1 Woche Frankreich Lac de Serre-Ponçon

  • #1

    Frankreich ist mein Lieblingsreiseland, und mit Manuel, Michael und Sebastian war ich schon mehrmals dort. Wir sind ein eingespieltes Team. Wir reisen mit Auto und Anhänger an und nutzen einen Campingplatz als Basislager, wo wir Luxuscamping betreiben: Jeder hat sein eigenes Zelt, und als privaten Gemeinschaftsraum gibt es einen ordentlichen Pavillon mit Tisch, vier Stühlen, Beleuchtung und einer großen Kühlbox. Touren fahren wir mal alle zusammen, mal in verschiedenen Grüppchen, oder auch mal jemand solo - alles kann, nix muss. Wir sind alle versierte Motorradfahrer ohne Angst vor Kurven und Kehren. Nur am Schotter scheiden sich die Geister: Michael und Sebastian JAAAAAAAA *geifer*, Manuel NEEEEEEEEEEEIN *wegrenn*, ich eigentlich ganz gerne, muss aber nicht sein, schon gar nicht mit der MT-09. Als Zielregion haben wir uns dieses Jahr für den Lac de Serre-Ponçon entschieden, der liegt zwischen Gap und Barcelonette. Von dort kann man die Route des Grande Alpes fahren, aber auch ins Vercours, zum Monte Ventoux und nach Italien. Es gibt kurvige Passstraßen ohne Ende auf Asphalt und Schotter, darunter mit dem Cime de Bonette die höchste Straße Frankreichs und die zweithöchste legal befahrbare in Europa. Passknacker kennt folgende Höhepunkte, und unser Basislager ist rot markiert:



    Außerdem gibt es den See selbst, und noch weitere Seen. Als Reisezeitraum haben wir uns auf Ende Juni geeinigt: Da sind die Pässe normalerweise schon offen, aber es ist noch nicht brutal heiß und vor allem nicht überfüllt, weil es vor den Sommerferien ist. Es gibt einen Feiertag in der Vorwoche, so dass man 6 Fahrtage und 2 An-/Abreisetage partnerkompatibel unterbringen kann. Oder man schraubt, packt und wäscht je 1-2 Tage davor und danach :)


    Wir sind, von links nach rechts:


    Michael hat erstmals seine KTM 1090R Adventure im Auslandseinsatz. Gegenüber der BMW R1200GS hat er so mehr offroad-Fähigkeiten, mehr Leistung und ein sportlicheres Image. Das etwas dröge Image der Marke BMW und insbesondere des Boxers passte nie zu recht zu ihm. Er ist in der Vergangenheit schon mal vom richtigen Weg abgekommen und tritt als Rheinländer und erfahrender Zweiradpendler bürokratischen Regelungen und Bedenkenträgern gelassen entgegen. Schotter ist sein Element, und so steht seine KTM auf 21/18" auf Reiseenduroreifen, während der Rest von uns Tourensportreifen fährt. Michael bringt Pavillon und Kühlbox mit und ist dadurch mit natürlicher Autorität ausgestattet. Er kennt sich in der Region gut aus und will nicht unbedingt immer nur Motorradfahren.


    Sebastian startet unverändert auf seiner KTM 690 SMC-R und ist wahrscheinlich der beste Motorradfahrer von uns, noch dazu der jüngste. Ihn zeichnen ein sehr hohes Grundtempo und völlige Gelassenheit gegenüber den Schrulligkeiten seiner KTM und sportlichen Herausforderungen im Allgemeinen aus, ohne jedoch auf Sicherheit zu verzichten. Schotter fährt er auch mit Straßenreifen gerne. Dank der Sitzhöhe der KTM ist er immer für Slapstick zu haben. Er fährt gerne anspruchslos hinterher und plant keine Routen selbst, oder nur heimlich. Dafür stellt sein abendlicher Durst unsere Kühlbox auf eine harte Probe.


    Ich starte diesen Urlaub erstmals auf der Yamaha MT-09. Im Lastenheft standen gegenüber der Versys 650 mehr Leistung, weniger Gewicht, und es sollte eine Naked sein. Der Dreizylinder verführt zu einer sportlichen Fahrweise, zickt aber keinesfalls rum, wenn man es ruhiger angehen lässt. Ich muss mich noch dran gewöhnen, jederzeit zu viel Leistung abrufen zu können, da ist diese Tour ohne das wachsame Auge deutscher Ordnungshüter genau richtig. Ich habe dieses Motorrad letzten Herbst genau für solche Touren gekauft, und zuvor nur 300 km bewegt. Ich sammle nebenbei Passknackerpunkte bei diesem Urlaub (oder umgekehrt?), und habe dafür die Routen geplant. Motorradfahren ist meine Lieblingsbeschäftigung, insbesondere auf kurvigen Bergstraßen in Frankreich.


    Manuel startet auf einer Kawasaki Z900 statt einer MT-07 Tracer. Er wollte einen Vierzylinder und außerdem einen Vierzylinder. Es war ihm wichtig, dass es ein Vierzylinder sein soll. Außerdem sieht sie gut aus und Manuel mag das Fahrwerk seines Vierzylinders. Manuel fotografiert sein Motorrad (mit dem Vierzylinder) sehr gerne und ist inzwischen erfolgreicher Instagrammer geworden, so dass er auch mal länger fotografiert. Ich fahre schon meine ganze Motorradkarriere mit ihm und habe ihn auch schon mal auf einem Vierzylinder mit 150 PS alt aussehen lassen. Er teilt das Passknackerhobby mit mir, ist aber nicht so besessen.

