"Live"-Reisebericht 2021 Spanien, Portugal?, Frankreich

  • #1

    Live-Bericht? Naja, tagesaktuell. Ich reise alleine und habe abends niemanden zum vollquatschen. Ich habe aber auch keine Zeit für Bildbearbeitung oder aufwändige Bildauswahl von Serienaufnahmen der mitlaufenden Gopro. Da müsst ihr jetzt leider herhalten mit meinen Notizen. Immerhin wurde ich danach gefragt. Im Nachgang gibt's ne "schöne" Version, versprochen.


    Motivation der Reise:


    Im Jahre 2021 wollte ich eigentlich die Passknacker-Landespreise für Spanien und Portugal machen. Im Herbst 2020 gingen in beiden Ländern die Corona-Fallzahlen durch die Decke, in Portugal kam es zu einer derartigen Überlastung des Gesundheitssystems, dass sogar die deutsche Bundeswehr zur Hilfe gerufen wird. Beide Länder, und Frankreich, das halt am Weg liegt, haben Lockdown-Maßnahmen ergriffen, die im Vergleich zum Deutschen Lockdown unerträglich drakonisch klingen. Landesweit Ausgangssperre am 19 Uhr. Kein Verlassen der Wohnung ohne Dokumentation des Grundes. Dabei maximaler Bewegungsradius rund um die Wohnung von 10 km, oder halt Landkreisgrenze. Auf die Idee, Hotels zu schließen, ist aber niemand gekommen. Dass reisende Privatpersonen sich private Unterkünfte organisieren könnten, wo die Hygieneregeln schlechter eingehalten und gar nicht überwacht werden können, auf den Gedanken kam in Deutschland wohl noch niemand. Portugal hat sogar die Einreise von Ausländern komplett untersagt. Im Frühjahr 2021 zeigten diese Maßnahmen dann allmählich Wirkung (außer in Frankreich), und ein Hauch von Öffnung liegt in der Luft. Ich habe meinen Urlaub aber schon im Januar eingereicht, und das sind halt 3 Wochen im April, und denn muss ich auch nehmen, weil es Resturlaub aus 2020 ist.


    Ich bin inzwischen auch weichgekocht genug von eigenen Einhalten aller Regeln und vielem Freiwilligen darüber hinaus, und dem Gegensatz zur Welt um mich herum, wo viele jede Regelungslücke maximal ausnutzen, dass ich jetzt Mal 3 Wochen auch nur dem Wortlaut der Gesetze entspreche, wenn sie mir gerade nicht in den Kram passen.


    Der ursprüngliche Plan (1) waren 2 Touren zu je 3 Wochen:


    1. Durch Frankreich auf eigener Achse, quer durch Spanien, nördlich an Madrid vorbei, und dann Portugal von Nord nach Süd runter. In Portugal hätte mich jemand begleitet, daher gemütliche 350 km-Tagesettappen. Vom Südzipfel Portugals aus entlang der Gebirge in Südspanien nach Osten, insbesondere Andalusien, und im Südosten dann das Motorrad stehen lassen und heim fliegen. Dort 2 Monate arbeiten, und dann zurück fliegen, Motorrad aus dem Parkhaus oder Hotel ziehen, und:


    2. Einmal diagonal durch die iberische Halbinsel nach Nordwesten, dann Nordspanien entlang Richtung Pyrenäen. Dann die Pyrenäen abgrasen, und durch Frankreich auf eigener Achse zurück.


    Plan 1 war schon hinfällig, als der Mitfahrer abgesagt hat. Dass man sich in Spanien nicht bewegen darf, hilft auch nicht. Durch Frankreich kommt man vielleicht noch durch, aber dann? Tja, dann fragen wir doch mal jemanden, der sich damit auskennt, und seit Jahren den Winter in Spanien verbringt, zwecks Surfen und Motorrad fahren: Hier ist alles normal. Am Wochenende wird auf Motorradstrecken kontrolliert. Durchreise ist erlaubt. Dann fragen wir zwei französische Motorradfahrer: Einer sagt alles verboten, der andere sagt jeder macht was er will. Okay, damit kann ich arbeiten.


    Okay, da ermöglicht Plan 2: Ich fahre einfach da runter und schau mal wie weit ich komme. Darf ich durch Frankreich durch? Die staatliche Webseite auf englisch sagt ja, die staatliche Website auf französisch schweigt sich aus. Darf ein EU-Land überhaupt einem EU-Bürger die Durchreise verwehren? Ich denke nicht. Dann ist der Fall doch klar: Frankreich muss mich nach Spanien lassen und Spanien muss mich nach Portugal lassen. Portugal lässt mich zwar im Moment nicht rein, aber die Regelung gilt im Moment nur bis 14.4. - das passt, so schnell komme ich da unten nicht an. Jetzt muss ich noch hoffen, dass die lokale Polizei meiner Argumentation folgt, was auf der Autobahn vermutlich besser gelingt als auf der hinterletzten Passstraße, oder auch, noch lieber genommen, dass mich einfach keiner fragt.


    Plan 3, ich fahre mal so weit es geht und wenn es nicht mehr weiter geht, dann fahre ich woanders hin. In der Schweiz ist so ziemlich alles offen, und die kommen auch nicht viel schlechter als wir durch die Pandemie. Da darf man auf dem Landweg sogar ohne Test einreisen. Allerdings ist das Wetter genauso schlecht wie in Deutschland und auch sonst wäre es schade um die drei Wochen Urlaub.


    Plan 4, ich verbringe 3 Wochen "ganz normalen Urlaub" in einem Land, das Corona in den Griff bekommen hat, wie Japan, Australien, Neuseeland, Israel, scheitert an deren Einreiseregeln: Die lassen aus der EU niemanden rein. Auch nicht mit Test oder Quarantäne. Island würde mich reinlassen mit 1 Woche Quarantäne, aber April ist leider echt zu früh im Jahr für Island. Thailand wäre denkbar gewesen, auch weil es ein potentielles Ziel für meinen Ruhestand ist, aber dafür hätte ich mich gerne vorbereitet.


    Nach reiflicher Überlegung wähle ich Plan 2, vor allem weil er den geringsten Planungsaufwand hat und weil ich viel selbst entscheiden und bestimmen kann, z.B. keine Abhängigkeit von Airlines, Veranstaltern, usw.

  • #2

    9.4. Reisevorbereitung


    Frankreich, Spanien und Portugal fordern bei der Einreise einen Coronatest aus dem Labor, der maximal 72h alt ist. Das ist ihr gutes Recht und völlig sinnvoll. Nur ist es unpraktisch, wenn man 24-48h auf sein Testergebnis warten muss und nicht in Deutschland auswärts übernachten kann/darf. Na dann, terminiere ich den Coronatest auf Freitag Mittag und hoffe, dass er bis Samstag vorliegt. Hoffentlich arbeiten die überhaupt am Wochenende? Tatsächlich kommt er schon am Freitag spät abend.


    Frankreich hat eine Corona-App. Sie tut das gleiche wie deutsche, aber zusätzlich muss man vor dem Verlassen der Wohnung einen Grund eintragen. Dann erhält man einen QR-Code. Bei den Gründen ist "Transit" nicht dabei. Ich nehme das nächstbeste: Umzug. Ein französischer Kontakt hätte das auch so gemacht.


    Die Tour ist insgesamt ca. 10000 km lang. 3 Wochen Urlaub plus die Wochenenden macht 23 Fahrtage, rechnerisch 434 km jeden Tag. Das ist zu schaffen, besonders in Südeuropa, außerdem sind es ja nicht nur Pässe, sondern auch Überführungsetappen. Rechnet man 4 Tage An/Abreise mit je 600 km, sind es sogar glatte 400 km am Tag. Das sollte wirklich zu schaffen sein. Für die Wege durch Frankreich habe ich Routen vorbereitet über Pässe in verschiedenen Mittelgebirgen, bei denen ich noch nie war. Der Passknacker pflegt das Lebenswerk ;)


    Motorradmäßig ist klar die MT09 gesetzt. Die ist mein Motorrad für Straßentouren in Südeuropa. Sie hat inzwischen einen seriösen Topcaseträger bekommen und eigentlich auch einen größeren Tank (18 statt 14 Liter), aber der Lackierer ist nicht rechtzeitig fertig geworden. Ich warte seit November, mit Unterbrechungen und viel Fahrerei, aber das ist eine andere Geschichte. Als Notbehelf ist ein 1 Liter-Kanister im Gepäck. Nicht, weil 15 statt 14 Liter so viel Unterschied macht, sondern weil ich mich sonst nicht wirklich traue, die 14 Liter zu nutzen, und echte Probleme kriege, wenn ich es doch versuche und dann eine Tankstelle geschlossen hat. Siehe auch Sardinien 2020. Auf die Räder kommt hinten ein frischer CRA3 und vorne bleibt halt drauf, was schon drauf ist, ein angefahrener Pilot Power, von dem ich nicht mal weiß, wie lange er schon drauf ist. Der hält sicherlich nicht durch. Der hintere aber auch nicht. Vielleicht haut's ja gleichzeitig hin? Das Netz auf dem Sozius wird ersetzt durch eine Tasche, und zwar einen Tankrucksack. Da ist Regenkleidung und Technik für Pannen drin, z.B. Werkzeug, Teile, Kanister. Der Teil bleibt nachts im Topcase. Im erweiterbaren Fach kann ich Einkäufe verstauen.


    Das besondere an dieser Reise ist dass nichts gebucht oder geplant ist. Ich habe im Voraus Tagesetappen geplant und mich in die Coronaregeln dreier Länder reingelesen, das war's. Wo ich wirklich rein komme, sehe ich, wenn ich davor stehe. Also einfach los!


