu seiner Versys mitgebracht hat. Claudia und Mirko tragen Jethelme und lauschen gebannt den Anweisungen.



    Mir ist ziemlich kalt, ich will aber noch kurz nach meinem Motorrad schauen, vielleicht noch prüfen, wie fest das Lenkerendgewicht ist. Das ist ziemlich fest. Aber ich sehe Öl auf der rechten Motorseite am Schauglas außen? Oha! Es stellt sich heraus, dass das Sturzpad beschädigt ist. Es wird direkt auf den Motordeckel geschraubt. Da die mittlere Schraube nicht mehr wirklich festsitzt, mangels planer Auflagefläche, kann an ihrem Gewinde entlang Öl laufen. Gut, dass ich das gesehen habe. Bei näherer Betrachtung lassen sich die störenden Teile entfernen, und die Schraube könnte man ungehindert eindrehen - wenn sie nun nicht zu lang wäre. Der Blick schweift am Motorrad entlang, und bleibt an den Bobbins hängen (Montageständeraufnahmen an der Schwinge). Die haben ebenfalls M6 Innensechskantschrauben, und freundlicherweise sind sie genau passend kürzer. Fransjupp hat derweil aber auch schon ein Sortiment von Unterlegscheiben ausgepackt, aus dem ich mir hätte helfen können. Notfalls hätte auch eine Fahrt zum Baumarkt geholfen. Aber gut zu wissen, dass diese Sturzpads nicht der Weisheit letzter Schluss sind. Immerhin sind sie deutlich günstiger zu ersetzen als die Motordeckel, und die übrigen beiden Schrauben bieten einen Restschutz. Künftig kommen die Original-Motorschrauben zusätzlich mit.

    Sa 7.9. München-Brenner-Lavarone


    Die Nacht war nicht so erholsam. Das Frühstück fällt heute aus, ich kriege nix runter. Also geht es halb 8 schon los, auf in den Süden. Der erste Wegpunkt ist der Brennerpass, bzw. die Stadt Brenner, also neben der Autobahn. Danach kommen ein paar Punkte in den nördlichen Dolomiten, bei denen ich noch nie war, und die außerhalb der Tagestour-Reichweite des Höhentreffens liegen. 550 km gesamt sind geplant.



    Zum Start ist es heute früh richtig kalt und es ist Dauerregen angesagt. Ich ziehe alles an, was ich habe, und merke leider erst jetzt, dass Kombi, Stiefel, Helm und Handschuhe über Nacht in einem ungeheizten, aber gut gelüfteten Raum verbracht haben. Also schützt mich die Kleidung zunächst nicht nur vor der 5° kalten Luft, die mit 100 km/h drauf einprasselt, sondern sie nimmt zunächst auch meine Körperwärme auf, bis sie zumindest von innen warm ist. Insgesamt ist das auf einem Naked Bike nicht ideal.


    Die Strecke durch Deutschland ist unspektakulär. Ich habe keine deutschen Passknackerpunkte hier mehr offen, es geht auf schnellstem Weg südlich.


    In Österreich fährt man etwas gesitteter, und bald bin ich in Innsbruck. Ich komme gut vorwärts. Das Navi nennt mir die vorletzte Tankstelle in Österreich - der Tank ist eh bald wieder leer, und in Italien ist tanken teuer und nervig (oft nur Automaten die kein Wechselgeld geben).


    Mein Navi schickt mich trotz "Maustrecken (Vignette) vermeiden" auf die Brennerautobahn - ich meine aber, dass man dort nicht nur Streckenmaut bezahlen muss, sondern zusätzlich auch noch die Vignette braucht. Also wird umgeplant, was Zeit kostet und die Route verlängert. Den Ostteil der Route durch die Dolomiten halte ich mir als optional offen. Ich raste an einem Supermarkt, wo es ein Laugenbrötchen und einen heißen Kakao gibt - inzwischen ist mein Magen aufnahmefähig. Der Ort Brenner ist der einzige Passknacker in Österreich heute – ich hatte alles andere schon bei früheren Reise dieses Jahr erledigt. Das Wetter ist leider typisch Österreich…



    Kaum in Italien angekommen wechsle ich aus Zeitgründen auf die Autobahn. Vor der ersten Mautstation gibt es rund 5 km Rückstau. Nach der Mautstation überhole ich ein Motorrad, dass mir irgendwie bekannt vorkommt - richtig, den Typ kenne ich doch! Er erkennt mich auch, und wir winken uns eifrig zu. Wir haben heute das gleiche Ziel. Fortan folgt er mir unauffällig, auch als ich die Autobahn zwecks Passknacker-Route verlasse. Großes Hallo vor der Mautstation, und danach Abstimmung: Wir fahren zunächst mal zusammen los, und schauen dann wie es sich entwickelt.