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  • #2

    Do 20.6. Vorabend der Anreise


    Das Gepäck für einen einwöchigen Campingurlaub auf ein Naked Bike ohne Heck oder auch nur Soziagriffe zu bekommen war nicht so einfach. Eigentlich wollte ich zumindest das Zelt zuvor zu Michael schaffen, das hat aber aus logistischen Gründen nicht geklappt. So probiere ich auf gut Glück einen "Unviersal Topcase Träger" aus und stelle fest, dass der eigentlich ideal passt. Zumindest auf der linken Seite, denn rechts ist der Soziusrastenträger gleichzeitig auch Träger des Bremsflüssigkeitbehälters (Hauptwortwurstalarm!). Also lasse ich die rechte Seite eben weg. Die Platte liegt oben auf der Sitzbank auf und kann maximal 1 cm vor und zurück. Das passt für mich und wird die eine Stunde Autobahn auf dem Weg zu Michael überstehen. Verzurren kann ich an Schlaufen von Kriega, die an Schrauben unter der Sitzbank bzw. der Sitzbank befestigt werden und die eigentlich für eine Ducati Panigale gedacht waren.


    Abends fahre ich also zu Michael (BDR529) zwecks früherem Start am Freitagmorgen. Kurz vor seinem Haus fällt mir ein in den Rückspiegeln ein drängelnder Autofahrer auf. Mir fällt erst auf den dritten Blick auf, dass es sich um BDR höchst selbst handelt! Dann ist das entschuldigt. So werden abends die Motorräder verladen, was jetzt einfacher ist als früher: KTM 1090 Adventure R und Yamaha MT-09 sind leichter und schmaler als BMW R1200GS und Kawasaki Versys 650. Die Spiegel der Yamaha lassen sich unkompliziert nach innen drehen. Ich klebe noch den Tacho ab, damit ich morgen Abend nach 1000 km rückwärts auf dem Anhänger kein Insektengrab auf dem empfindlichen Kunststoff-LCD habe. Dann gibt es noch Abendessen für Champions und Informatiker aus dem Backofen und dann gehen die Lichter aus.

  • #3

    Fr 21.6. Anreise und Aufbau


    Ein Tag mit 980 km im Auto ist nie schön, aber wenn man hauptsächlich durch Frankreich fährt, dann ist es zumindest entspannend. Wir machen Pause auf einem Rastplatz, der richtig viel Fläche einnimmt. Am Ende landet man in einem schattigen und grünen Kreisverkehr, auf dem man von der Autobahn fast nichts mehr hört. Da könnte man eigentlich mal ein Treffen mit Zelten veranstalten.



    Das Wetter wird dann schlechter und in Grenoble haben wir kurz Starkregen und etwas Stau. Da freut man sich noch mehr, im Auto zu sitzen. Der Regen hört schnell wieder auf. Auf der Bundesstraße lässt BDR ein Portrait von sich anfertigen, und auch Sebastian zeigt den französischen Fotoautomaten seine Schokoladenseite. Ist ja für einen guten Zweck. In einem Supermarkt am Weg besorgen wir uns die Verpflegung für die restliche Fahrt und einen Grundstock an Getränken zum Konsum vor, während und nach den Motorradtouren. Wir freuen uns schon im Auto sehr über die kurvigen Strecken und die tollen Aussichten.


    Unser Campingplatz ist nicht direkt am See, sondern ruhig gelegen in Montclar auf 1300 Meter Höhe. Der See liegt 600 Meter tiefer. Wir erhoffen uns davon weniger Hitze. Der Platz gehört zur Kette Yello und ist hervorragend ausgestattet. Es gibt Schatten auf den Plätzen, ein Restaurant, ein großes Schwimmbad, Wellness, Fitness, Animation und kostenloses WLAN am Restaurant. Das WLAN an den Stellplätzen kostet leider extra, aber man hat am Handy prima LTE-Empfang. Auf 1300 Meter Höhe, in einem Ort mit 414 Einwohnern. Warum klappt das daheim eigentlich nicht? Außerdem haben wir Papier, Seife, Haartrockner und kostenlose Duschen im Waschhaus. Wettermäßig droht bei der Ankunft ein Gewitter, daher bauen wir die Zelte recht hektisch auf, aber wir bleiben trocken. Manuel und Sebastian erscheinen kurz danach und bauen im ausklingenden Tageslicht auf. Die Motorräder werden abgeladen und meine Yamaha wird vom "Gepäcksystem" befreit, was das Lösen insgesamt einer Schraubverbindung erfordert. Das Klebeband auf dem Tacho hinterlässt leider hässliche Klebereste - Eigentor! Die KTM-Fahrer klären die ersten Technikfragen.



    Schicksalsgemeinschaft Mattinghofen?


    Dann wird in unserem Pavillon mit leckeren Burgern aus dem Restaurant am Platz (zum Mitnehmen) getafelt und es gibt die Reste der Wegzehrung als Beilage und Nachtisch. Es war heute ein super Start in den Urlaub. Die Wettervorhersage zeigt 7 Tage eitel Sonnenschein, nur morgen ist kurzzeitig Regen möglich. Das sind doch richtig gute Aussichten und die Vorfreute auf die Touren in dieser genialen Landschaft kann man förmlich greifen!

  • #4

    Sa 22.6. Regenvermeidung, Süden, Col de la Bonette


    Morgens bei Tageslicht sieht unsere Parzelle sehr gediegen aus.



    Wir haben auch die Parzelle daneben angemietet, um die Autos in der Nähe zu haben. Das kostet dann zwar etwas mehr, aber mit insgesamt 10 Euro pro Person und Nacht noch absolut überschaubar. Heute ist laut Wetterbericht weiterhin der einzige Tag mit nennenswerter Regenwahrscheinlichkeit, daher planen wir spontan aus der Hüfte eine Route in den Süden, denn dort ist im Tagesverlauf am wenigsten Regen angekündigt. Im nächsten Ort gibt es einen Bäcker, wo das Frühstück besorgt wird, dass dann 20 km weiter am Wegesrand verzehrt wird. Es gibt freundlicherweise immer wieder Sitzgelegenheiten dafür.