    WICHTIG - HYGIENEREGELN! Reisende sind potentielle Superspreader. Ich schütze ich mich und andere maximal mit Maske, Abstand, Hygiene - und lüften (Hotelzimmer vor und nach Bezug). Möglichst nichts anfassen was nicht euch gehört. Ich gehe auch in kein Restaurant, obwohl die Außenbereiche offen sind, und nicht jeden Tag in den Supermarkt. Ich mache mehr als verlangt wird, und ich mache mehr als Einheimische. Es ist nicht nur mein Risiko! Zurück daheim wieder Test, eine Woche Quarantäne und noch ein Test. Falls das nicht schon Gesetz ist, mache ich es halt freiwillig, weil es sinnvoll ist.

  • #3

    10.4. Nürnberg-Nach Frankreich? Dann Besancon oder Lyon oder Jura oder so?


    Start ist schließlich um 10 Uhr. Ich bin gut drauf und muss mich zusammenreißen, nicht schon zu fahren, als wäre ich bereits in Frankreich. Auch der Spritverbrauch würde es mir danken, wenn man nicht zu doll über 130 fährt. Das erste Mal geht der Reserve-Zähler an, da bin ich noch auf der A6 kurz vor Künzelsau. Die nächste Tankstelle ist in einer Ortsdurchfahrt, was kann da schon schief gehen? Kurz runter von der Autobahn und da ran gefahren. Okay, sie hat geschlossen. Aber es gibt eine Automatensäule. Ich zählen sagenhafte 3 Kartenschlitze an diesem Automaten, und kein einziges VISA/Giro oder sonstwas-Zeichen. Au weia. Ein Einheimischer, der partout keinen Abstand halten möchte, klärt mich auf, dass "EC"-Karten funktionieren. Tatsächlich klappt das dann auch. 13 Liter fließen in den 14 Liter-Tank, ein halber Liter tröpfelt hinterher.


    Fertig getankt, Blick aufs Navi: Hey, auf dem Rückweg zur Autobahn liegt ja fast ein Passknackerpunkt! Waldenburg. Den nehmen wir doch mal mit, Abwechslung tut Not. Das Navi findet schnell einen Weg, aber kuriose Schildern kündigen eine Sperrung an "Mit Schranke!". Eine Umleitung ist mal wieder nicht vorgesehen, Hauptsache uns fährt keiner vorm Haus vorbei, fahrt ihr mal alle Umwege, wenn ihr welche findet, und dabei mehr Leuten vorm Haus vorbei. Ich bin Deutschland müde. Aber dann ein Lichtblick.




    Na gut, ich bin versöhnt. Die Kurvenstrecke da hoch ist auch nett. Die beladene MT09 nimmt die Kehren bequem im dritten Gang. Foto eingetütet und wieder auf die A6. Heute ohne Staus, aber wie immer mit Baustellen ohne Ende. Später mal links abbiegen, auf die A5 - jetzt geht's nach Süden und es sind schon 18°! Zeit für eine Pause und die Regenjacke kann ich jetzt auch ausziehen. Beim nächsten Tankstopp kaufe ich mir zwei Brezen und Süßgebäck. Noch eine Pause später esse ich eine halbe Breze. Das war das Mittagessen. Auf Tour brauche ich wenig. Vielleicht geht meine Coronawampe in diesen 3 Wochen ja weg.



    Die Einreise nach Frankreich gelingt fast beiläufig. Kein Stau, keine Engstelle, keine Kontrolle. Das war ja einfach! Die Straßen sind ziemlich leer. Ein wenig bedrückend wäre das schon, wenn nicht die Natur hier gerade aufblühen würde. Schnee in Deutschland, blühender Raps in Frankreich. Und ich mitten drin. Wundervoll.


    Hinter einer Mautstation mit zwei Spuren steht dann doch Mal die Polizei, dahinter 2 Lieferwagen. Ich wähle die freie Spur, bezahle, und fahre dann äußerst langsam vor, Suche Blickkontakt. Ein Lieferwagen mit Nummerschild Estland fährt rechts ran, der ist wohl noch nicht fertig. Ich werde beiläufig vorbei gewunken.


    Wieder mal zum Tanken verlasse ich die Autobahn. Die Tankstelle ist mitten in einer Kleinstadt. Hier ist augenscheinlich unverminderter Betrieb. Die Motorradfahrer grüßen, alles eigentlich wie immer. Ich hatte Bedenken, mit dem deutschen Nummernschild negativ aufzufallen, aber ich bin nicht der einzige und es scheint sich auch keiner drum zu kümmern.


    So langsam muss ich entscheiden, was ich mit dem restlichen Tag machen möchte, und wo ich nächtige. Ab 19 Uhr ist Ausgangssperre, dann sollte man ein Hotel gefunden haben. Unter Berücksichtigung der Wettervorhersage, ab morgen Mittag Regen, will ich noch Strecke machen. im Süden regnet es wärmer. Ich buche mir also per booking ein Motel zwischen Dijon und Lyon, wo ich laut Navi 45 Minuten vorher ankomme.


    Da Autobahn auf Dauer nicht nur langweilig sondern auch teuer ist, nutze ich in Frankreich gerne hier und da mal eine Bundesstraße, besonders wenn sie diagonal zu rechtwinkligen Autobahnen verläuft, also auch noch kürzer ist. Es sind ein paar kleine Ortsdurchfahrten dabei, aber das stört mich nicht. Im Gegenteil, mir geht das Herz auf. Ich finde es einfach schön in Frankreich. Oder ich finde es schön, in Frankreich zu sein. Der Unterschied ist mir gerade egal. Und dann kommt diese Pausengelegenheit, aber hallo!




    Im Zielort, aber noch nicht im Hotel, sehe ich einkaufende Menschen und denke mir, ich habe mein Abendessen schon! Aber moooment, es ist Samstag. Sonntags shoppen ist schwierig, auch in Frankreich. Und der Tank ist zwar noch halb voll, aber warum sollte ich morgen früh mit einem halb leeren Tank starten? Es folgt also ein Besuch beim Supermarkt und Tankstopp Nummer vier heute. Bei der Ausfahrt schenkt mir ein Clio mit Tempo 5 von rechts die Vorfahrt, dabei räumt mich aber fast ein 2CV von links ab, der erstaunlichem Tempo um die Ecke kam. Die französische StVO lässt eine große Bandbreite zu.


    Im Zusammenhang mit Supermarkt fällt mir auf, dass ich kein Besteck dabei habe. Somit kann ich schlecht warmes Essen ins Hotel mitnehmen oder liefern lassen. Auch eine 12V-Steckdose würde sich gut machen zu meinem 12V-Kompressor. Naja, Details. Das Hotel ist ein schlichtes Massen-Motel wie es sie in Frankreich zuhauf gibt. 10qm 45 euro, wahlweise Doppelbett oder Doppelbett plus Einzelbett. Das Einzelbett ist ein Hochbett, taugt also kaum als Ablagefläche. Es ist nicht gelüftet, aber sauber. Passt. WLAN stark, aber langsam, naja, es gibt ja LTE. Die Dame an der Rezeption im Hotel und an der Supermarktkssse tragen Maske, zwei andere Kunden im Hotel nicht :(


    675 km heute, trocken 12-18°. Für Morgen ist Regen angesagt, spätestens ab Nachmittag. Der Coronatest von Freitag 13:30 in Deutschland gilt noch bis Montag 13:30 für die Einreise nach Spanien. Das sollte ich schaffen, wenn ich morgen keine Umwege fahre. Das Passknacker Lebenswerk kann ich auch am Rückweg pflegen. Primärziel ist der Passkacker Landespreis Spanien. Passkacker Landespreis Portugal wäre ein nettes extra. 2021 wäre auch der Passkacker Landespreis Schweiz denkbar - dafür kann ich am Rückweg vorsorgen mit ein paar abgelegenen Punkten im Süden der Schweiz. Heute habe ich drauf verzichtet, weil die Priorität auf Spanien liegt.

  • #4

    11.4. Südfrankreich, nah die spanische Grenze ran? vermutlich Regen


    Tagesziel ist heute möglichst nah an die spanische Grenze zu kommen, damit ich Montag vor 13:30 drüber kann - denn dann wird mein deutscher Coronatest 72 Stunden alt. Ich habe die erste Nacht in Frankreich nicht SO toll geschlafen, aber die Sonne geht auf und die Yamaha ist noch da - was will man mehr? Ich bin zwar schon um 6 wach, wenn man offiziell wieder vor die Tür darf mit einem triftigen Grund, aber irgendwie ist es mir da noch zu kalt. Also gemütlich packen und die Optionen peilen. Von Westen her zieht ein Regengebiet rein. Westlich vom direkt Weg hätte ich einen Cevennentour geplant, aber wie schon geschrieben, Priorität hat das nicht, und Cevennen mache ich im Regen NIE WIEDER, seit ich da mal einen Reifenschaden hatte, genau wie mein Mitreisender, weil die Brösel von den Überspülungen sehr scharfkantig sind. Also geht's direkt auf die Autobahn, Tagesziel ist Perpignan, die letzte Großstadt auf französischer Seite.


    Kurz vor Lyon bin ich etwas irritiert, dass man Navi den Weg durch die Innenstadt vorschlägt, statt der Beschilderung nach Marseille zu folgen, aber das schon richtig so. Leider war ich kurz abgelenkt und werden unbemerkt fotografiert. Dabei bin ich echt nicht schnell unterwegs. Über 120 wird's schnell sehr laut und anstrengend, und jedes km/h reduziert die Reichweite, die ohnehin ein knappes Gut ist. Mitten durch Lyon zu fahren erinnert an den letzten Motorradurlaub mit Hängeranreise. Weil Sonntag ist und auch eh keiner raus darf ist wenig los, so macht die Fahrt durch die Stadt tatsächlich Spaß. Wer's nicht kennt, ist es ampel- und kreuzungsfrei mit Tempo 50 bis 60. Der Tunnel ist ein Höhenübergang, und spätestens danach bin ich gefühlt in Südfrankreich. Leider kann man nirgends zum fotografieren anhalten.