    Mein erster Passknacker ist ein Gasthof auf 1730 Höhenmetern, die Kiener Alm. Schon kurz nach dem Verlassen des Tals haben wir Sonne, und sehen die Wolken plötzlich von der Seite. Wunderschön! Es wird auch warm! Die Sonne habe ich heute noch nicht gesehen, und gestern auch nicht wirklich.



    Der Weg zum Gasthof hoch ist in asphaltiert und breit, aber in schlechtem Zustand. Ich hänge meinen Mitfahrer deutlich ab. Logisch, ich bin ja auch mit Gepäck leichter als er ohne, und er hat 4 Koffer/Taschen, ich dagegen nur eine. Wir gönnen uns mittags eine leckere Speckknödelsuppe, und teilen uns dann auf. Ich will weiter knacken, er will mit dem Gepäck nicht so kleine Strecken fahren. Das kann ich verstehen - und wir sehen uns ja noch die ganze Woche.


    Ich fahre nun also alleine die Rodenecker Alm hoch. Das ist ein abgelegener, aber überraschend gut unterhaltener Pass nach Süden. Alles läuft gut, bis ich auf der Südseite schon am nächsten Berganstieg bei einem gemütlichen Kurvenausgang im zweiten Gang plötzlich eine 90° Schräglage einnehme. Eine spontane Betrachtung der Situation führt zur Feststellung, dass ich gerade mit dem Gesicht nach unten auf einer Holzbrücke liege. Nasses Holz ist wohl nicht sehr griffig. Ich habe ja schließlich Sportreifen montiert, und nicht Holzreifen. Eigentlich weiß ich sowas, ich war wohl gerade nicht wirklich bei der Sache und hier auf dem Holz mit der Kurve noch nicht ganz fertig. Kurzer Selbstcheck: Alles noch dran, nix tut nennenswert weh. Sogar die Regenkombi ist noch ganz. Das Motorrad liegt auf der rechten Seite - was schade ist, denn links lag sie ja beim Vorbesitzer schon. Ich kann sehen, dass der Handbremshebel komplett ab ist, weil der Lenker unterm Motorrad klemmt, und der Handprotektor ist völlig verdreht. Aber es sieht sonst alles gerade und vollständig aus. Sogar Topcase und Tankrucksack sind noch dran.



    Das müsste sich doch eigentlich retten lassen. Ersatzhebel habe ich schließlich immer dabei. Also zunächst Gepäck runter und von der Brücke getragen. Dann eine Minute gewartet, ob vielleicht jemand vorbeikommt, der mir beim Aufheben helfen mag - da kam aber keiner, es ist einsam hier. Das Motorrad liegt mit den Rädern leicht bergauf, also etwas über Kopf - ich versuche mich trotzdem alleine am Aufheben, Kraft meiner 75 kg auf 190 cm, und schaffe es tatsächlich. Ich habe zwar keinen Handbremshebel mehr, versuche aber trotzdem, reinzugriefen, als sie wieder steht. Ich habe auch vergessen, zuvor den Seitenständer auszuklappen. Ich stehe auf nassem Holz, und der Vorderreifen klemmt am Seitenteil der Brücke. Aber ich kriege das Motorrad gedreht und steige auf. Sitzend kann ich die Fußbremse benutzen, auch wenn der Hebel ein Wenig verbogen ist. Immerhin ist die Fußraste noch dran - davon habe ich je eine zuhause, wo sie mir wenig nützt, fällt mir gerade so auf. Das hintere Achs-Sturzpad hängt schief, weil sich die Gewindestange verbogen hat - da wurde also Kraft aufgenommen. Auch das Motor-Schutzpad (China) hat Gebrauchsspuren. Vom Handprotektor (China) ist leider die innere Aufnahme gebrochen. Ich habe aber Kabelbinder dabei, um ihm am Verdrehen zu hindern. Die Verschraubung am Lenkerende (Rizoma) sieht schief aus, aber sie hindert den Handprotektor noch am Verlorengehen. Das passt so.