    Wir planen nun spontan die Route weiter und entscheiden uns für eine Runde Richtung Osten, die über den schon geöffneten Col de la Bonette führt. Unterwegs nehmen wir natürlich noch alles mit, was geht: Col de Robines, Col de Toutes Aures, Col de Valberg, Col de Ste-Anne, Col de la Couillole sind geplant. Schon hinter dem Col de Robines erreichen wir einen unverschämt schönen See namens Lec de Castillon, und da ist auch noch ein Cafe direkt dran: Snack du Lac. Da kann doch nicht vorbeifahren! Außerdem ist es eine prima Kulisse für Fotos. Also knippsen wir, bis die Moppeds magersüchtig werden, und kehren dann ein. Hier kann man es echt gut aushalten.





    Auf der weiteren Strecke entdeckt Michael eine alte, schmale Brücke, die bis 2 Meter Breite und 3 Tonnen freigegeben ist, die eine nette Fotolocation abgibt.



    Diese KTM ist unter 2 Meter breit und unter 3 Tonnen schwer, aber wenden wäre spannend



    So landen wir schon wieder in dieser wundervoll zu fahrenden Schlucht mit dem roten Gestein, den tollen Aussichten und den Einbahnstraßentunneln. D2202 heißt die Straße, Var der Fluss, und Gorges de Daluis das Naturschutzgebiet.



    Hier erwischt uns der Regen dann doch und wir schlüpfen in die wasserdichten Klamotten. Der Regen hört bald wieder auf, die Straßen sind trocken, aber es ist etwas frisch. Den Col de la Bonette hoch wird ordentlich der Fahrspaß zelebriert, und meine MT-09 zeigt, was sie kann. Besonders dem Vier- und dem Zweizylinder. Hier mit den Augen von Manuel als Standbild und als Video:



    Anbei erste bewegte Bilder vom Col de la Bonette am ersten Tag:


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    Der serienmäßige Quickshifter hilft, den 1. Gang sinnvoll zu nutzen. Da sie etwas lang übersetzt ist, muss das wohl auch sein, wobei ich mich stellenweise mehr nach vorne lehnen müsste, als mir mit Tankrucksack möglich. So oder so, seriöses Passgebretzel mit Freunden ist das höchste der Gefühle. Auch für Manuel mit dem Vierzylinder.



    Genau dafür habe ich die MT-09 gekauft, und zwar vor 7 Monaten! An der Passhöhe auf 2715 Metern wird auf den Rest gewartet. Die noch mit 2802 Metern höhere Schleife zum Cime hat leider noch zu. Für ein ordentliches Gruppenfoto ist es hier aber zu voll.



    Die Nordseite ist dann bald wieder sonnig. Im Tal teilen wir uns auf: Sebastian und Michael wollen sich zum Col et Tunnel de Parpaillon auf 2636 Meter hoch schottern. Vor 3 Jahren waren wir schon hier, Michael und ich sind damals an den Schneemengen gescheitert. Ich wünsche viel Glück, auf Schlamm habe ich keine Lust, und Manuel natürlich erst recht nicht. Vielleicht gegen Ende der Woche, aber nicht an einem Regentag.


    Manuel und ich besuchen stattdessen den Col de la Cayolle, mit 2326 Meter auch nicht gerade flach. Dafür muss man 27 km eine einsame schmale Straße eine Schlucht entlangfahren, und zurück das gleiche nochmal. Freundlicherweise lassen uns alle Autos sofort passieren. Weil die Strecke recht holprig ist, machen wir zur Hälfte Pause. Schon vor der Passhöhe ist die Aussicht beeindruckend und entschädigt für die Strapazen.




    Wir müssen den gleichen Weg zurück, haben aber Lust auf Gastro, und tatsächlich liegt knapp unter der Passhöhe ein Gasthaus, das aber recht verlassen aussieht. Ich will an den Pollern vorbei zum Gucken am Eingang vorbeifahren, zwischen den leeren Bänken hindurch. Manuel folgt. Leider ist der Platz recht tief geschottert und die Wende klappt nicht so gut.



    Dann kommt auch noch jemand aus dem Gebäude gestürmt und beschwert sich intensiv, dass wir hier durchfahren. Wer traut sich denn bitte in Frankreich, Motorradfahrer anzupflaumen? Immerhin, offensichtlich ist geöffnet. Wir parken wieder hintern den Pollern, und die Ducati Monster hier erklärt den Mut des Beschwerdeführers: er ist selbst französischer Motorradfahrer. Wir schieben unsere Spuren im Schotter mit unseren Stiefeln zusammen so gut es geht und entschuldigen uns – der Wirt kann englisch und mag es halt nicht besonders, wenn man quer durch sein Restaurant fährt. Die Heißgetränke schmecken trotzdem und Smalltalk gibt’s auch. Er wohnt hier oben und fährt nicht jeden Tag runter. Trotzdem cooler Arbeitsweg. Klar, dass er da lieber eine MT-09 als eine Ducati Monster hätte.


    Danach geht’s auf schnellstem Weg zum Zeltplatz. Die „Bundesstraße“ den See entlang und der Pass zum Campingplatz in Montclar hoch werden unsere Hausstrecke für die folgenden Tage sein. In Montclar gibt es einen kleinen Supermarkt, wo wir noch kurz Getränke und Snacks für den Abend einkaufen. Wir sind die ersten am Campingplatz, aber Michael und Sebastian kehren bald darauf zurück und berichten begeistert von ihren Erlebnissen. Das können Sie hier sicher auch selbst ;)


    Unsere Route heute (#12 ist der Abstecher von Manuel und mir), 357 km:

  • #5

    Michael berichtet von seinem...