    Ein paar Autos fallen mir auf, die beim Überholen eine Weile schräg hinter/neben mir verharren. Die interessieren sich vermutlich für mein deutsches Nummernschild. Es wäre vermutlich clever gewesen, ein Nummernschild zu verwenden, dass französischer aussieht, also schon mit dem richtigen Text drauf, aber Format und Schrift wie in Frankreich. Aber das wäre vermutlich irgendwie verboten. Außerdem bräuchte man dann auch noch je eins für Spanien und Portugal. Und wenn's eh schon verboten ist, könnte man auch gleich ein ganz anderes Nummernschild nehmen. Jaja, da war sie wieder, die kriminelle Energie. Manche der Glotzer haben übrigens selbst deutsche Nummernschilder am Auto. Man sieht auch Schweizer und hier und da mal einen Engländer.


    Für den ersten Tankstopp nach den üblichen zwei Stunden suche ich mir einen Tankstelle abseits der Autobahn. Das spart Geld und bringt etwas Abwechslung rein. Wieso zahlt man eigentlich erst Maut und dann auch noch Tankstellenaufschlag? Das klappt gut, es gehen 14,01 Liter in den 14 Liter-Tank rein, ohne das etwas überläuft. Da der MT-09 Tank oben sehr flach ist und der Tankdeckel einen Kragen hat, der tief rein geht, ist es unfassbar zeitraubend und nervig, den letzten Liter reinzukriegen. Motorrad schaukeln und mit der Pistole tröpfeln, heißt die Divise.


    Von dem Rückweg direkt zur Autobahn mal wieder Blick auf die Karte: Wo bin ich hier eigentlich? Westlich vom Vercours. 3 Passknackerpunkte sind ganz nah an der Autobahn. Also, wenn man weit rauszoomt, zumindest. Es regnet noch nicht und auf dem Regenradar sieht es auch nicht so aus, als ob es noch kommen würde, zumindest nicht zwingend. Da kann ich doch schlecht nein sagen, oder?


    Es tut nach stundenlangem Autobahngebummel im Halbschlaf echt gut, wieder Landstraße zu fahren. Noch dazu in Frankreich! Die Passknackerpunkte im Vercours kenne ich alle schon, aber nicht, was westlich davon es. Es geht in Serpentinen der Berg hoch und ich habe jede Menge Spaß. Normalerweise mag ich Serpentinen nicht besonders, heute dagegen sehr. Die Yamaha schnurrt wie eine Katze, die Reifen haben Grip, und außer mir sind sonst nur Radfahrer unterwegs.


    Die drei Passknackerpunkte wandern ohne besondere Vorkommnisse in den Köcher. Am dritten angekommen will ich umdrehen, aber mein Navi nicht. Ich drehe trotzdem um. Die Restzeit wird länger. Oh, habe ich da eine Abkürzung entdeckt? Sicherlich nicht, aber immerhin kann ich noch einige Kilometer schön über hügeliges Land fahren und dabei Maut sparen. Das war das erste Highlight heute.


    Dann kommt wieder lange und öde Autobahn ohne besondere Vorkommnisse, außer dass der Regen tatsächlich kommt. Es regnet nicht besonders intensiv, aber auf der Autobahn wird man nach ein paar hundert Kilometern einfach doch ganz schön nass. Die Klamotten halten dicht, bis auf die Handschuhe. Notiz an mich selbst: Handschuhe dürfen neu.


    Derweil schrumpfen die Kilometer bis Perpignan und gegen Mittag steht fest, dass ich das locker schaffe. Ich könnte es heute auch noch nach Spanien schaffen. Da ich so gut in der Zeit liege, kann ich quasi heute schon mit Pässe knacken in Spanien anfangen - die Pyrenäen sind schließlich die Grenze und voll mit spanischen Pässen. Das macht nur begrenzt Sinn, weil ich später eh für die Pyrenäen noch mal separat anreisen will/muss. Einzige abseits liegende Punkte würden Sinn machen. Z.B. der eine da, zwischen Autobahn und Küste, der kann heute in den Köcher. Und der französische Pass knapp daneben auch gleich. Ankunftszeit 16 Uhr, das ist doch noch immer super. Bonus, der spanische Pass ist auch ein Grenzübergang. Dort wird wohl kaum jemand fragen, was ich in Spanien verloren habe.


    Also runter von der Autobahn, quer durch Perpignan - da kommt mir ein Konvoi von ca. 100 bunt gemischten Motorrädern entgegen. Das freut mich sehr. Die 1,5 Meter Abstand halten sie zwar nicht ein, und Masken trägt auch niemand, aber sie vom FFMC - fédération française des motards en colère - Französischer Bund der wütenden Motorradfahrer - so 'ne Art Motorrad-ADAC, aber in militant. Denen dürften wir einen Gutteil der französischen Motorradkultur verdanken, insbesondere ihre Verankerungen in der allgemeinen Gesellschaft, sprich, die vielen kleinen Freiheiten. Vorher am Tag habe ich noch drüber nachgedacht, was für ein tolles Verin das ist, und ob nicht vielleicht irgendeine deutsche Behörde Lust hätte, mich dort als V-Mann einzuschleusen? Falls hier einer mitliest, ich bin mir sicher, die planen was gemeines gegen die Verfassung, außerdem finanziert ihr doch auch sonst jeden Blödsinnsverein mit umgefallenen Doppelagenten, da kommt's auf einen mehr doch auch nicht an.


    Die 45 km von der Autobahn bis zum Coll de Mollo haben mich zunächst erschrocken, ob tatsächlich ist das meiste davon Schnellstraße. Das beruhigt das Planergewissen. Als es dann endlich in die Berge geht, freut sich das Motorradfahrerherz umso mehr. Schmale Straße, enge Kurven und Kehren, ziemlich steil, starker Wind. Und, Prämiere, der starke Wind fängt mitten in der Kehre an oder hört mitten drin auf. Außerdem gibt es auch hier Brösel von Überspülungen, aber so wenige, dass man noch ganz gut ausweichen kann. Das alles mit 1000 km Autobahn gestern und heute in den Knochen - aber hey, vertrauen Sie mir, ich weiß was ich tue. Und ich genieße die Aussicht :)






    Vom Coll de Mollo soll es direkt zum Col de Banyuls gehen. Das sah auf der Karte nah aus, ist real aber ein ganz schöner Umweg. Leider gucke ich nichts aufs Navi und fahre wirklich komplett aus den Bergen ans Meer und wieder zurück, 19 statt 13 km, dafür aber auch schön.

  • #5

    Es ist allgemein wenig Verkehr an diesem regnerischen Sonntag, aber zum Col de Banyuls hin ist es dann auffällig still. Nach den letzten drei Kehren sehe ich auch den Grund: Eine provisorische Mauer versperrt den Weg nach Spanien, und zwei blaue Kastenwagen blockieren provozierend geparkt den Weg. Was soll das denn. zunächst ist kein Mensch zu sehen, aber dann steigt ein Mann aus einem Auto aus. Er trägt militärische Tarnkleidung mit Schutzweste und Gewehr. Im Auto sitzt noch einer. Da mache ich keinen Stich und parke in sicherer Entfernung. Jetzt bloß nichts falsch machen. Der Fluchtweg nach Spanien ist ziemlich kompetent versperrt. Außerdem könnten auf der anderen Seite die spanischen Zwillinge dieser Akteure warten. Dann besser umdrehen, ohne aufzufliegen, und dabei bloß keine Neugierde wecken. Ich "muss" hier aber ein Passknackerfoto schießen. Leider stehen sie auch komplett vorm Passschild und sonst ist nichts wirklich sonderlich markantes da. Ich steige ab und spiele den Unschuldigen: Interessiert an Landschaftsfotos und Getränk aus Tankrucksack. Nebenbei knipse ich den halbwegs markanten Gedenkstein als Passknackernachweis. Irgendwer hat was auf den Boden gesprüht.



    Der Uniformierte steigt wieder ins Auto. So wünsche ich mir das. Ist ja auch kalt hier. Vielleicht geht doch ein Foto vom Schild? Handy in die Richtung halten führt zu intensivem Kopfschütteln und Handgewedel. Okay, das lassen wir dann. Ich gucke traurig, packe ein und steige auf. Jetzt muss ich hier nur noch weg kommen, ohne Neugierde zu wecken. Ich könnte hier am Platz wenden, dann sehen sie mein Nummernschild, oder ich rangiere etwas dümmlich rückwärts umher, versuche erst rechts und dann links zu wenden wie ein Anfänger, bis es dann endlich klappt, genau so, dass das Nummernschild nicht zu sehen ist. Den Berg runter müsste ich eigentlich schneller sein - normalerweise. Entschlossene französische Autofahrer darf man aber nicht unterschätzen, und wegen der Kehren könnte auch der Fußweg schneller sein. Es kommt aber nix ;) Allerdings sind es 35 km und 50 Minuten Umweg. Dafür hat der Regen inzwischen aufgehört und der Wind bläst kalt, aber in einem Tempo, dass die Regenklamotten trotzdem trocken werden.


    Dieser Umweg führt über eine bestens ausgebaute Kurvenstrecke, wo nahezu Null Verkehr ist. Das fetzt richtig. Es läuft richtig gut. Insgesamt kommen mir zwei deutsche Camper entgegen, was mich hoffnungsvoll stimmt. Und wenn auch hier dicht ist, dann fahre ich den ganzen schönen Weg halt wieder zurück, so!



