Zwischenfazit eines Einsteigers für Einsteiger

  • #1

    Von mir jetzt auch mal ein Zwischenfazit. Es ist speziell an andere Einsteiger wie mich gerichtet.


    Ich habe wie man im Profilbild sieht die schwarze Schönheit von 2017. Es ist mein erstes Motorrad nachdem ich zwei Monate vorher den Schein gemacht habe. Nach fast einem Monat sind es 3000 km auf dem Tacho und das ist keiner zu viel! Ich bin vom ersten Tag an fast jeden Abend gefahren. Es gibt nichts schöneres, als nach einem langen Arbeitstag aufs Mopped zu steigen und alles andere zu vergessen. Nur du, deine MT-09 und die Kurven(Nicht zu vergessen die Abschnitte zwischen den Kurven, die sind eigentlich noch die besten :icon-mrgreen: ).


    Jetzt ist es nicht so, dass ich mir herausnehme, als absoluter Neuling ohne große Erfahrung auf anderen Motorrädern beurteilen zu können, wie gut mein Mopped wirklich ist. Aber ich versuche trotzdem mal zu schildern, warum ich die MT-09 trotzdem für ein gutes Einsteigermodell und überhaupt ein grandioses Motorrad halte und was mir noch dazu einfällt.


    Erst mal die Optik. Verdammt sieht die geil aus! Wer anhand von Fotos seine Zweifel hat, soll bitteschön einen Händler aufsuchen und das Ding in Echt bewundern. Dieses Motorrad hat Ausstrahlung! Egal aus welchem Blickwinkel, die MT-09 erinnert mich immer an einen großen bösen Wolf in Lauerstellung. Ihr glaubt nicht, wie viele Komplimente ich unterwegs bekomme! Was aber an der Optik überhaupt nicht meinen Geschmack trifft, sind die riesigen Blinker und der fette Bügel für die Kennzeichenhalterung. Nach 1-2 Wochen waren beide „Fehler“ für ~150€ behoben.


    Der Sound. Momentan ist noch der Originalauspuff drauf. Noch, weil definitiv etwas Neues drauf kommt. Ich erkläre euch warum. Das ist ein Dreizylinder, was schon mal ein großes Plus darstellt. Weil dieser Motor so wunderbar rau klingt. Vom Drehzahlkeller bis in den roten Bereich. Beim Anlassen rotzt der das Benzin so richtig schön in die Brennkammer(So stelle ich mir das immer vor) und an der Tankstelle dreht sich alle Welt erst mal um. Wenn man in der Fahrt das Gas weg nimmt, blubbert es einfach so verdammt sexy. Vor allem Bergab. Aber richtig geil wird es zwischen 6000 und 11000 Umdrehungen. Ein Supersportler fängt in den oberen Drehzahlbereichen an zu schreien, meine MT-09 macht „RRROOOAAARRRRRR“ :twisted: 8-)
    Warum trotz dieser Begeisterung ein neuer Auspuff? Weil ich den Akrapovic und Termignoni schon direkt vergleichen konnte. Und erkennen musste, dass aus diesem großen bösen Wolf ein verdammter Säbelzahntiger werden kann, wenn man diesen unvergleichlichen Motor nur lässt.


    Das Gewicht/Handling. Klar, ich bin 95kg schwer und Powerlifter. Aber die 193 kg sind wirklich einfach zu beherrschen. Das liegt vor allem an der nicht zu hohen Sitzbank und der aufrechten Sitzposition weit vorne am Lenker. Wenn ich da an mein Fahrschulmotorrad denke, eine BMW F700GS, war selbst die vom Handling viel schwieriger. Ich weiß noch, wie ich vor der Probefahrt vor der MT-09 stand und mich fragte, ob das nicht vielleicht eine Nummer zu groß sein könnte, so bullig wie das Erscheinungsbild ist. Aber einmal drauf gesetzt und losgefahren, zerstreuten sich jegliche Zweifel in alle Winde. Ich bin während der 1000er Inspektion drei Stunden lang eine R6 Probe gefahren und die ging mir in der Stadt richtig auf die Nerven, trotz vergleichbarem Gewicht.


    Der Motor. Den Sound habe ich schon zur Genüge beschrieben, aber wie fährt sich das Glanzstück dieses Motorrads für einen Anfänger? Man kann wunderbar sanft anfahren und schalten(das bezieht sich auf das Spiel mit der Kupplung und war mit der BMW F700GS auch mit einiger Übung unangenehmer als bei der ersten Probefahrt mit der MT-09). Und da man bei einer neuen Maschine auf den ersten 1600km nur bis 5800 U/min drehen sollte, bleibt das Drehmoment auch in einem beherrschbaren Bereich. ABER: Ohne das notwendige Feingefühl am Gasgriff ist die Gasannahme echt ruppig. Das kann ohne jegliche Erfahrung in engeren Kurven gefährlich werden. Und es gibt quasi nur enge, unübersichtliche Kurven in meiner Gegend, weil ich hier mitten in den Alpen wohne. Man will nur leicht aus den Kurven heraus beschleunigen, die Kurvenlinie ist ohnehin noch lange nicht perfekt, und plötzlich ein starker Lastwechsel inklusive Aufstellmoment und starker Tendenz in Richtung Gegenfahrbahn. Nicht lustig.