  • #6

    So 23.6. St. Sebastian


    Manuel fährt heute solo und trifft sich mit einer Internetbekanntschaft. Der Rest der Truppe fährt unter meiner Führung nach Norden, zum Col St-Sébastian. Wir kaufen unser Frühstück am Wegesrand und suchen uns dann eine schöne Stelle zum Verzehr. Der Col Lebraut ist der erste Höhepunkt: Übersichtliche Serpentinen, einheimische Sportwagen, gerne auch der französische Klassiker Alpine A310:



    Weiter oben gibt es einen Aussichtspunkt mit Sicht über den Staudamm, auf den See und die dorthin führende Kurvenstrecke erscheint uns geeignet. Der Parkplatz hat auch seinen eigenen kleinen See, für Motorradfotos. Das lässt sich aushalten für unser Frühstück.




    Es folgen drei kleine Passknacker nördlich von Gap, wobei zumindest der erste noch eine ordentliche Passhöhe hat: Col de Moissière, Col de Manse, Col Bayard. Da kann man auch mal ein Teilgruppenfoto machen.




    Dann bummeln wir etwas die Hauptstrecke entlang zum Col du Noyer, der aber leider wegen einer Sportveranstaltung gesperrt ist, wie uns ein geduldiger Streckenposten und Motorradfahrer erklärt. Leider gibt es keine naheliegende Umfahrung, hier steht ein ordentlicher Gebirgszug in Nord-Süd-Richtung im Weg. Wir trösten uns also mit ein paar mittelprächtigen Passknackerpunkten, um weniger dröge nach Norden zu kommen: Col des Festraux, Col de l’Homme, Col de Parquetout. Der gestrige Regen ist heute völlig vergessen, wir braten in der Sonne. Michael hat leider nicht genug Getränke dabei und wir haben es versäumt, vormittags einzukaufen, was sonntags durchaus geht. Sonntagnachmittags wird es schwer. Tankstellen haben in Frankreich sonntags zwar offen, aber normalerweise keine Shops. Wir kehren also halb aus Verlegenheit in ein Café ein.



    Danach geht es weiter zum Tagesziel, dem Col St-Sébastien, wo sich unser Sebastian vorletztes Jahr von der Brücke gestürzt hat – auch heute wird hier wieder Bungee Jumping angeboten, aber wir verzichten. Dann folgen ein paar kleinere Passknacker, und bei einem finde ich es eine gute Idee, möglichst nah am Schild zu parken, auch wenn der Boden dort nicht verdichtet ist. Aber seht selbst, wie das von außen und der Gopro so aussah…






    So eröffne tatsächlich ausgerechnet ich die Pannen- und Umfallerwertung: Jo 1, Ma 0, Mi 0, Se 0. Immerhin habe ich den Umfall noch gebremst, und der Lenker bleib dabei auf geradeaus. Wegen des weichen Bodens geht nichts kaputt, und weil das Motorrad schon dem Vorbesitzer sehr heftig auf diese Seite gefallen ist, könnte man wahrscheinlich selbst auf festerem Boden keine Spuren sehen. Wir fahren unbeirrt weiter nette kleine Strecken.



    Im weiteren Weg halten wir an einem Campingplatz, damit Michael endlich Getränke kaufen kann. Sebastian und ich suchen derweil Schatten – es ist warm!



    Nun folgen wieder Bundesstraßen. Michael erblickt jedoch eine verlockende Abzweigung, und so wagen wir einen Abstecher ins Unbekannte.



    Der Weg wird natürlich zu Schotter, und führt ewig weiter. Augenscheinlich darf man hier auch fahren. Die Strecke ist zwar nicht anspruchsvoll, aber ich lasse mich zurückfallen, weil ich keinen Staub schlucken mag.



    An einer Tafel sehen wir die Übersicht der Region, und diese Strecken gehen ewig weiter. Wir beschließen, umzukehren. Wer's selbst probieren mag: Koordinaten 44.556123,5.767329. Zurück an der Hauptstrecke suche ich noch eine Waschbox, um den Staub von meiner schönen Nicht-Enduro zu waschen. Sebastian und Michael haben genug für heute und wollen nicht warten, daher fahren sie schon mal vor. Ich wasche meditativ mein Motorrad und stelle danach fest, dass er gesamte Platz zwischen Straßen und Waschbox fingertief geschottert ist. Na klasse! Dann kann man nach 20 Metern die Felgen ja gleich nochmal putzen. Für mich folgen ein paar Kilometer Bundesstraße, und dann sammle ich noch einsame Passknackerstrecken. Schöne Landschaft und Aussichten, praktisch null Verkehr, Ende der Welt-Feeling. Und viele Insekten auf Visier und Gopro…



    Gegen Ende dämmert es schon etwas, aber ich bin vor 20 Uhr am Campingplatz. Wir haben uns auf 20:30 als Zeit fürs Abendessen geeinigt. Dank der kurzen Wege zwischen Motorrad, Zelt, Dusche und Restaurant kriegt man das gut hin.


    Meine Tagesroute waren heute 373 km:



    ... und Michael ergänzt:

  • #7

    Mo 24.6. Abstecher nach Italien


    Michael möchte heute nach Italien fahren. Ich hatte aus diversen Gründen keine Route dafür vorbereitet, aber lasse mich gerne überzeugen, mitzukommen. Es soll zunächst zum Izoard gehen, dann eine Schleife durch Italien via Col d‘Agnel rein, über kleinere Pässe südlich und dann via Col de la Larche wieder nach Frankreich, mit optionalem Abstecher zum Col du Vars.