    Bald kommen Markierungen auf der Straße "Stop" und daneben typische Grenzerhäuschen. Diese sind aber intensiv mit Graffiti übermalt und es ist kein Mensch zu sehen. Damit wäre ich wohl raus aus Frankreich. Jetzt noch rein nach Spanien, dann bin meinem Traum einen großen Schritt weiter. Aber lieber mit Bummeltempo, falls ich umdrehen muss ;) Irgendwo hinter einer Kurve geht's über eine Kuppe, der Fahrbahnbelag wechselt, und das war's dann auch schon: Da stehen Schilder auf spanisch. Geschafft! :)



    Jetzt noch ein Hotel in der nächsten Großstadt buchen und dann ist's mehr als gut für heute. 50 Euro, Ankunft 18 Uhr, passt. Oder ist das eine Falle? Kommt die Kontrolle erst im nächsten Ort? Abwarten und weiterfahren. Erst mal bewundere ich das Ortsschild hier.



    Von wegen Covid, die haben hier ganz andere Probleme. Zwei Ortschaften weiter steht dann wirklich mal ein Polizeifahrzeug an einer schnurgeraden Ortsdurchfahrt. Das Blaulicht leuchtet gedimmt. Ich dachte mir schon, dass die verdächtig gut ausgebaut ist, und achte noch mehr als sonst darauf, das Tempolimit einzuhalten und desinteressiert zu sein. Guardia Civil, wohl zuständig für Straßenverkehr und auch Grenzkontrollen. Oh-oh. Meine zwei Lieblingsthemen bei dieser Reise. Ich wecke aber kein Interesse. Zumindest keines, dass sich in meinem Rückspiegel manifestiert - nachdem ich eine Kurve später am Ortsausgang kräftig den Hahn quäle. Sicher ist sicher ;)


    Die letzten 10 Kilometer sind heute die schwersten. Es hat wieder angefangen zu regnen, ich bin müde und friere. Aber die Tankstelle vorm Hotel nehme ich noch mit. Hier zahlt man im Shop an der Kasse. Das ist nicht so mega Covid-konform, aber immerhin trägt jeder 'ne Maske. Irgendeine Maske oder Stoff vorm Gesicht, um genau zu sein. Dafür habe ich eine FFP2-Maske einstecken, und um sie nicht zu zerstören, ziehe ich meinen durchnässten rechten Handschuh aus. Da muss ich später wieder rein :( Zum Trost gibt's noch ne Packung salziges aus der Tanke. Am Hotel gibt's einen netten toten Winkel, wo mein Motorrad vor neugierigen Blicken geschützt ist. Im Hotel gibt's eine ordentliche Rezeption und kostenlose Heißgetränke. Das kann ich gerade gut gebrauchen. Das Zimmer ist groß, das Bad hat einen Fön und genug Platz für meine nassen Sachen, und das WLAN ist super. Das passt richtig gut so.


    Das Tagesziel habe ich heute weit übertroffen. Ich war wieder mal nah dran mich mit Behörden auseinandersetzen zu müssen, aber dieses Mal war es Geschick statt Glück, dass ich nicht angesprochen wurde. Wenn ich morgen Abend noch nicht verhaftet wurde, bin ich zufrieden. Bis dahin bin ich aus Katalonien raus, was die Lage entspannen sollte. Der Wechsel zwischen den Regionen könnte noch mal spannend werden.

  • #6

    Mo 12.4. Katalonien


    Die Nacht war kalt, aber erholsam. Spätabends standen lange Polizei und ein Abschlepper vorm Hotel, und ich habe mich gefragt warum, aber mein Motorrad war noch. Auch der Kleinwagen mit deutschen Nummernschild ist noch da. In meinem Zimmerpreis ist Frühstück mit dabei, also nehme ich das auch mit. Es ist ein Buffet, und es wird in einem geschlossenen Raum gegessen. Okay, aber ohne mich. Ich bediene mich mit Einweghandschuhen am Buffet (hat sich mal jemand gefragt, ob die Zangen zum Brötchen greifen noch Sinn machen?), staple meinen Teller voll und gehe zurück aufs Zimmer. Ja, so ein Frühstück ist doch ganz nett. Draußen ist es kalt und grau, da habe ich es nicht wirklich eilig, loszukommen.


    Gegen 9 Uhr ist es dann soweit, ich trete an zum Dienst ;) Direkt 200 Meter vom Hotel bekomme ich das erste Beispiel für den normalen Wahnsinn namens spanischer Straßenverkehr. Schrottiger Lieferwagen und SUV deutscher Marke streiten sich um einen Spurwechsel. Das kann schon mal 1 km dauern. Verglichen mit Frankreich halten sich mehr Leute gar nicht an Regeln, quer durch alle Gruppen. Sogar Omas humpeln bei rot über die Ampel an der Hauptstraße. Aufmerksamkeit tut Not. Dafür wird es einem aber auch nicht nachgetragen, wenn man sich mal etwas erlaubt. Wie ein wartendes Motorrad aussieht, wissen viele Spanier wahrscheinlich gar nicht.


    Es beginnt mit einer Überführungsetappe, heute früh nur 50 km, und über Bundesstraßen. Dann kommen 8 Passknackerpunkte in den südlichsten Pyrenäen-Ausläufern, die bei der späteren Pyrenäentour mehr Umweg wären als heute. Danach 4 Punkte in einem kleinen Mittelgebirge weiter im Süden, und dann schließlich ein langer Transfer Richtung Zaragoza.


    Ich habe heute wieder alle regulären Motorradklamotten an, denn es ist mit 11 Grad nicht warm, und auch Schauer sind möglich. Leider sind die Handschuhe noch nass von gestern. Außerdem hängen die Wolken in den Bergen. Und ich fahre in die Berge. Zunächst aber macht Motorradfahren in Spanien echt Spaß, besonders auf einsamen Straßen, mit vollem Tank und vollem Magen, denn mit vollem Magen friere ich nicht. Grund dazu gäbe es, denn das Thermometer sinkt je 100 Höhenmeter um 1 Grad. Zum ersten Punkt hin verfolge ich einen ambitioniert bewegten modernen SUV von einem Handynetzbetreiber. Logo, die haben ja Antennen oben auf den Bergen. Wenn ihr also beruflich Bergstrecken fahren wollt, haltet euch ran ;) Ich bin ganz froh, hinter ihm zu sein, denn wenn er mir entgegen käme, wäre das vermutlich 'ne knappe Sache. Der erste Punkt ist eine Sackgasse mit Antennenanlagen hoch oben, fast schon über den Wolken, aber leider mittendrin. Und ein paar 100 Meter mit Rollsplit sind auch dabei, freundlicherweise aber ankündigt. Wenn man bei 3 Grad da nicht mehr runter fahren möchte, kann man sich anscheinend auch runter stürzen.



    Wieder runter kann dann aber mal richtig Motorrad fahren und fröhlich Kurvenstrecken wegschnupfen. Bald muss ich nach einem Punkt umdrehen und ein Stück zurück, um einen zweiten Punkt zu erreichen. Da wird die Straße unbefestigt. Äh. Erdboden mit sehr wenigen Steinchen drauf. Alles ganz schön feucht. Das mag ich aber nicht. Mein vorderer Pilot Power auch nicht, und protestiert mit seitlichem versetzen bei Schrittgeschwindigkeit. 300 Meter weiter wird's wieder befestigt. Dann wieder unbefestigt. Bis zum Punkt sind es noch 4 km. Hmm. Bis jetzt geht's noch, aber die Yamaha hat keinerlei Schutz nach unten, und erfahrungsgemäß werden solche Strecken weiter oben und weiter von der Hauptstrecke weg nur noch schlechter. Taktische Nachguckpause.



    Der Punkt ist vom Typ XXX und gehört damit nicht zur Landeswertung, weil er schwer zu befahren ist. Das sehe ich auch so und werfe ihn aus der Route. Den hätte ich eigentlich gar nicht reinplanen sollen. Darauf muss ich künftig mehr achten. Gut, dann eben zurück und außenrum. Aber vorher noch kurz pinkeln, hier kommt ja niemand vorbei? Natürlich kommt sofort doch jemand vorbei. In Italien brechen auf solchen Strecken zuverlässig Panda 4x4 geräuschlos aus dem Gebüsch, in Spanien ist es eher gleichalte japanische Hardware. Immerhin keine Schulklasse auf Wandertag. Wenden klappt, und weiter geht's, und damit die Kurvenstrecke von vorhin das dritte Mal hoch. Mir bleibt aber auch nichts erspart :)


    Auch kein Gegenverkehr. Mir kommt eine kurvenschneidende BMW RT entgegen, Fahrer in albernen Neonklamotten. Und er führt eine Gruppe an. Alle auf BMW RT, alle auf dem Mittelstreifen unterwegs. Was'n da los - Clubausfahrt? Und warum tragen die alle die gleichen Klamotten - Touratech Luxustour? Und warum haben die Blaulicht an? Ah, achso. Anscheinend ein sehr eiliger Polizeieinsatz, hier am Montagvormittag in den Bergen, dass da 10 Polizeimotorräder anrücken müssen. Gut, dass ich nicht gegrüßt habe. Ich weiß nicht was sie hier machen, aber sie wissen auch nicht, was ich hier mache. Außerdem würde ich es an ihrer Stelle vermutlich ebenso machen. Wie auch immer, ich will mich damit nicht beschäftigen (aktiv/passiv) und fahre einfach weiter, gucke aber gelegentlich in den Spiegel. An wievielen Kreuzungen muss ich vorbei fahren, dass 10 Motorräder nicht alle Wege abklappern können? Ich traue mir viel zu, aber einem Motorradpolizisten davonzufahren kann ich mir abschminken. Es kommt aber nichts und niemand, und ich fahre entspannt weiter meiner Wege. Z.B. zu diesem "Santuari" (große Kirchenanlage oben auf Berg).



    Passend zum obigem Anlass möchte ich noch anmerken dass ich auf dieser Reise statt von Rammstein jetzt von Body Count musikalisch unterstützt werde. Bei Rammstein geht's um Ablehnung der Kirche, um Sex, Gewalt, Fetische und Gewalt-Fetisch-Sex, bei Body Count dagegen um Ablehnung der Polizei, um Sex, Gewalt, Voodoo und Gewalt-Voodoo-Sex. Man ist ja vielseitig kulturell interessiert. Jetzt geht's aber ins nächste Tal, die Sonne kommt raus, es wird warm. Auch die Landschaft wird motorradbefahrfreundlich.



