Es geht beim Kettendurchhang weder um eine Glaubensfrage, noch um Plausibilität. Das ist normale Geometrie, die man ganz einfach berechnen kann. Aus dem Beitrag weiter oben über ein nicht zentriert gebohrtes SuperSprox Kettenblatt wissen wir schon, dass nur Bruchteile eines Millimeters ausreichen, um den Kettendurchhang deutlich zu beeinflussen. Wir dürfen also keine Näherungen einbauen, sondern müssen exakt rechnen. Zum Glück reicht dazu ein alter Grieche mit der bekannten Beziehung an einem rechtwinkligen Dreieck x²=a²+b².
Was wir brauchen ist ein Nachweis, ob der Abstand x zwischen der Ritzelwelle und der Hinterachse sich ändert, wenn das Hinterrad einfedert. Denn nur dann kann sich der Kettendurchhang beim Einfedern ändern.
Meine Prinzipskizze gilt für jedes Motorrad mit normaler Hinterradschwinge. Sie zeigt die Ebene des Kettentrums.
- Punkt A: Ritzelachse
- Punkt B: Schwingenachse
- Punkte C: Hinterachse
- Der Punkt Z0 ist nur ein Hilfspunkt, damit ich ein rechwinkliges Dreieck A|Z0|C1 bekomme und damit den Pythagoras anwenden kann. https://de.wikipedia.org/wiki/Satz_des_Pythagoras
Beim Einfedern bewegt sich die Hinterachse auf einer Kreisbahn von C1 über C0 bis C2, der gesamte Federweg f ist dabei der Höhenunterschied zwischen C1 und C2. Den halben Federweg bis zur Mittellage nenne ich h. In der Zeichnung habe ich die Neutrallage symmetrisch zu den Punkten maximal Ausgefedert und maximal Eingefedert angenommen. (Wenn die Neutrallage nicht symmetrisch zu den Endpunkten liegt, wird die resultierende Längenänderung nur größer, also ungünstiger.)
Für die MT09 setzen wir folgende Werte ein, gemessen an meiner Tracer:
- Abstand Ritzelachse A zu Schwingenachse B ergibt Abstand d = 90 mm
- Wirksame Länge der Schwinge Punkt B bis Punkt C1 (oder bis C0 oder C2) l = 535 mm
- Federweg aus Datenblatt f= 130 mm; damit wird h = f/2 = 65 mm
Den Pythagoras habe ich in der Skizze ausgerechnet, kann jeder nachrechnen. Als Ergebnis kommt raus, dass sich der Abstand zwischen Ritzel und Kettenblatt um 0,571 mm ändert, wenn das Hinterrad von C1 bis C0 einfedert.
Daraus kann sich jeder selbst ausrechnen, um wieviel sich der Kettendurchhang ändert, wenn das untere Kettentrum um 2x 0,571 mm länger wird. Das obere ist ja unter Last gespannt. Kleiner Tipp: Anstatt die Kettenlinie auszurechnen (dazu bräuchte man höhere Mathematik) kann man das untere Kettentrum aus zwei Geraden zusammensetzen und dann die Höhe des entstandenen Dreiecks bestimmen. Uns interessiert ja der Durchhang in der Mitte der Kette zwischen Ritzel und Kettenblatt.
Gruß aus Ulm
Chris