    Stattdessen fährt Michael auf direktem Weg zum Col du Vars, also die Tour rückwärts, und es gelingt mir nicht, den Tourguide-Notausknopf zu finden: Hupe, Lichthupe, Fernlicht, Telefax werden nicht beachtet. Das macht aber nichts, so fahren wir halt zunächst über den Col du Vars, und sind danach wieder auf der Route, ohne dass Manuel und ich komplett neu planen müssen. Dann kann man zwar am Ende nicht mehr abkürzen, aber hey. Ich bin zum Motorradfahren hier. Der Col du Vars ist super. An der Südseite nehmen wir unser Frühstück ein.



    Auf der Passhöhe ist es Zeit für das Gruppenfoto!



    Danach folgt ein Abstecher zum Col d’Izoard. Wir sind hier auf der berühmten Route des Grande Alpes unterwegs, einer Touristenstraße ohne Schwerlastverkehr, dafür mit vielen Motorrädern, ein paar Sportwagen, vereinzelten Campern und gelegentlichen Radfahrern. Man sieht überall nur grinsenden Gesichter. Landschaft und Strecken sind einmalig und Pflicht für jeden Motorradfahrer ohne Angst vor Kurven. Entsprechend muss man auch mal die eine oder andere Gruppe überholen, aber alle sind nett. Es ist unmöglich, bei gutem Wetter hier schlechte Laune zu haben.



    Nach Italien führt uns der Col d’Agnel. Landschaftlich eine der schönsten Strecken überhaupt, und dabei flüssig zu fahren.




    An der Passhöhe ist der Grenzübergang und ein kleiner Parkplatz. Zeit für einen Blick zurück.




    In Italien machen wir eine Pause am See mit Essen und einem verirrten Pferd, das etwas planlos am schmalen Uferstreifen zwischen See und Straße steht.


    Im Haupttal biegen wir links ab auf einsame und vergessene Strecken, und fahren dabei leider auch in die Wolkendecke rein.



    Die Strecke wird zunehmend abenteurlich zu fahren, aber dafür entschädigen die Aussichten.








    Die erste Passhöhe heißt Colle d'Esischie und liegt auf 2307 Meter. Hier wird die Straße plötzlich richtig gut, wenn auch weiterhin schmal. Es ist absolut episch und einsam hier. Es folgen zwei weitere Passhöhen auf Asphalt, alles über 2000 Meter, und ein Paradies auch für Sportenduros, z.B. die Gruppe aus Oberbayern mit kreativer Auslegung der Kennzeichenvorschriften.



    Angesichts dieses Schilderwaldes beschließt Michael, die Flucht anzutreten.



    Sicher fühlt er sich nur abseits der Zivilisation, also startet er einen Abstecher in den Berg hinein, dank Endurotraining und einigermaßen Stollen auf den Reifen traut er sich das auch in seinem berühmten kurzärmligen Protektorenhemd zu.



    Das klappt sogar. Als sich sein Gewissen beruhigt hat, wird es interessant, denn ein nichtsahnender Autofahrer hat genau vor der Abfahrt geparkt.



    Aber auch das klappt. Für uns geht es dann auf nicht weniger schönen Strecken weiter. Wirklich eine tolle Ecke hier!




    Hier am Colle Valcavera könnte man auf die Maira-Stura-Kammstraße einbiegen, aber das ist Schotter, und dafür fehlt uns wirklich die Zeit. An der südöstlichen Abfahrt muss man sich an zwei Stellen entscheiden, ob man ein Fahrrad oder ein Auto ist. Fahrräder bleiben auf der Asphaltstraße, Autos werden auf losen Untergrund geschickt – aber nur abwärts.



    Ein paar Dörfchen später erreichen wir bei Demonte eine Bundesstraße, die praktischerweise auch direkt eine Tankstelle hat. Bei mir ist es mal wieder knapp, ich bin seit 40 km auf Reserve auf der MT-09. Auf der Passhöhe hatte ich sogar schon Interesse an Sebastians Kanister angemeldet. Diese ist eine typisch italienische Automatentankstelle: Keine Karten, nur Scheine, kein Wechselgeld. Gut, dass genau 20 Euro in meinen 14 Liter-Tank passen.


    Zurück nach Frankreich geht es über den Col de Larche. Eine tolle Strecke mit Serpentinen, allerdings auch typisch italienischer Schlüpferasphalt: Sieht gut aus, hat aber eher den Grip von Haargel auf Marmor. Auf meiner ersten Frankreichreise mit Duck (Markus) konnten wir hier runterwärts einen wild gewordenen Kleinwagen in seinem natürlichen Lebensraum beobachten, der mit Handbremseneinsatz und auf drei Rädern um die Kehren flog.


    Michael fährt auf zwei Rädern den direkten Weg zum Campingplatz voraus und zieht ziemlich am Kabel. Ich lasse irgendwann abreißen, auch weil mein Vorderreifen sich schwammig fährt. Da hatte ich mehr erwartet vom Pilot Power 3. Im Moment grippt der Hinterreifen besser, ein ContiRoadAttack 3.


    Zurück am Platz sind wir alle recht platt, aber auch begeistert von der Tour. Die Übergänge nach Italien sind genial und die kleine Passgruppe rund um den Colli dei Morti sind sensationell und der breiten Öffentlichkeit völlig unbekannt. Die Route des Grade Alpes ist dagegen fast schon Mainstream, aber auch ein absolutes Highlight im Leben jedes Tourenfahrers!