    Nach dem Coll de Bac ist 40 km Überführung nach Süden angesagt, aber freundlicherweise ohne Ortsdurchfahrten. Am Coll de Ravell ist das Fotomotiv eine Tankstelle, die direkt an einer Autobahnausfahrt liegt. Ich hätte mir denken können, dass der Tankwart nervös wird, wenn man da mit laufendem Motor absteigt ohne zu tanken, aber ich komme ohne Einschusslöcher davon. Interessanter ist das Wetter, denn jetzt wird's über 1000 Meter hoch und ich fahre wieder in den Wolken rum.



    Die Temperaturen sind einstellig und gehen bis auf 3 Grad runter. Den Abzweig zum Turó de L'Home verpasse ich zunächst und muss auf einer schmalen Straße wenden - genau dann kommt eine Teenagerin des Weges, schwarze Klamotten, am rechten Straßenrand laufend. Die wird sich wohl wundern, was ich hier am AdW von ihr will, aber ich komme ohne ihre Telefonnummer davon.


    Die Stichstraße zum Turó de L'Home ist in schlechtem Zustand, und wenn ausgerechnet ich das sage, dann ist es auch wirklich so. Man muss auf der 6 Meter breiten Straße eine Spur suchen, die man befahren kann, und Tempo 30 wäre zuviel.



    Freundlicherweise geht alle 3 Minuten für 1 Minute das Licht an, weil die Wolken erste Lücken zeigen. Erst ganz oben, 1666 Meter, ist es dann wirklich so weit und die Sonne wärmt. Zeit für eine Pause. Schokoriegel rein, ich will nicht mehr frieren. Dann eiere ich den Berg wieder runter, die Hände tun inzwischen weh. Zum nächsten Tal hin wird es endlich wieder heller.



    Mit jedem Höhenmeter runter wird es wärmer. In einer Ortsdurchfahrt raste ich 20 Minuten, nur um mich aufzuwärmen. Schokoriegel hilft wieder. Vom letzten Pass heute zum nächsten Pass morgen sind es 360 km, die ich mir zwischen heute und morgen einteilen kann. Alles heute wäre mir zuviel, ich habe ja schon 250 km in den Knochen und auch Schmerzen in den Händen, die sich nicht so gut ignorieren lassen wie die im Gesäß. Zwei Stunden sollten aber noch gehen, die meisten davon mit "Tempomat". Also suche ich mir ein Hotel auf dem Weg, gerne außerhalb der Stadt, und gerne einfacher als gestern, denn 20x übernachten zu 50 Euro läppert sich doch gewaltig. 10000 km Motorradfahren ist schon teuer genug... nämlich bisher 33 ct pro km mit und 20 ct pro km ohne "eh da"-Kosten (Steuer, Versicherung, TÜV, Zubehör, Umbauten usw.) bei meiner MT-09.


    So, die Überführung darf dann auch gern mautfrei sein, sind nur 10 Minuten Unterschied, und habe ich es gar nicht mehr eilig. Teilweise Autobahn, teilweise Bundesstraße. Es wird warm. Hier blüht auch schon der Raps :)



    Es zieht sich dann doch ziemlich. 17 Uhr erreiche ich das Hotel. 8h gefahren, Pflicht getan. Abrödeln, einchecken, ausziehen, Lage peilen: Hunger. Habe vorhin einen KFC gesehen. Motorrad dreckig. Kann man bestimmt waschen. Regenradar? Die nächsten 2 Tage trocken, Donnerstag wohl viel Regen. Okay, den einen Euro kann man investieren. Google Maps, leite mich! Motorradwäsche klappt, beim KFC sind die Produkte andere als daheim und man spricht kein englisch. Ich aber leider auch noch immer nicht spanisch. Ich hätte mir vor Reise wenigstens Phrasen merken/Aufschreiben können, aber da wusste ich ja noch nicht, ob ich es hierher überhaupt schaffe. Statt 2x Classic Burger gibt's für mich also 1x Classic Burger und 1x BBQ Burger. Der BBQ Burger hätte ruhig noch mehr Hitze vertragen, der Classic Burger ist ungefähr der Zinger Burger, den ich eigentlich wollte. Essen nur zum Mitnehmen oder Lieferdienst, wie daheim, unterwegs schienen aber viele Restaurants ihre Außenbereiche geöffnet zu haben. Vom angeblichen Mega-Lockdown merkt man in den Städten nichts und es waren auch keinerlei Behörden zu sehen, außer auf ihrer Motorradtour.


    Ich habe auch heute wieder keinen Stress und keine Problem gehabt, und dafür bin ich sehr dankbar. Schalten Sie auch morgen wieder ein, wenn es wieder heißt: "Kommt blahwas endlich in den Knast, oder auf den Passknackerolymp, oder irgendwas dazwischen?" ;)


    Zielerreichung:

    4,1% von 295 spanischen Passknackern geschafft

    Etwa 4 geplante Tagestouren an 3 Tagen gefahren

    11 von 12 GB Datenvolumen übrig

  • #7

    Di 13.4. Aragon


    Die Nacht war unruhig, weil das Haus dünne Wände hat. Und obwohl der riesige Parkplatze nahezu leer ist, scheint jemand neben und über mir zu rumoren. Man kriegt eben, was man bezahlt. Das Motorrad habe ich hinter einem LKW geparkt, so dass es weder von der Straße noch vom Hotel aus zu sehen ist. Als ich morgens hinlaufe, glaube ich selbst, dass es geklaut wurde, bis ich fast davor stehe :) Es ist aber noch da, vollständig, einigermaßen sauber, und springt auch sofort an. Wettermäßig sieht es gut aus, aber morgens um 8 Uhr sind es 4 Grad. Um 9 Uhr sind es schon 8 Grad. Ich wage mal einen Start ohne Regenjacke, denn die Sonne wärmt deutlich. Wird’s zu kalt, einfach anhalten und 5 Minuten warten.


    Heute stehen 8 Passknackerpunkte auf dem Programm. Warum so wenige? Weil Spanien zwar viele Punkte beim Passknacker hat, diese aber räumlich nicht zusammen hängen. Mal 4 Punkte hier und 50 km weiter noch mal 4. Da wundert man sich beim planen etwas und ärgert sich über lange und -weilige Überführungsetappen. Vor Ort stelle ich heute fest: Was hier Überführungsetappe heißt, toppt das meiste, was wir in Deutschland an Strecken haben. Stellt euch die Schwarzwaldhochstraße vor, nur ohne Verkehr, ohne Tempolimit, und ohne störende Bäume, die die Aussicht versperren. Voila, so ist Motorradfahren in Spanien, wenn man nur von A nach B kommen will und nicht zufällig beides im gleichen Tal liegt. Ich habe also mächtig Spaß und bin wieder mal froh, dass ich diese Reise gewagt habe.


    Ich bin heute vor allem in Aragonien unterwegs. Das ist eine sehr dünn besiedelte Region mit viel Bergland und Hochebenen, mit kargen Steppen und grünen Wiesen. Ich bewege mich eigentlich durchgehend auf über 1000 Meter Höhe. Der höchste Pass heute hat 1790 Meter. Deutschlands höchster Pass hat übrigens 1420 Meter.



    Außerdem gibt’s in Aragonien ein „Motorland“, zumindest ist es ausgeschildert. Klingt interessant, da fahre ich doch mal hin, auch wenn ich eigentlich gerade schon wieder auf dem Weg zur Tankstelle bin, denn in einer so dünn besiedelten Region ist es sinnvoll, mit der Tankstellensuche nicht zu warten, bis die Reservelampe blinkt. Am Kreisverkehr nehme ich die erste Ausfahrt laut Wegweiser „Motorland“ und Navi (Tankstelle) – das trifft sich gut, an der nächsten Ausfahrt steht finster guckende Polizei. Die haben mich vorhin auf der Autobahn zwar auch nicht beachtet, aber da war ich ja im fließenden Verkehr und nicht ein einsamer Mohikaner. Merke, hier später nicht entlang fahren.


    An der Tankstelle wird die MT-09 vom Personal betankt, und dabei auch gleich mit Benzin geduscht – okay? Hat das nicht Zeit bis zur Rückreise, im Moment brauche ich sie noch :) Ich gucke mal im Handy nach was Motorland eigentlich ist und wo das ist: Es ist die MotoGP-Strecke des Aragon GP. Aah. Es ist 20 km in die falsche Richtung. Oh. Nö! Dann lieber auf die N-420 (heißt wirklich so), aber nicht am Kreisverkehr vorbei, und auf zu frischen Pässen.


    Es ist wirklich beeindruckend einsam hier und die Landschaft wechselt immer wieder. Hier könnte man sicher eine Woche fahren, ohne sich zu langweilen. Aragonien hätte mehr als 1 Reisetag und 8 Passknackerpunkte verdient.







    Vom letzten Passknackerpunkt geht’s dann auch schnellstem Weg Richtung Süden, Valencia wäre das Traumziel, aber 200 km sind mir jetzt zu viel. Das Navi sagt am Passknackerpunkt, in 35 km links abbiegen, das klingt nach einer öden Bundesstraße. Ich hätte nicht falscher liegen können! Es ist alles dabei, In Schwarzwaldhöhenstraße-Radien den Berg entlang, in 4. Gang-Kurven durch eine Schlucht, oder auch mal 2. Gang kurvig durch den Wald. Einfach Wow.


