Mi 9.3.22 Süd-Portugal, Algarve
Gestern Abend habe ich im Hotel noch die Fernsteuerung für die Klimaanlage gefunden und hatte damit eine Heizung! Eine sehr warme Lüftung, die mir im Bett ins Gesicht bläst, um genau zu sein. Abendesse war Pizza Schinken Speck Würstel mit Getränk für 10 Euro, in einem zugigen Außenzelt. Die Kohlenhydrate konnte ich gebrauchen.
Beim Frühstück gab's kein Nutella Der Tag konnte ja nichts werden. Aber der Reihe nach: Es ist trockenes Wetter angesagt mit bis zu 18 Grad heute. Darauf freue ich mich schon sehr lange. Nach dem Frühstück laufe ich in Motorradkombi mit Tankrucksack die 400 Meter zur Tiefgarage, bezahle mittels Voucher von der Hotelrezeption, und starte in die Tour - nein, ich tanke erst, hier ist eine Supermarkttankstelle im Ort. Üblicherweise sind das die günstigsten. Ich starte erstmals in diesem Urlaub ohne Regenkombi und ohne Heizweste! Ein echter Meilenstein.
Die Route führt mich zunächst 113 km stumpf nach Süden. Anfangs gerade Hauptstrecke, Kreuzungsfrei und flüssig zu fahren, kommt danach Bergland mit der dazu nötigen Trassierung. Aus Rücksicht auf Motorradfahrer geht es also wenig geradeaus. Der Straßenzustand schwankt zwischen 1 und 2. Die Fahrbahn- und Fahrspurbreite erinnert an deutsche Autobahnen. Und es ist nichts los. Hier kann man sich also ungestört frei entfalten, z.B. auf der ER124. Wer schon mal in Sardinien war, fühlt sich daran erinnert, inkl. Überhöhung der Kurven. Traumhaft!
Bemerkenswert ist dann noch ein Luchs-Schutzgebiet. Besondere Beschilderung, Tempo 50, doppelte Zäune auf beiden Seiten der Straße und die bisher einzige Anzeige "Sie fahren xyz km/h" in Portugal.
So geht das die erste Hälfte der Tour nett immer weiter. Mittags hatte ich mir auf ausdrücklichen Rat eines Forenusers einen Wegpunkt direkt an die Küste gelegt, und wenn ich schon mal hier bin, sollte ich da ja auch wirklich hin. Außerdem muss ich ja irgendwo Mittag machen. Meine Befürchtung, auf einer Partymeile zu landen mit deutschen Bierbäuchen und verzweifelten russischen Oligarchentöchtern, denen das Nasenpuder ausgeht, weil ihre Kreditkarten nach dem SWIFT-Rausschmiss nicht mehr funktionieren, hat sich nicht bewahrheitet. Hier sind ein paar andere Touristen, aber vor allem Portugiesen, und der Parkplatz ist 90% leer. Und der Strand nicht weniger schön. Zeit für Schokoriegel und Würstchen!
Dabei fliegt eine Möwe sehr dicht an mir vorbei. Klar, die will ja auch Schokoriegel und Würstchen. Aber nicht von mir, ätsch! Die nächsten Punkte liegen deutlich westlich. Die mautfreie Strecke ist verkehrsreich, mit durchgehendem Überholverbot, vielen Kreuzungen und oft auch baulicher Trennung der Fahrspuren. Also ganz schön öde. Ich tanke noch und kaufe ein, danach schwinge ich mich auf die mautpflichtige Autobahn, in der Erwartung, dass ich dafür bezahlen werde. Tja, nö. Das ist so eine elektronische Mautgeschichte, ohne Mautstationen. Ich nehme mir vor, abends nachzuschlagen, wie das geht.
Der erste Passknackerpunkt der zweiten Tageshälfte, Espinhaco de Cao, liegt genau da, wo die Autobahn aufhört, also an der Hauptstrecke. Das macht sie zwar nicht weniger schön, aber etwas Verkehr ist hier schon. Einer davon ist ein Einheimischer auf einer Royal Enfield, die ich andächtig verfolge. Er kann's kaum glauben und guckt alle drei Sekunden in den Spiegel Dann bin ich auch schon am Punkt und mache Pause, denn das waren jetzt schon wieder 60 km.
In der nächsten Stadt biege ich rechts ab, zurück ins Hinterland, und habe die Straßen wieder fast für mich alleine. Hier ist alles etwas robuster und rauer. Die EN267 lockt wieder mit Traumradien und -landschaft, hat aber Bodenwellen im Kurvenbereich in Petto, die die Yamaha und mich doch aus der Ruhe bringen. Wenn dabei die Fußraste aufsetzt, weiß man: Bis hier hin und nicht weiter. Man nehme eine halbe Kohle aus dem Feuer. Apropos: Der nächste Punkt heißt Foia *badumm-tss* und das hier ist die Aussicht auf der Südwestseite:
Es ist schon sehr cool hier. Auf der Nordostseite ist die Straße enger und holpriger, bis man wieder auf die EN266 einfädelt. Überall wachsen Zitronen.