    Das klingt jetzt wie ein großes Gegenargument für die MT-09 als Anfängermotorrad. Aber nach einigen ersten Schreckmomenten bin ich dazu übergegangen, nur noch im B-Modus zu fahren, lieber einen Gang zu hoch zu schalten und ganz bewusst mit sehr viel Gefühl am Gasgriff zu drehen. Das habe ich mit Lehrvideos auf YouTube zur idealen Kurvenlinie jeden Abend kombiniert. Der Schlüssel hier ist einfach, die Vorbereitung mit System und die Aktion selbst mit viel Popometer durchzuführen. Ich würde jetzt niemals behaupten nach einem Monat ein fertiger Rennfahrer zu sein, aber diese Vorgehensweise hat dafür gesorgt, dass ich mittlerweile im Standard-Modus und höheren Drehzahlen überhaupt nicht mehr bewusst auf die Dosierung am Gasgriff achten muss, sondern mich zu 100% auf die Linienführung konzentrieren kann, die zugegebenermaßen auf den wirklich anspruchsvollen Straßen hier noch ausbaufähig ist. Die ruppige Gasannahme ist immer noch ein Manko der MT-09, aber absolut in den Griff zu kriegen in meinen Augen. Dieser Motor belohnt den anfänglichen Lernprozess mit Spaß, Spaß, Spaß.


    Das wirkliche Manko dieses Motorrads ist aber das Fahrwerk. Das geht mit meinen 95kg Eigengewicht plus Montur überhaupt nicht. Das war auf der R6 eine andere Liga. Auch die KTM 690 SMCR(zugegebenermaßen wie die R6 ein völlig anderes Konzept), die ich vorgestern kurz ausprobieren konnte, liegt auf den teilweise schlechten Straßen hier so was von Satt auf dem Asphalt. Ich habe Stunden damit verbracht(in der Theorie und Praxis), die optimale Einstellung für das Fahrwerk zu finden. Am Ende wurde es die maximale Härte, vorne und hinten. Und es reicht mir immer noch lange nicht. Das Federbein ist jetzt unkomfortabel wie Sau und pumpt in schnellen Kurven trotzdem ohne Ende. Inklusive Verlust der Bodenhaftung. Auch wie die Gabel bei starken Bremsmanövern eintaucht, wie vor engen Kurven, ist nicht sehr vertrauenserweckend, weil man schon in der Kurve drin liegt, wenn die Gabel sich wieder beruhigt haben sollte.


    Die sehr positiven Berichte zu Öhlins- und Wilbersfahrwerken haben ein neues Federbein + progressive Gabelfedern ganz nach oben auf meiner Anschaffungsliste für die nächsten Monate wandern lassen. Da sind ~1200€ gut investiert. Ich kann mir vorstellen, dass jemand bis 85kg Körpergewicht keine so großen Probleme haben könnte.
    Mir jedenfalls fallen diese Schwächen mit jeder Ausfahrt mehr auf und es ist mir völlig unverständlich, wie die ganzen Testberichte so darüber hinwegsehen konnten. Es ist zwar wahrscheinlich, dass ein geübter Fahrer mit dem Fahrwerk trotzdem gut und schnell um die Kurven kommt, aber dieses Pumpen und den Verlust der Bodenhaftung kann man nicht verhindern, egal wie gut man fährt.


    Das Schlusswort. Ich habe mit Absicht den Schwächen einen großen Teil meines Fazits gewidmet, weil man darüber noch viel zu wenige Informationen findet, gerade aus der Sicht von Einsteigern die nicht wissen, wie sie diese zu bewerten haben. Jemand, der seit 20 Jahren Motorräder mit super-sanfter Gasannahme fährt, wird sich schwerer an die MT-09 gewöhnen können als jemand, der noch völlig unvoreingenommen ist. Das Fahrwerk ist jedoch wirklich ein ernsthafter Kritikpunkt, den man nicht verschweigen sollte. Wenn sich die Lobeshymnen auf die oben genannten Fahrwerke auch nur annähernd bewahrheiten, dann spielt die MT-09 wohl in einer Liga mit viel hochpreisigeren Konkurrenten. Auch wenn man die dazu nötigen Investitionen einrechnet.
    Hoffentlich kann ich dem einen oder anderen mit diesem kleinen Bericht weiterhelfen.


    P.S.: Schon mal Schaltautomat gefahren? Ich habe da so eine gottverlassene Feldstraße in der Nähe, zwei km lang und Schnurgerade, da wird schon mal auf Schritt-Tempo gebremst und im ersten Gang losgefahren, mit Traktionskontrolle auf Stufe 1, Motormapping Stufe A, und dann das Gas bis zum Anschlag, bis 200 km/h, nur der linke Fuß wippt alle 4 Sekunden kurz nach oben. Das Vorderrad will hoch, Traktionskontrolle Stufe 1 sei Dank darf es, aber nur einen gefühlten halben Meter. Wie viel das wirklich ist, keine Ahnung. Die Wahrnehmung ist in dem Moment ohnehin gestört, du brüllst 13 Sekunden lang in den Helm, denn so lange(kurz) braucht diese Höllenmaschine bis 200. Und hinterher ist dein Gehirn nur von dem Gedanken erfüllt, „FUCK IST DAS GEIL“. So fühlt sich MT-09 fahren an, Leute.

  • #2


    Klar ist jeder ein bisschen anders gestrickt, aber die häufig diskutierte Frage, ob sich die 09 denn auch für Anfänger eignen würde, ist damit doch sehr ausführlich aus Sicht eines solchen beantwortet. Daumen hoch!


    Viel Spaß noch mit der neuen! Und immer daran denken... Nur Katzen haben 7 Leben [emoji6]
    Andreas

  • #3


    Danke für die Tipps, werde ich mir auf jeden Fall zu Herzen nehmen!




    Danke dir! Ich wurde in meinen Kindheitstagen oft mit Katzen verglichen, nachdem was ich alles überlebt habe :lol:

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