    Irgendwann ist die Autobahn nach Valencia dann doch erreicht und ich eiere mit Tempomat bis 16:30, bis ich ein Hotel suchen will. Mir fällt auf, dass ich das einzige Motorrad weit und breit bin, und überhaupt so ziemlich das einzige Privatfahrzeug. An einer Auffahrt sehe ich Motorradpolizei stehen, und sie sehen mich auch. Sie kontrollieren gerade einen Lieferwagen, und einer davon guckt unerfreulich interessiert. Ich erwäge das Aktiveren des Hebels am rechten Lenkerende, der mit der Funktion „Ist mir egal was hinter mir ist!“, aber der Kollege hat eine Varadero – auch nicht viel langsamer, aber viel größerer Tank, denn ich bin schon wieder auf dem Weg zur nächsten, na, Sie wissen schon. Ist ja erst das vierte Mal heute.


    Die letzten Tage habe ich über Booking ein Hotel gebucht. Heute gucke ich einfach mal, was da in Frage kommt, und fahre einfach hin. Das wäre heute ein Campingplatz mit Bungalows, und Restaurant am Platz. Das trifft sich gut, der Magen fordert schon eine Weile sein Recht ein. Vor Ort ist der Preis fürs Bungalow noch günstiger als bei Booking, aber das Restaurant ist geschlossen und auch sonst alles im Ort zu. Es gibt aber einen Minimarkt am Campingplatz. Okay, eine Packung Salami und eine Packung Pringels, dazu eine Dose Radler und noch 2 von den Schokobrötchen auf dem französischen Netto. Mahlzeit!


    Das Bungalow ist in Ordnung, wie man es halt erwarten kann auf einem Campingplatz. Man kann es im Gegensatz zu Hotelzimmern quer lüften und die Klima/Heizung tut, was sie soll. Die Dusche gibt Rätsel auf. Ich habe kein Handtuch dabei, bekomme aber eins an der Rezeption. Ich sehe ich hier nur spanische Nummernschilder. Es ist Leben am Platz, lokaler Tourismus läuft anscheinend hier in der Region Valencia. Ich bin der einzige Deutsche aufm Platz. Ja, richtig gelesen, keine Holländer!



    Als ich mich auf meiner Terrasse übers Abendessen hermache erhalte ich bald Gesellschaft einer jungen Dame, die sich auffällig unauffällig verhält. Sie sagt kein Wort, aber intensiver Blickkontakt und Körpersprache sprechen für sich. Sie reibt ihr Gesäß an der Latte meines Terrassenzauns, sucht immer wieder Blickkontakt, und hält dabei sogar den Corona-Abstand ein. Anscheinend glaubt sie, dass sie von mir etwas bekommen kann. Das ist ja so eine Sache mit dem Wohlstandsgefälle. Natürlich könnte ich leicht zugreifen, wirtschaftlich würde es mir wenig bedeuten und ihr viel, zumindest kurzfristig. Aber damit wird man seiner Verantwortung nicht gerecht. Menschlich nicht, und in Corona-Zeiten, wo viele unschuldig in wirtschaftliche Not geraten sind, erst recht nicht. Also sorry, Kitty, du wirst dir heute einen Anderen suchen müssen.



    Heute war ich erst 17:30 am Ziel. Ich schreibe eine halbe Überstunde auf.


    Zielerreichung:

    6,8% von 295 spanischen Passknackern geschafft

    Etwa 5 geplante Tagestouren an 4 Tagen gefahren

    Etwa 65% Hinterreifen übrig

  • #8

    14.4. Alicante, Kastilien?


    Die Nacht warm aber nicht so ganz erholsam, weil die Heizungsklimaanlage sporadisch anspringt und ich immer wieder denke, hier rauscht gleich ein Zug durch. In einem Bungalow hat man mehrere Zimmer und reichlich Gelegenheit, sich auszubreiten. Also hat man auch reichlich Mühe, am nächsten Morgen alles wieder einzusammeln. An der Rezeption des Campingplatzes ist niemand da, aber ein Handwerker möchte mich hinhalten und telefoniert hier und da. Ich habe gestern schon bezahlt, lege meinen Schlüssel vor der Tür ab, und gehe meiner Wege. Um 10 Uhr biege ich auf die Landstraße ein. Oho, eine Stunde später als üblich, da habe ich halbe Überstunde von gestern ja mehr als kompensiert.


    Pflichtprogramm sind heute gerade mal 3 Passknackerpunkte bei Alicante. Davon und danach habe ich lange Transferetappen. Dann kommt eine andere Region mit 6 Passknackerpunkten, was für heute eigentlich zuviel wird. Das Wetter ist wieder 10-15°, meist bewölkt, aber kein Regen. Für morgen ist allerdings schlechtes Wetter angesagt, mit 36 mm Niederschlag in manchen Orten entlang meiner Route. Da ist es schon fraglich, ob die Bergstrecken überhaupt noch passierbar sein werden, daher möchte ich heute mehr schaffen, damit ich morgen gut Gewissens abbrechen kann.


    Eigentlich wollte ich heute den Karl treffen. Karl ist ein alter Versysfahrer und surfender Rentner, der sich mit den Wohnmobil viel in Spanien rumtreibt. Mittlerweile mit Huski 701 SM. So auch zum Beginn meiner Reise. Allerdings ist er wegen Wetter und plötzlich eingetretenem Enkelkind schon auf der Rückreise, als ich ihn heute morgen anrufe. Schade für mich.


    Vom Campingplatz geht es schnell zur Autobahn und dann an Valencia vorbei. Hier zur Abwechslung mal reichlich Verkehr und ich komme mir weniger illegal vor. Allerdings zieht sich der Weg zu den 3 Passknackern bei Alicante 2 Stunden hin, neben Schmerzen in der rechten Hand tut heute auch die rechte Schulter weh. Umso größer ist die Erlösung, als es dann so weit ist.


    Kleine Pause am Wegesrand ;)



    Den ersten Pass hoch geht's auf einer Strecke im Zustand 3. Es ist wieder komplett einsam. Ich fahre an einem Abzweig vorbei, dessen Oberfläche in erbärmlichen Zustand ist, und denke mir noch, gut dass ich da nicht rein muss. Ist die Strecke überhaupt aufm Navi? Ja, ist sie, und zwar orange - ich muss da später rein fahren :( Uff, naja, erst mal zum Passschild, Foto eintüten. 100 Meter weiter sehe ich ein Tor, Wachhaus und Sicherheitszaun. Ich bin ja schon wieder weg, ich bin gar nicht da, keiner hat mich gesehen. Gut wenn man keine Aprilia Donnerschlagkrach 3000 fährt. Es geht zurück, zur Holperstrecke, und dann holpere ich da mal schön entlang. Holper, holper. Langweilig, nervig, holper, immerhin habe ich Musik. Mit Aussicht ist auch nicht viel. Dann komme ich eine größere Lichtung, da steht ein anderer Motorradfahrer - der erste heute - und grüßt. Da grüßt man zurück und biegt rechts ab wie vorgesehen. Dann freut man sich über die tolle Hauptstrecke mit super, spannenden Radien usw. und wundert sich erst nach einigen Minuten des Austobens, warum das Navi irgendwo weiter hinten wenden will. Weil ich vorhin angeblich nicht links abbiegen dürften hätte. Oh nein, ich muss den ganzen schönen Weg wieder zurück! Mir bleibt nichts erspart. Aber für euch, meine treuen Leser, nehme ich auch dieses Opfer in Kauf. Der Passknackerpunkt ist dann tatsächlich in Sichtweite der Kreuzung :) Immerhin geben die Punkte bisher keine Rätsel auf, es stehen immer ordentliche Passschilder da.


    Den Weg zum nächsten Punkt schaue ich mir genauer an und beschließe, nicht mehr in Winzfurzstrecken reinzufahre. Außenrum macht mehr Spaß und geht vermutlich fast genauso schnell. Wenn man schon 80% des Tages Überführungsstrecke macht, soll der Rest wenigstens Spaß machen. Und so kommt es dann auch. Der Puerto de la Carrasqueta ist zwar nur 1020 Meter hoch, wäre aber auch in den Dolomiten eher oben in der Spaßwertung. An der Passhöhe raste ich und pfeife mir das Mittagessen rein. Ich bin allein hier, bis auf zwei Katzen, die am Gebüsch kuschelnd dem Wind trotzen. Es gibt auf dieser Reise bisher mehr wilde Katzen als wilde Hunde.



    Und dann folgt wieder Überführung. Damit es nicht nur Autobahn ist, klatsche ich einen Wegpunkt nach Yecla - außerdem ist das der schnellste Weg laut Google Maps. So spare ich mir Autobahn und komme super voran. Die drei Ortsdurchfahrten eignen sich gut zum tanken, denn wir haben 15 Uhr, wenn ich da nicht schon 2x getankt habe, bin ich liegengeblieben oder verunfallt. Elche de la Sierra heißt ein wichtiger Ort in der zweiten Zielregion heute. Hier sind 6 Passknackerpunkte so verteilt, dass man sie unmöglich in einer sinnvollen Reihenfolge abfahren kann. Ich frage mich, ob ich es heute noch angehen will, oder lieber erst morgen? Ich denke, da geht heute noch was. Vielleicht nicht bis zum Ende. Es ist zwar sehr entlegen hier, aber vielleicht gibt es ja irgendwo ein Dorfhotel.


    Wie gesagt, es gibt keine sinnvolle Reihenfolge, aber die Reihenfolge meiner Planung, bzw. was mein Navi draus macht, ist sicherlich weiter von einer sinnvollen Reihenfolge entfernt als andere Möglichkeiten. So fahre ich 3 km durch den Ort Riopar und stelle fest, dass später nochmal hier durch muss, und zwar in der gleichen Richtung. Dass kann eigentlich nicht richtig sein. Aber der Ort ist interessant, Hotels, Supermarkt, Tankstelle - vielleicht übernachte ich hier später. Jetzt optimiere ich erst mal die Reihenfolge der Pässe am Navi.