    Unsere Tagesroute war 367 km:

  • #8

    Di 25.6. Vercours / Asietta


    Tagesplan: Manuel und ich fahren Vercours, Michael und Sebastian fahren Assietta Kammstraße. Ich messe heute früh mal den Luftdruck. An meinem vorderen Pilot Power 3 meldet das Luftdruckprüfgerät 0,6 Bar. WAS? Das kann ja nicht stimmen. Die Fußpumpe meldet auch 0,6 Bar. Oha. Damit wäre das schwammige Fahrverhalten von gestern wohl erklärt. Wir suchen einen Schaden im Reifen, finden aber keinen. Wasser auf dem Ventil zeigt dann leichte Blasenbildung am Übergang von Felge zu Ventil. Da hat wohl mein Reifenheini nicht gründlich gearbeitet. Das sollte dann aber zumindest nicht schlimmer werden. Ich fahre also erst mal weiter. Einen 12V-Kompressor habe ich ja dabei. Per Fußpumpe gibt’s wieder 2,5 Bar, und auch der Rest der Truppe bedient sich an Prüf- und Einstellgeräten. Und wo ich schon mal dabei bin, mache ich die Felgen auch gleich noch ordentlich sauber. Ist ja ein schönes Motorrad. Nicht so wie das neben mir, das der Besitzer zu tarnen versucht ;)



    Dann teilen wir uns auf in KTM- und Nipponbiker und starten unsere Routen. Wir Siebenzylinder kommen nicht so recht aus dem Quark. Es ist jetzt schon heiß. Einen gesperrten Tunnel auf der Bundesstraße am See können wir mit 15 Minuten Zeitverlust umfahren, und dabei landen wir in dieser malerischen Schlucht hier:



    Wir machen bald schon eine Kaffee- und Raucher-Pause. Zum Col de Rousett fährt man viel Bundesstraße. Eine Kuriosität haben wir noch Col du Pignon: Michael beschwert sich gelegentlich über Mülltonnen an Passknackerpunkten, das hatten wir in Italien tatsächlich häufiger. Hier ist es umgekehrt: Eine Mülltonne IST der Passknackerpunkt. Das ist dann nebenbei auch der erste mobile Passknackerpunkt.



    Im Folgenden drängelt ein Kleintransporterfahrer, den wir passieren lassen, um uns hinten drananzuhängen. Wir lernen einiges über das Verhältnis mancher französische Autofahrer zur dortigen Straßenverkehrsordnung und betrachten es mit wissenschaftlicher Faszination aus sicherer Entfernung. Es wird endlich schön über den Col de Cabre, aber dann wieder monoton. Unsere Vielzylinder haben Durst und wir tanken gemeinsam. Da die Tankstelle nur eine Säule hat und gerade befüllt wird, ist etwas Kreativität gefragt, aber davon haben zum Glück reichlich. Und die Schlauchlänge reicht auch.



    Und dann wird es richtig nett am Col de Rousett. Der ist ein kilometerlanger Anstieg mit einer Auswahl feinster Radien, ohne Störfaktoren. Oben hat man eine schöne Aussicht, und aus dem Tunnel kommt sogar kühle Luft.



    Manuel ist nicht so richtig fit heute, es ist heiß und die Sitzbank quält ihn. Da man die Tour nicht vernünftig abkürzen kann, und da es bereits 12:30 ist, geht es für ihn leider jetzt schon auf direktem Weg zurück. Ich knacke dann mal weiter Vercours. Als Solofahrer kann ich da nach Herzenslust alles knacken was nicht bei 3 aufm Baum ist und ich verlängere meine Route noch. Der Combe Laval ist Pflicht und das Highlight schlechthin am Vercours:





    Die anderen Pässe sind nicht so spektakulär zu fahren, aber solider Fahrspaß, und freundlicherweise wird es hier auch kühl. Beim Überholen fällt mir eine Gruppe Youngtimer (und/oder Retrobikes) mit Nummernschildern aus dem Ruhrgebiet. Ansonsten genieße ich das Leben und fresse mich weiter durch die Passknackerkarte, dass es eine wahre Freude ist :)



    Zwei Dinge machen mich dabei nervös: Erstens, angekündigter Schotter auf einer einsamen Strecke durch hügelige Landschaft, der dann nicht kommt. Also geht das Tempo schleichend wieder hoch. Und dann kommt der Schotter halt doch mal irgendwann, und das Vorderrad zeigt am Ausgang einer Linkskurve schnell nicht mehr in Fahrtrichtig. Ich verlagere mich nach hinten und steuere das Motorrad mit dem Hintern an den rechten Fahrbahnrand. Es ginge dort auf Gras 45° hoch, das könnte ohne Sturz klappen. Freundlicherweise fängt der Reifen die Straße aber wieder ein und ich bleibe elegant 10 cm vom Rand auf der Fahrbahn. Puh! Französischer Straßenbau besteht oft aus eher zähflüssigem als festen Belag, der mit reichlich Kies griffig gemacht wird, so wie hier im Landschaftsfoto zu sehen.



    Und dann ist da noch die Reichweite der MT-09. 14 Liter Tank und 5,5 Liter Verbrauch ergeben Kummer und Sorgen, wenn man Tagestouren um 400 km fährt und nicht an jeder Ecke eine Tankstelle ist. Kommt man an die Reserve, beginnt ein frischer Tageskilometerzähler, und dieser zeigt 45 km an, als ich endlich die Tankstelle erreiche. Auf dem Weg dahin schaltet man von "ich bin der geborene Rennfahrer!" um zu "Ich fahre eigentlich immer umweltfreundlich und spritsparend". Dann wird endlich getankt, wobei es wegen der Tankform echt langwierig ist, die letzten paar Liter rein zu quetschen, und dann geht's weiter. Das macht echt Laune und dann gilt wieder: "Ich bin der geborene Rennfahrer!" :)


    Von den Assietta-KTM-Assis höre ich derweil per Whatsapp-Gruppe den aktuellen Stand in Sachen Umfallern und sonstigen Peinlichkeiten. Wir führen da eine interne Punktewertung. Heute trage ich bisher nichts dazu bei. Aber dazu mehr im Tagesbericht von Michael und Sebastian weiter unten.