    Ich fummle das Topcase runter und hole das Werkzeug raus. Dann demontiere ich den Topcaseträger, um unter die Sitzbank zu kommen. Dort löse ich den Kabelbinder, mit dem der Ersatzbremshebel an den Rahmen gezippt ist. Dann löse ich den traurigen Rest des abgebrochenen Bremshebels - dafür braucht man oben einen Schlitz-Schraubendreher, und unten einen 10er Schlüssel. Ich habe 6 verschiedene Schlüssel dabei, aber keinen 10er - was soll das denn? Ach, vermutlich habe ich den vorgestern zum Batteriewechseln benutzt und daheim liegen lassen. Glücklicherweise geht es aber auch mit meiner hochwertigen Zange. Alles wieder zusammenbauen und aufräumen, fertig. Danach kann man auch noch das zweite Brötchen aus der Bäckerei mampfen.


    So kann ich nun die Fahrt fortsetzen, und mit mehr Konzentration die restlichen vier Passknacker sammeln. Den weiteren Weg durch die östlichen Dolomiten habe ich gestrichen, was etwa 100 km spart. Es geht ab auf die Autobahn. Da es im Tal richtig warm und sonnig ist, fahre erstmals heute gänzlich ohne Regenkombi. Die Autobahn ist richtig öde und anstrengend mit einem Naked Bike, wenn man Versys mit Givi Airflow gewöhnt ist, aber die Aussichten im Etschtal entschädigen.


    Die letzten Kilometer geht es einen Pass hoch. Ich laufe nach dem Tanken (schon wieder!) auf einen Traktor auf, und kann wegen Kehren nicht sofort überholen. Dabei läuft eine R1200GS auf mich auf, die mich im nächsten Ort überholt. Italienisches Kennzeichen. Na, dann zeig doch mal, was du kannst! Weniger als eine Minute später stelle ich ernüchtert fest: Der kann nicht viel. Kurven schneiden wie ein Weltmeister, am Kurvenende wippt er lustig mit dem Kopf nach innen, und Schräglage kann er auch ganz ok - aber ich komme nicht nur mir, ich langweile mich, trotz Sicherheitslinie. Einen Transporter überhole ich 1 Minute später als er, und nach 2 Minuten bin ich wieder dran. Wow. Das kriegt er auch irgendwann mit und lässt mich passieren. Ich fahre ein paar Kurven oberes Wohlfühltempo, auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ich heute bereits einen Sturz hatte, und habe dann freie Sicht in den Spiegeln. Das sind so die kleinen Freuden des Bikerlebens ;) Dann ist Passknacker-Fotopause angesagt, er passiert, und wir winken uns freundlich zu.



    Auf dieser Strecke fährt man ständig auf oder neben einem nachträglich längs eingebauten Kanal, bzw. auf den Fugen zum Altbelag. Und, was soll ich sagen, bei allem Gemotze über das Fahrwerk der MT-09: Da fahre ich völlig entspannt rastenschleifend drüber und drauf rum, da arbeiten die Reifen, aber sonst passiert da gar nix!


    Und dann bin ich auch schon in Lavarone! Obwohl es Samstag, 17:50 ist, hat ein Supermarkt offen, und ich kaufe ein Sixpack Wasser für die nächsten Tage. Direkt am Hotel du Lac angekommen, wo das Höhentreffen jetzt schon das 3. Mal wohnt, gibt es ein freudiges Wiedersehen mit bekannten Gesichtern, und einige sehe ich auch das erste Mal. Wir sind mehr Leute geworden. Mein Begleiter vom Mittag ist auch schon angekommen. So beginnt dann der gemütliche Teil des Abends.


    Die Route heute waren 450 km, was bei Kälte auf der Naked ziemlich schlaucht. Der Windschutz ist so schlecht, dass sitzend oder stehend zu fahren nicht mal auf der Autobahn einen Unterschied macht.