    Die Strecken beginnen vielversprechend. Hier kommt richtig Fahrspaß auf! Tolle Trassierung und viel Abwechslung. Der Straßenbelag ist nicht immer super, aber die MT-09 bügelt auch mit Serienfahrwerk viel glatt. Besonders die Gabel zeigt sich auch vom Bauwurzelaufbrüchen unbeeindruckt.



    Vom Puerto de la Crucetas finde ich zunächst zum Purto El Bellotar will mich das Navi in einen wilden Schotterweg schicken. Das spinnt wohl. Da fahre ich schön weiter Hauptweg. Stattdessen schickt es mich im nächsten Dorf auf eine Nebenstrecke, die sehr fragwürdig aussieht. Ich gucke es mir am Navi an und stelle fest, dass das wohl leider Sinn ergibt. Aber es ist nicht steil und außer dicke Schlaglöcher ist hier nichts gefährlich. Das geht 8 lange Kilometer so. Bei einer Kreuzung ist Zeit für eine Pause, innere Einkehr, Snack, Stoffwechsel und Navischimpfe. Laut OSM hätte man da einwandfrei außenrum fahren können, aber jetzt es auch nicht mehr schlimm, weiter zu fahren. Es wird immerhin nicht schlimmer und steiler. Nur begegnet ich niemandem, habe kein Handynetz und die Häuser sind auch alle Ruinen. Wenn hier was schief geht kann man sich eigentlich nur noch 'ne Hütte bauen und ein paar von den Rehen jagen, die ich so rumspringen sehe.




    Aber auch diese Prüfung wird gemeistert, und freundlicherweise steht nicht am Ende von 20 km Schotter ein geschlossenes Tor. Jetzt wieder schön auf Asphalt schwingen - halt? Noch mehr Rehe? Das sind viele Rehe heute. Es ist zwar schon 17 Uhr, aber es ist ja noch lange hell? Okay, ich bin hier am Ende der Welt, da kommt nicht jede Stunde ein Fahrzeug entlang. Am nächsten Pass suche ich mir ein Hotel. In Riopar sind wirklich viele. Genau gegenüber von der Tankstelle, 25 Euro laut Google. Na, warum nicht, im Restaurant dort habe ich auch schon Leute gesehen. Ich fahre hin, am Ortseingang steht die Polizei :( Sie ist aber gerade mein einem anderen Auto beschäftigt :) Ich checke im Hotel ein, ohne Sprache, mit Händen und Füßen, 22 Euro. Passt! Frisch im Zimmer angekommen denke ich, hm, war's das jetzt echt schon für heute? Da sind noch zwei Pässe weiter nördlich. Das sind nur 30 km eine Strecke? Das schaffe ich noch! Wie schwer kann es sein?


    So schwer:



    Dazu noch 10x Wildwechsel. Ich fahre Tempo 50. 20 km von den 30 km sind üble Bröckelpiste mit Kies drauf und potentiell felgenmordernden Schlaglöchern. Endlich am Ziel:



    Gibt's zurück einen anderen Weg? Ja, sogar zwei - 54 und 58 km, Zustand unbekannt. Okay, die 30 km habe ich einmal geschafft, die schaffe ich auch ein zweites Mal. Wieder 10x Wildwechsel. Ich fahre weiterhin Tempo 50. 19:00 bin ich runter von der Nebenstrecke und kann mich auf der Hauptstrecke kurz austoben, bevor die Besorgungen losgehen: Supermarkt (zum Abendbrot Salami und fertige Crepes, einzeln verpackt), Geldautomat, Tankstelle, und Hotel. Der Einfachheit halber fahre ich direkt mit FFP2-Maske unterm Helm. Das geht gut ohne Brille. Die Polizei kommt mir im Ort entgegen aber beachtet mich nicht.


    Das war als Fahrtag heute eher durchwachsen, aber ich habe meine Ziele erreicht und bin froh drüber. Merke: Nicht in Kleinstrecken reinfahren. Und mit den Lieferanten des Kartenmaterials schimpfen, ich habe "unbefestigte Strecken vermeiden" aktiviert. Heute habe ich mich streckenweise gefragt, warum ich nicht die Versys genommen habe - Windschutz, Reichweite, Federwege. Die Antwort auf die Frage liefert hoffentlich Andalusien, vielleicht schon übermorgen :)


    Zielerreichung:

    9,8% von 295 spanischen Passknackern geschafft

    Etwa 6 geplante Tagestouren an 5 Tagen gefahren

    2/2 Rückspiegeln übrig

  • #9

    15.4. Regentag und Überführungsmaximum


    Das klingt nicht verheißungsvoll, und das wurde es auch nicht. Positiv zu vermelden, es war nachts angenehm warm im Zimmer und ich kam einigermaßen zeitig ausm Quark. Außerdem war morgens an der Rezeption das erste Mal in Spanien jemand willens, mit mir ein paar Brocken Englisch zu sprechen. Das ist aber mein Problem, denn ich hätte ja auch ein paar Brocken Spanisch lernen können. Zum ersten Passknacker geht es 130 km nach Westen, und danach zum zweiten 130 km nach Südosten. Dann kommt 230 km nichts, außer dem Weg nach Andalusien, und dann eine neue Passgruppe: Die Sierra Alhamilla. Diese kann ich schön morgen von Ost nach West befahren. Heute wird die Zeit nicht reichen, und im Regen macht's auch wenig Sinn sich da mit Gewalt durchzuquälen, statt es morgen trocken zu genießen.

    Hilft nix, los geht's. Ich bin hier so am Ende der Welt, dass es keine Autobahn gibt, sondern nur eine sich durch Berg- und Hügellandschaft windende Bundesstraße. Ohne Ampeln, mit Schildern, ohne Verkehr und ohne Überwachung.



    Das könnte also alles recht schnell gehen, aber deutlich dreistelliges Tempo kostet zuviel Anstrengung und Reichweite. Also schön brav sein und genießen. 8 Grad verleiten auch nicht zum Rasen. Leider fahre ich ziemlich auf eine Regenfront zu. Kurz vorher noch mal Pause machen, Snack rein, Stoffwechsel, dann alle Luken dicht und rein da. Der erste Passknackerpunkt heute ist ein Aussichtspunkt: Desfiladero de Despenaperros.



    Dann geht's zum zweiten Passknackerpunkt. Der Regen ist nicht wirklich stark, eher Nieselregen, und teilweise trocknet es auch schneller als es runterfällt. Wärmer wird's dadurch aber auch nicht. Als dann Nebel hinzu kommt, gesellen sich beschlagende Brille und am oberen Rand versagendes Pinlock auf die Liste der Unerfreulichkeiten. Nicht unerfreulich, sondern nachgerade lebensgefährlich dagegen sind die Fahrbahnmarkierungen. Die kann man eigentlich auch so verbauen, dass sie bei Nässe griffig sind, aber diese hier eigenen sich ideal für seitliche Vorderradrutscher über die gesamte Länge. Also Augen auf bei der Linienwahl. Eigentlich weiß man sowas doch, aber Ausdauer und Aufmerksamkeit sind gegenläufige Ziele. Auch der zweite Passknackerpunkt heute ist ein Aussichtspunkt: Puerto de Las Palomas (Cazorla). Heute nur mit Aussicht auf die Wolke. Aber der Überdachte Ausguckt dient mir als Pausenplatz. Snacks!



    So, und dann ist es schon Zeit für eine Exit-Strategie. Mit der Sierra Alhamilla fange ich heute sicher nicht mehr an. Ich fahre noch so weit ich kann und suche dann eine Unterkunft. 16 Uhr Ende wäre heute ok. Bald streikt auch noch mein Sena 30K Headset, es fängt an sich selbst zu bedienen. Offiziell ist es nicht wasserdicht, und real bei mir heute auch nicht. Damit geht mir auch noch die musikalische Untermalung und Motivation verloren. Hoffentlich erholt es sich über Nacht wieder, denn Musik ist mir wichtig. Das würde ich fast als missionskritisch einstufen und mir vor Ort Ersatz suchen. Aber erst mal Bundesstraße über Landschaft fahren.



    Nach 190 km habe ich die Nase ziemlich voll und bin fertig für heute. Ich suche mir ein Hotel, das mich nicht arm macht - man merkt den Unterschied zum AdW, hier ist es eine Ecke teurer. Bei Google ein Hotel halbwegs am Weg in einer kleinen Stadt für 45 Euro angeschrieben. Da fahre ich jetzt hin. Es sind geschlossen aus, aber mehrere Schilder behaupten das Gegenteil. Die Tür lässt sich öffnen. Ich stelle Helm und Tankrucksack an die nicht besetze Rezeption. Da kann ich auch gleich noch Soziustasche und Topcaseinnentasche holen, denke ich, und als ich wieder vor der Tür stehe, geht die nicht mehr auf. Schöner Mist, hoffentlich ist wirklich jemand da. Klingeln führt zum Ziel und das Zimmer kostet sogar nur 30 Euro. Gut: Es ist modern-minimal eingerichtet und es hat Fließenboden, ich mache also nicht den Teppich dreckig. Schlecht: Es hat weder Heizung noch Fön. Naja, die Dusche wird schön warm. Ich will gar nicht mehr raus...

    ... aber Hunger habe ich trotzdem. Supermarkt oder Restaurant? Pizza ist doch eigentlich safe, die fingert keiner mehr an nach zur Zubereitung, und bei der Zubereitung im Ofen stirbt hoffentlich alles. Vorbestellen und abholen? Na logo. 5 Minuten Fußweg einfach tut sicherlich auch gut. Und das klappt dann auch. Mir ist nicht ganz klar, was ich da bestellt habe, aber geschmeckt hat's mir. Zurück im Zimmer fällt mir noch auf, dass mein Navi fehlt. Hmmm. Ach, es steckt noch am Motorrad. Entweder hat's keiner geklaut, oder jemand hat's geklaut und danach wieder zurück gebracht ;) Dann den Wirt nach einem Fön fragen, Google Übersetzer hilft, und nochmal in die Dusche. Wellness pur. Und morgen geht's endlich andalusische Pässe knacken!