    Mein Rückweg führt auch wieder über lange Abschnitte Bundesstraßen. Da es mit 38° sehr heiß ist - ich habe jetzt endlich ein Thermometer im Cockpit zum qualifizierten jammern - suche ich nach einem Weg um die Stadt Gap herum. Da fällt mir der Col d'Espréaux auf. Der ist sehr einsam, schön kühl - und voller Schafsköttel? Bald laufe ich auf einen Schafsabtrieb auf. Hinterher fährt ein Transporter, und ich werde rangewunken. Man sagt mir, ich solle durchfahren. Ich wundere mich ziemlich, denn die Schafe kommen mir nicht entgegen, sondern ich müsste sie überholen. Sie nutzen aber die volle Straßenbreite. Ich fahre am äußerst linken Rand, und dann hilft der Zauber des Gasgriffs: Die Schafe erschrecken und machen etwas Platz. So arbeite ich mich langsam vor, bis der Schäfer an der Spitze des Zuges mich bemerkt. Er winkt mich heran und hilft mit dem Stock nach, dass die Schafe Platz machen. Derweil haben mich die Hirtehunde adoptiert und begleiten mich. Ich befürchte fast, dass sie mich jetzt für einen Teil der Herde halten, aber ich kann unbehelligt davonfahren, ohne angekaut zu werden, und der Schäfer grüßt noch freundlich. Breites Grinsen meinerseits - so rum hatte ich das Passieren von Schafen noch nicht.




    Am Campingplatz zurück lausche ich den Heldentaten der restlichen Gruppe. Dann nutzen endlich mal das Schwimmbad. Beim Testen der Rutschen fällt auf, dass man sich dabei ordentlich Schrammen holen kann, so ganz ohne Schutzkleidung, deutsche Badeaufsicht, Ampelregelung, Drehkreuz und wöchentliche TÜV-Besuche. Spaß macht’s trotzdem, und ich freue mich echt, einfach nur ein paar Bahnen schwimmen zu können. Danach geht’s wieder ins Restaurant, essen und Pläne für morgen schmieden.


    Meine Route heute, etwa 450 km:


    Manuel berichtet von seinem restlichen Dienstag:


    Und Michael berichtet von seinem Tag mit Sebastian:


  • #9

    Danke für den schönen Reisebericht :clap: . In der Gegend war ich letztes Jahr unterwegs und da gibt es deutlich mehr wie nur die Grande Route de Alpes.
    Berge, Kurven, ein Moped und Abends ein paar Kumpel zum Quatschen, mehr braucht es nicht :D

    Grüße aus dem Osnabrücker Land


    Andreas
    MTX80, CB400T, GPZ500S, XJ750, BANDIT 600S,
    ZX 600R, ZX10, VFR 750 F, GSX 1250 SA, VTR 1000 F, TRACER 900(RN57)mit Wilbers Gabelfedern + 641

  • #10

    Ich bin noch lange nicht fertig :)


    Manuel berichtet noch von seinem Sonntag, wo er sich mit einer Instagrambekanntschaft getroffen hat:
    [quote]Ca. eine halbes Jahr vorher bekam ich mit, dass ein Bekannter von Instagram in der Nähe von Lyon wohnt, in meinem Alter ist, ziemlich gut (wie sich beim Treffen herausstellte wesentlich besser als ich) Englisch kann und viel fährt. Viel heißt für ihn 500 km am Tag durch die Alpen, ok mit einer Kawa GTR 1400 auch kein Kunststück. Ich unterrichte ihn also im Februar von unseren Plänen und wir machen ca. 2 Wochen vorher einen Treffpunkt aus. Er wohnt zwischen Lyon und Genf und ich schlage vor, dass wir uns südlich von Grenoble treffen, damit wir jeweils die Hälfte an Anfahrt haben. Ich suche eine Tankstelle heraus. Später stellt sich zu meiner Freunde heraus, dass direkt ums Haus eine Bäckerei ist.


    Also morgens um nach Acht die Kaffeetränke des Campingplatzes aufgesucht, einen Kaffee einverleibt und dabei Komplimente für die Kawa bekommen. Danach ging es auch schon los, geplant ist die N85 ab Gap zu nehmen, die sogenannte "Route Napoleon". Diese Route hat der kleine Herrscher zurück von seiner Verbannung von Elba genommen um wieder nach Paris zu kommen. Zwischendurch knacke ich noch den Col Bayard, der sogar ein Video verdient hat, wer er sich so schön fahren lässt.


    Ich merke unterwegs, dass meine Kippen leer sind und möchte neue kaufen (ich rauche gerne beim Motorradfahren in den Pausen, aber auch fast nur da). In Frankreich ist das nicht so einfach, das es Zigaretten nur in den dafür vorgesehenen Shops, aber nicht an der Tankstelle oder so gibt.


