Di 15.3.22 Nordost unter der Glocke
Heute war gutes, trockenes, warmes Wetter angesagt, aber trotzdem habe ich keine Fernsicht: Saharastaub!
Die Nacht fast gut. Mitten in der Nacht werde ich von Stimmen wach. Ich verstehe nichts. Es ist noch dunkel. Ich brauche eine Weile zu begreifen, dass die Stimmen portugiesisch sind und vom Flur her kommen. Die Zimmertür hält wohl nichts auf. Der Singsang der beiden Gesprächsteilnehmer klingt nach enttäuschter Teenager-Liebe nach der zweiten Flasche Vodka und der dritten Packung Taschentücher. Das können die ja gern machen, aber bitte auf ihrem Zimmer, und nicht vor meinem. Ich öffne wie ich bin die Hoteltür und gucke verschlafen, aber freundlich bis verwirrt raus. Man entschuldigt sich sofort, und 5 Minuten später ist Ruhe. Nett.
Beim Hotelfrühstück gilt wieder mal: Das ist alles bezahlt! Ich gehe nicht, bevor mir schlecht ist! So. Eingepackt hatte ich zum Glück vorher schon. Elegant geht's raus an der Tiefgarage. Es ist noch genug Sprit drin und ich kann direkt auf die Autobahn... und erwische hinter der Mautstelle fast die richtige Abzweigung. Egal, nächste Ausfahrt raus und wieder zurück. Wann kommt die? IN ZWANZIG KILOMETERN!? Toller Start in den Tag. Immerhin klappt der Trick mit dem schnellen Rausziehen noch immer.
Heute wird es nicht richtig hell. Entweder haben alle gleichzeitig ihre Gartenabfälle abgefackelt, oder es ist Wüstenstaub. Das ist schade, denn ansonsten ist prima Wetter heute 12-19 Grad und kaum ein Tropfen Regen.
Ich folge dem Fluss Duoro. Das wurde mir empfohlen, außerdem deckt es sich mit der schnellsten Route zwischen den Passknackerpunkten.
Es gibt sogar einen Aussichtspunkt.
Tja, leider ist heute nix los mit Fernsicht. Ich kann nicht mal bis ins Tal gucken. Aber Pause mache ich hier trotzdem. Eine lange Pause mittags, und eine etwas kürzere nachmittags. Es gibt Kekse und Iso-Wasser aus dem Tankrucksack. Ich komme gut voran und habe keine Schwierigkeiten, mit nichts.
Bei der zweiten Pause merke ich, dass ich die geplante Route heute wohl nicht schaffe. Also suche ich mir ein Hotel, am besten vor dem letzten Passknackerpunkt. Leider ist die Region so dünn besiedelt, dass sich da nichts findet. Also wird es ein Hotel weiter südlich, wo ich quasi gleich dran vorbeifahre, und danach wieder zurück. Insgesamt ist es aber trotzdem noch kürzer als die Route zu Ende zu fahren und danach etwas zu suchen. Ich werde langsam müde, und Sicherheit geht vor.
Auf dem Weg zu den letzten beiden Punkten werden die Straßen schlechter. Sie bleiben angenehm breit und die Radien eigenen sich auch für hohes Landstraßentempo, aber die Oberflächenbeschaffenheit lässt es wie eine schlechte Idee erscheinen, hier zu viel zu versuchen. Also gehe ich es gemütlich an. Auf dem Weg zum letzten Punkt kommt mir heute das erste Motorrad entgegen: Ein im Stehen fahrender Endurist. Der Punkt selbst ist eine Sackgasse, und warum, erfahre ich auch gleich:
Jjippie, ein Troposcatter! Das war im Kalten Krieg ein NATO-Kommunikationsnetz. Diese Stationen stehen immer auf hohen Bergen in ganz Europa. Die sollten eigentlich alle Passknackerpunkte sein. Dieser hier steht aber nicht in der Liste, nanu? Vielleicht doch kein NATO-Altsystem?
https://de.wikipedia.org/wiki/ACE_High
Heute wars eine Tour in unwirklicher Landschaft mit der Staubglocke und 1 km Sicht, aber ich kam gut voran. Abgesehen davon, dass ich morgens in die falsche Richtung auf die Autobahn aufgefahren, das waren 40 km Umweg. Morgen folgt der letzte Punkt und dann geht's schick zurück. Das Motorrad ist unfassbar dreckig, und auch an meinen Klamotten hängt Sand. Ebenso hat sich das alte Sena vom Staub gestört gefühlt und sich selbst bedient, was ich durch den Wechsel zum neuen Sena kompensieren konnte.
Die Nachbereitung verläuft erfreulich wie im Plan. Die Detailplanung lohnt wirklich. Damit hätte ich früher anfangen sollen. Abendessen gibt's zur Feier der letzten Übernachtung in Portugal heute im Restaurant. Wenn man im Restaurant essen gehen will, aber kein portugiesisch kann, geht man halt zum Italiener... denn da kommt man mit Italienisch halbwegs durch. Aber der "Italiener" spielt da nicht mit. Stellt sich raus, der kann Französisch. So schalte ich mal eben auf zwei Länder weiter um, genieße Spaghetti Carbonara, Mousse au Chocolat. Mit Softdrink und netter Unterhaltung dazu 12 Euro - läuft. Essen ist eher günstig in Portugal.
Morgen ist nach 73 km der erste Punkt gleichzeitig der Landespreis Portugal! Dann ist es geschafft und es beginnt die Rückreise. Mit den Optionen kann ich mich im weiteren Verlauf des Abends beschäftigen...
8 Passknacker und 468 km heute
Rangliste Platz 7 von 112
2063 km nach Hause, 450 km hinter Plan
98,6% von Portugal (70 von 71)