    Zielerreichung:
    10,5% von 295 spanischen Passknackern geschafft
    Tourfortschritt etwa 330 km vor Plan
    0 Verhaftungen

    Einmal editiert, zuletzt von Günther () aus folgendem Grund: Der Beitrag wurde nach Vorgabe des Autors ergänzt.

  • #10

    16.4. Andalusien Teil 1, die Sierras


    Die Nacht war kalt, und die Zimmernachbarn auf beiden Seiten waren nicht zu überhören, darum Gehörschutz. Immerhin kann man dank Ausgangssperre von 23-5 Uhr auch in einem Stadthotel durchschlafen, weil nachts draußen Ruhe ist. Zum Frühstück gibt's die zweite Hälfte der Pizza von gestern und ein Mars.


    Heute kommt der Teil der Reise, auf den ich mich am meisten freue. In Andalusien war ich schon 2x mit dem Motorrad, jeweils nach Malaga fliegen und ein paar Tage Motorrad mieten. Das erste Mal mit einer MT-09, da wusste ich, so eine brauche ich irgendwann auch mal privat :) und das zweite Mal mit einer MT-07 Tracer. Die war mir aber deutlich zu klein. Heute ist endlich mal den ganzen Tag gutes Wetter angesagt und ich wage einen Tourstart ohne Regenjacke, da die Sonne schon im Badezimmerfenster deutlich wärmt.


    Freundlicherweise hat sich das Headset von den drei Tropfen Regen gestern erholt und ich starte mit sehr guter Laune in den Tag. Die Laune steigt noch weiter als nach 15 km die erste Kurvenstrecke erreicht ist. Idealer Asphalt, tolle Landschaft, kühne Trassierung, null Verkehr, und wie immer in Spanien: keine Tempolimits! :)





    Ich fahre von Ost nach West die Sierra Alhamilla entlang. Die Passknackerpunkte sind alle aufm dem Kamm. Zum zweiten Punkt Cerro de Monteagud gibt es drei Wege: "Vom Puerto de la Virgen führt auf direktem Weg eine anspruchsvolle Piste (SG4) hoch. Von Benizalón her führt eine neue Teerstraße herauf. Nur die letzten sechshundert Meter sind Kopfsteinpflaster. Von Norden kommt eine drei Kilometer lange Sandpiste (SG3), die etwa dreieinhalb Kilometer nördlich des Puerto de la Virgen von der A-1100 nach Süden abzweigt." Ich bin am Puerto de la Virgen. Der direkte Weg ist wirklich anspruchsvoll: Steil und voller Steine. Die Teerstraße kommt von Westen her und wäre ein gewaltiger Umweg. Also probiere ich es mit der Sandpiste. Da diese noch feucht vom Regen gestern ist, wird das nicht so leicht, aber sie ist nicht besonders steil. Trotzdem schalte ich die Traktionskontrolle der MT-09 aus, damit ich nicht irgendwo stecken bleibe. Außerdem schreiben die Journalisten immer, dass das nötig wäre. Der Weg ist ziemlich weich und hat sehr wenig kleine Steine, die den Grip verbessern würden. Es ist halt ein Nordhang, der bleibt länger nass.



    Irgendwann ist es dann aber endlich geschafft, ich komme auf die Straße. Ich biege links ab und beschleunige - da lenkt mein Motorrad mehr nach links als ich wollte? hö? Und dann mehr nach rechts?? Und dann liege ich auch schon drunter. Ich habe nach 4 km nassem Sandweg ohne Sturz ganze 10 Meter Asphalt geschafft bis zum Sturz. Eine oberflächliche Analyse der Situation zeigt auf verdreckte Reifen plus abgeschaltete Traktionskontrolle. Dringlicher jedoch, ich klemme unter dem Motorrad mit dem Fuß fest, und die Soziusfußraste will sich in meinen Knöchel bohren. Blöd!


    Tja, auf Hilfe warten kann ich hier lange. Ich komme zwar an die Hupe ran, aber es würde mich niemand hören. Immerhin, mit Bewegung am Lenker hebt sich das Motorrad leicht an, ich kann meinen Fuß befreien und aufstehen. Erst mal tief durchatmen. Und ein paar Schichten ausziehen, das dauert jetzt etwas, und es wird warm - wenn nicht von der Sonne, dann von der Peinlichkeit. Der rechte Fuß ist beleidigt und möchte nur sorgfältig belastet werden. Okay, das sei im gegönnt. Dann noch humpelnd das Gepäck vom Motorrad holen, den Seitenständer ausklappen und warten, ob nicht zufällig jemand kommt, der mir beim Aufheben helfen möchte. Vielleicht erst mal ein Knoppers essen und was trinken. Und mal gucken, ob der Fuß noch normal aussieht: Ja, tut er. Glück gehabt (und Schutzkleidung).



    Tja, da kommt keiner - warum auch, bin ja am Ende der Welt hier. Also versuchen wir das mit dem Aufheben mal alleine. Vorher gut zu sehen, es laufen keine Flüssigkeiten aus, alle Hebel sind noch dran, und das Motorrad liegt ordentlich auf Griffschalen, Lenkerenden und den Sturzpads, die ich für diesen Zweck verbaut habe. Das Aufheben gelingt überraschend einfach, und das Motorrad steht sauber da. Die rechte Griffschale ist innen lose und nur noch außen fest. Die Griffschale ist zwar von SW-Motech (Gebrauchtkauf von karklausi ;) ), die Halterung passte aber nicht an den konifizierten Lenker, daher ist hier noch die Halterung der vorherigen China-Griffschalen verbaut. Wie auch schon beim ähnlichen Sturz vor 2 Jahren in Italien lässt sich die Griffschale innen mit Kabelbindern am runterklappen hindern. Damit ist die Schutzfunktion gegen Stürze jetzt ziemlich hinfällig, also bitte nicht wiederholen. Okay, sonst sieht alles gut aus, also wieder einpacken, aufrödeln und weiterfahren. Weiterfahren nach einem Sturz fühlt sich anfangs immer super seltsam an, aber nach ein paar Kilometern geht's wieder. Nur die Fußbremse nicht so richtig. Einerseits ist der Fuß noch beleidigt. Andererseits ist der Bremshebel jetzt noch weiter nach oben verbogen. Den muss ich dringend mal tiefer stellen. Vielleicht kann ich mir bis dahin das Nutzen der Hinterradbremse bei jedem einzelnen Kurveneingang abgewöhnen.


    Den restlichen Tag sammle ich Passknackerpunkte und genieße die Strecken. Bei den Pausen humple ich etwas, aber ich bin nicht funktional eingeschränkt und die Schmerzen sind auch ok. Bei der letzten Fußverletzung hat die Arzt "schmerzgerecht belasten" gesagt, und genau das tue ich. Die Tankstellenauswahl ist auf dieser Route sehr eingeschränkt. Da kommt nur etwa alle 100 km eine. Mit knapp 200 km Reichweite gehe ich auf Nummer sicher. Nebenbei kann ich auch mein Motorrad für 1 Euro grob waschen, nach all dem Regen gestern.


    Eine weitere geplante Schotteretappe streiche ich. 30 km kürzer klingt gut, aber 10 km fragwürdiger Schotter statt 40 km feinster Pässespaß? Nein, danke: Wegen Pässespaß bin ich hier. Und es fährt sich hier genauso gut wie in meiner Erinnerung :)




    Auffällig ist noch das normale Leben. Anscheinend ist Covid hier schon vorbei. Menschen sitzen in vollen Restaurants ohne Masken am Tisch und essen zusammen. Da kann ich nur staunen. Und mich drauf freuen, falls man das in Deutschland irgendwann mal hinbekommt.


    Letzter Punkt des Tages ist die Sierra Nevada (Pico de Veleta). Der mit 2520 m höchste Pass Spaniens - oder eher höchster legal auf Asphalt anfahrbare Punkt Spaniens. Die Straße geht sogar noch weiter bis auf 3396 m, aber diese ist nicht öffentlich. Allerdings fahren heute zwei SUV-Prototypen mit Erlkönigfolie die Hauptstrecke rauf und runter, vielleicht dürfen die ganz hoch? Ansonsten ist am Ende der öffentlichen Strecke ein Skiort und recht viel Toursimusverkehr.



    Ich überlege noch, ob ich hier übernachten will, denn die Auswahl ist groß, aber die Aussicht auf morgendliche Frost lässt mich wieder ins Tal fahren. Ich finde per Google eine sehr schöne Unterkunft und erwische gerade noch die Hausherrin, die gerade los wollte, und die sogar Englisch spricht! Neben dem Checkin erfahre ich, dass Covid PCR-Tests in Spanien nur von privaten Labors angeboten werden. ich brauche ja einen für Portugal. Einheimische dürfen weiterhin ihre Landkreise nicht verlassen, aber ausländische Touristen sehr wohl. Das soll mal jemand in Deutschland versuchen ;) Das Zimmer ist Klasse, hat einen Balkon, eine eigene Heizung, einen Fön, ist liebevoll eingerichtet und kostet nur 40 Euro. Das Bett ist sehr weich, aber sonst alles perfekt.



    Der Fuß kriegt Voltaren, ich kriege 'ne Packung Schinken ausm Supermarkt. Mahlzeit! Hoffentlich passt morgen der Fuß wieder in den Stiefel und hoffentlich kriege ich einen PCR-Test. Morgen (Samstag) schaffe ich es vermutlich bis Ronda, dann könnte ich Sonntagabend nach dem letzten Pass schon nach Portugal rüber fahren.


    Zielerreichung:

    14,6% von 295 spanischen Passknackern geschafft

    297 km Vorsprung vor Planung

    Linker Fuß, linkes Knie, Hüfte und Kopf tun nicht weh

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