So 22.8. Vogesen Rundtour
Heute muss ich mal nicht früh raus. Heute hole ich mir den Schlaf, trotz Gammelhotel, und steht erst um 8 auf. Zum Frühstück gibt es Kekse. Und dann gibt es eine Tour ohne Gepäck 
Das Wetter ist wesentlich besser als angekündigt und die Pässe gleiten in den Köcher. Nur einer nicht, da haben sich Hobby-Rally-Fahrer mit sehr schönen Autos getroffen und fahren da jetzt der Reihe nach hoch. Man könnte jetzt sagen, illegales Autorennen, öffentlicher Grund, blabla, aber ich kann es ihnen auch einfach lassen. Rauf würde ich sie nicht aufhalten, aber ich müsste eigentlich auch wieder runter - das wäre nicht so clever. Ich gönne ihnen die Freude, das Hobby ist schwer genug auszuleben, und begnüge mich eben mit den 30+x anderen Pässen, die ich heute fahre.
Auf dem Weg zum nächsten Pass habe ich wieder Wild im Visier, aber dieses Mal sehe ich es frühzeitig und komme 20 Meter vorher zum stehen. Der Hirsch mit dem Geweih dahinter ist schlauer, sieht mich, und trabt im Wald an mir vorbei, um hinter mir die Straße zu überqueren. Straßenverkehr bleibt anscheinend Männersache. Ich will aber auch kein Geweih im Gesicht.
Unterdessen klappert mein Motorrad sporadisch. Beim nächsten Stopp gehe ich auf Ursachenforschung:

Voila, die Hupe hängt am seidenen Faden, bzw. am Kabel. Oben sieht man die Halterung, und die Schraube ist auch noch da! Den passenden Innensechskant habe ich dabei und so geht's schnell weiter, als wäre nie was passiert. Das war dann wohl die erste "echte" Panne mit der MT-09, ca. bei Kilometer 44800.
Heute ist Regen angesagt und ich verfolge das Regenradar. Vermutlich fange ich auf meiner Route den Regen zur Mitte der Route ein und bleibe dann ständig unter der Wolke. Ich beobachte auch den Himmel, und immer wenn Aussicht ist, wirkt sie dramatischer durch die Wolken.

Aber noch bleibe ich trocken! Mein Ansatz ist in solchen Lagen eigentlich, so lange ohne größere Pause weiter zu fahren, bis der Regen losgeht. Dann Pause machen und Alternativen prüfen: Warten, Ausweichen, Kürzen? Klamotten wechseln oder nicht? Aber zunächst weiterfahren - was man hat, hat man. Und oft sind die Prognosen pessimistischer als die Realität.
So geht's elegant über Nebenstrecken.

Irgendwann kriege ich aber Hunger und kann's kaum erwarten. Ich bin auch bald am südlichsten Punkt der Route angekommen und dann geht's los, ich fahre mitten durch die Regenfront, und das nur in Membrankleidung. Es hört noch vor der Passhöhe wieder auf, aber eigentlich müsste ich wieder zurück. Neee, das geht doch bestimmt auch andersrum, gell Navi? 15 statt 10 km zum nächsten Punkt, geschenkt. So geht es noch eine Stunde trocken weiter. Dann ist aber wirklich Zeit für Pause. Ich habe Appetit auf Waffeln. Es gibt aber nirgends Waffeln. Ich kehre ein bei einem netten kleinen Grill/Bar. Auch hier keine Waffeln, dann eben Salat mit Hähnchen. Die salzigen Snacks und die Getränke dazu vernichte ich zügig, da war wohl Bedarf. Die Pause tut gut, aber als mit Essen fertig bin und gerad bezahlt habe, geht es draußen so richtig los: Sturm und Regen, die Wassertropfen hüpfen von der Straße wieder hoch. Da gehe ich nicht raus
So warte ich noch 20 Minuten, was laut Regenradar nicht viel bringen sollte, aber dann hört es tatsächlich wieder auf und ich fahre weiter. Mit Regenjacke, vorsichtshalber, auch gegen die Kälte. So fahre ich bald wieder fröhlich Pässe knackend über die Lande.

Viele Orte erkenne ich wieder, aber die Route ist eine andere als früher. Das gefällt mir. Weniger gefällt mir, dass ich dann doch wieder 45 Minuten Regen habe
Auf dem Weg nach Norden schickt mich das Navi wieder über die Route des Cretes. Da war ich aber gestern schon, außerdem ist dichter Nebel und es ist kalt. Und dann steht da ein Schild, dass heute der Verkehr behindert wäre - Umleitung über Soultzeren. Das schaue ich mir am Navi an. Das gefällt mir. Das ist östlich vom Kamm, das Wetter kommt vom Westen. Et Voila, ich habe wieder Sonnenschein!


Ich schiele allerdings tatsächlich auch aufs Handy, was denn wäre, wenn ich die beiden letzten Passknackerpunkte weglassen würde? Das würde Zeit sparen. Aber ich habe Zeit. Ich habe sogar eine gute Zeit. Mir doch egal ob das jetzt mehr oder weniger Passknackerpunkte pro Stunde sind.
Zurück am Hotel bin ich wieder trocken geföhnt. Der Zimmerservice war nicht da. Es gibt eine kleine Katzenwäsche und dann als Abendessen Ungesundes auf dem Zimmer. Das kickt nicht richtig, und ich bin neugierig, darum fahre ich in die Altstadt von Colmar. Und das lohnt sich richtig:




Außer, wenn man in Nürnberg wohnt und Bamberg kennt, denn da sieht's fast genauso aus
Ich finde leider keine Crepes bzw. Waffeln, die scheinen im Elsass unpopulär zu sein - die haben ja Flammkuchen hier - und so lande ich bei einem Eis bzw. Sorbet, das wirklich sehr lecker ist. Und für meinen Körper irgendwie auch als Abendessen durchgeht.
334 km heute. Reicht auch mal zwischen zwei langen Tagen. Echt schön hier.