    Ereignislos geht es nach Vizille und ich bin sogar 10 mins eher am Treffpunkt als gedacht. Yves ist nicht direkt die Strecke über die Autobahn gefahren, sondern nimmt auch noch paar Ds unter die Räder und schickt mir zwischendurch per Whatsapp seinen Standort. Ich merke, dass ich mir noch etwas Zeit lassen kann. In der Tanke direkt gabs schon einen Kaffee. Danach ging's in die Bäckerei ums Haus, ich sehe die gerade angesprochene Nachricht von Yves und bestelle nicht nur "deux pain au chololat" sondern auch noch "une Cafe au lait". Den lasse ich mir dann schmecken und bald sehe ich eine blaue GTR1400 mit einem von Bildern bekannten Fahrer. Hat trotzdem was von Blind Date und ich war vorher sichtlich aufgeregt wie das sprachtechnisch wohl laufen würde. Aber: alles safe, er konnte wie gesagt wesentlich besser als ich Englisch. Ich unterrichte Yves darüber dass ich noch Kippen kaufen muss und er nur so... "well, mate, we'll find something". Ich hatte geplant nach Alpe D'Huez hochzufahren, weil ich das auch Kindheit noch aus dem Fernsehen kenne wo sich auch welche auf zwei Rädern den Berg hochquälen. BDR merkt den Abend vorher noch an, dass es am Sonntag ziemlich voll werden könnte. Danach war weiter geplant weiter nach Süden und ein bisschen um den Quark zu fahren. Daraus wurde leider (zum Glück) nichts. Als ich Yves fragte, ob der die Route noch hat, sagte er nur "Yes, i have it, but should we drive the Galbier?" Das lass ich mich nicht zweimal fragen. Also ab Richtung Alpe. Ich habe Ihn vorfahren lassen und dabei ein zwei Lektionen französischen Fahrstil gelernt bekommen. Hoch nach Alpe d'Huez war weniger Fahrradverkehr als gedacht und die Straße ist auch breiter als im TV zu sehen. Schöne Strecke da hoch. Oben quatschen wir ein bisschen, suchen den nächsten Tabakladen, der aber am Sonntag zu hat. Naja, so groß ist die Sucht auch wieder nicht. Auch bemerkt Yves, dass ich jetzt sagen kann das ich Alpe d'Huez mit einem Bike gefahren bin.



    Runter von Alpe d'Huez geht es entweder den Weg den wir gekommen sind oder aber über die Col de Sarenne. Der Weg ist asphaltiert, schmal aber gut zu fahren und wenn er mit seinem Dickschiff da lang fahren will wird das die grazile Schwester auch schaffen. Ich bin schon schlimmeres mit der Tracer gefahren. Zwischendurch überholen wir zweimal einen Niederländer mit einer SV1000S, der sich sichtlich unwohl auf der Straße fühlt so verkrampft wie er draufsitzt. Zweimal, weil ich zwischendurch natürlich einen Nachweis für dieses Passknackerinternet machen muss.


    Runter den Pass laufe ich mehrmals auf Yves auf und schnupfe ihn in einem unachtsamen Moment auf, weil es mir doch etwas zu gemütlich zugeht. Danach kommt die Heizerstrecke vor dem Herrn, der Col de Lautaret. Eine wahnsinnig geile Strecke, mit top Belag und super zu fahren. Ich muss mich zügeln damit die Zahlen nicht zu sehr dreistellig werden. Die GTR hat Mühe dran zu bleiben, so geil gehen die Kurven. Oben am Lautaret stoße ich nur ein "what a proper road" aus. Im Restaurant auf dem Pass verquatschen wir uns etwas länger, was aber dafür sehr interessant ist. Wusstet ihr, dass das mobile Standarddatenvolumen 20GB für 25 € sind... https://boutique.orange.fr/mobile/forfaits-orange und ich dachte ich bin günstig mit 8GB für 25 €... und das die Generation 50+ in der Schule als erste Fremdsprache Deutsch anstatt Englisch hatte? Und sich nur nicht traut das zu sprechen weil sie die Aussprache verlernt haben (die Erfahrung habe ich paar Tage später gemacht, als mir eine Bäckereiverkäuferin "Gute Reise" gewünscht hat und ich vorher auf französisch bestellt hatte...). Auch sehen wir paar schöne Ducatis rumstehen (Mulit1200, Panigale 1299 und V4) und philosophieren darüber, welche wohl was für uns wäre... für mich definitiv die Multi1200.
    Oben am Galiber wird Yves, aufgrund seiner vielen Aufkleber auf den Koffern (die war schon in Montenegro und so) von einem älteren Pärchen aus der Bretange angesprochen. Er ist 78, sie 76 und sie fahren auf einer betagten Royal Enfield von Campingplatz zu Campingplatz. Als er merkt, dass ich aus Deutschland komme und nur so ein bisschen Französisch verstehe erzählt er mir in guten Deutsch, dass er mal als Vertreter in Deutschland war. Schon geil.






    Aufgrund der schon fortgeschrittenen Zeit und der prognostizierten Ankunftszeit von 19 Uhr mache ich mich auf die Reise und verabschiede mich von Yves, toller Typ.


    Den Lautarat nach Briancon runter laufe ich auf eine Gruppe Motorradfahrer aus Österreich auf und wir überholen zusammen eine Kolonne Autos die sich hinter einen Bus staut. An einer Stelle ist man sich mit dem Gegenverkehr nicht ganz einig und ich habe es echt schon knallen gehört, so eng war das. Der Transporter war schon mit dem rechten Rad auf dem Grünstreifen und der Motorradfahrer hat einen argen Schlenker gemacht. Im nächsten Ort merke ich nur wie die Gruppe das Geschehe ausdiskutiert.


    Auf der N94 von Briancon zum See komme ich gut voran und habe einen flotten Amarok aus Italien im Schlepptau. Mensch, der war echt flott unterwegs. Einer der vielen Blitzer hätte mir fast eine Erinnerung beschert, aber zum Glück waren da bummlige Autos vor mir. Unten am See mache ich dann tropical House an und genieße beim Kurvenfahren das Leben. Mensch, hier könnte man glatt Urlaub machen.


    Es waren 350 km.


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