Dann kommt auch schon der letzte Wegpunkt heute, Portela das Corchas. Das ist der vermutlich einzige Passknackerpunkt, der in einer Senke liegt. Links eine Ruine, rechts Gestrüpp, irgendwo später eine Kreuzung, kein Schild. Ich verrichte mein Geschäft, mache danach Pause, bin irgendwie fertig für heute und fahre weiter. Es sind noch 127 km und es ist bereits 16 Uhr. Ich bin hier übrigens in einer anderen Zeitzone, daher geht die Sonne heute früher unter als vorgestern. Also wundert euch nicht über die späteren Berichte, mein Arbeitsvertrag richtet sich nach Ortszeit
Der Weg zurück nach Beja zieht sich echt. Leider sind die letzten 100 km der Strecke auch einfach öde. Sehr breite Bundesstraße, kreuzungsfrei, Beschleunigungs- und Verzögerungsstreifen. Es ist ein Wenig Verkehr, aber alle lassen mich vorbei bzw. gibt es genug Überholmöglichkeiten. Es gibt aber keine Pausen- oder Rastplätze. Und auch kein taktisch nutzbares Gebüsch, denn mein Flüssigkeitsstoffwechsel läuft endlich wieder. Die letzten Tage habe ich zu wenig getrunken, weil mir kalt war, und weil noch kältere Getränke da richtig schwer runter gehen.
Wenigstens muss ich heute kein Hotel suchen, ich bin ja im gleichen wie gestern. Ab ins Parkhaus, 400 Meter laufen, umziehen, sammeln, Verwaltung. Dann der Schock: Warum habe ich nur 7 Passknackerfotos, ich war doch heute bei 8 Passknackerpunkten? Scheiße! Es fehlt der allerletzte. Die Ruine in der Senke vor der öden Rückreise. SEUFZ. Nach dem vorherigen Punkt habe ich nur den Zitronenbaum fotografiert, aber leider zu schnell, als dass das Handy schon GPS drin hätte. Den findet man nicht einfach so in Street View, falls es das auf diesen Ministraßen überhaupt gab. Inzwischen habe ich einen Draht zum Passknackersuperadmin und lege ihm mein Problem dar. Nach eingehender, aber unkomplizierter Prüfung kommt er zum Schluss: Na gut! Puh, da hatte ich Glück.
So, und was war jetzt mit dieser Maut? Elektronisch online kenne ich aus Italien, da kann man sich nachträglich registrieren, da stehen auch extra Schilder mit der Domain. Nicht so in Portugal! Da steht ein Schild mit einem Auto drauf, einem Eurozeichen und Funkwellen, und das heißt, wer hier ohne VORHERIGE Registrierung oder Transponder durchfährt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Es gibt keinen vorgesehenen Weg, das wieder gut zu machen durch nachträgliche Anmeldung. Ich versuche mich wenigstens für zukünftige elektronische Maustrecken anzumelden, aber die Webseite mag keine meiner drei Kreditkarten. Oder sie erwartet die Eingabe in einem bestimmten Format. Nicht registrierte Nutzer werden gefilmt und kriegen einen Kostenbescheid nach Hause, inkl. Zusatzgebühr. Wer nicht zahlt, kriegt noch eine Strafe oben drauf. Die Maut kostet übrigens zwischen 50 Cent und 2 Euro je Ausfahrt, und andere Ausländer hatten mit der Verwaltung dazu ebenfalls schon viel Spaß, weil ausländische Nummernschilder oder Bankverbindungen nicht in allen Teilsystemen vorgesehen sind. Da kommt also noch was auf mich zu, und ich vermeide diese Strecken jetzt eben so gut ich kann. Es gibt auch "normale" Mautstrecken mit Schranke und Ticket usw., das wäre ja okay. Mein Navi kann aber nicht nur eine davon vermeiden, sondern alle oder keine. Das heißt für mich zusätzlicher Planungsaufwand und irgendwann böse Post daheim.
Okay. Dann wäre da noch der Hunger. Es ist spät, jetzt nichts kompliziertes. Was ist das näheste? Pizzeria. Hatte ich gestern. Asia? OK! Es wird Garnelenspieß und Sushiteller für 11 Euro, Takeaway. Besteck habe ich dabei. Danach kann sich auch keiner beschweren, dass es im Hotelzimmer nicht frittiertem Seafood riecht. Morgen geht's Richtung Lissabon.
8 Passknacker und 475 km heute
Rangliste Platz 12 von 79
2498 km nach Hause, 81 km vor Plan
16,9% von Portugal (12 von 71)